2Ob132/20f – OGH Entscheidung
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Dr. Veith als Vorsitzenden sowie den Hofrat Dr. Musger, die Hofrätin Dr. Solé und die Hofräte Dr. Nowotny und Mag. Pertmayr als weitere Richter in der Verlassenschaftssache nach der am * 2018 verstorbenen I* A*, zuletzt wohnhaft *, über den außerordentlichen Revisionsrekurs der Tochter S* S*, vertreten durch Dr. Alfred Kriegler, Rechtsanwalt in Wien, gegen den Beschluss des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien als Rekursgericht vom 21. April 2020, GZ 44 R 131/20w 40, in nichtöffentlicher Sitzung den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Der außerordentliche Revisionsrekurs wird mangels der Voraussetzungen des § 62 Abs 1 AußStrG zurückgewiesen.
Text
Begründung:
[1] Die Erbin bekämpft in ihre m außerordentlichen Revisionsrekurs den vom Rekursgericht bestätigten erstgerichtlichen Beschluss über die Einantwortung an sie und ihren Bruder mit der Begründung, es hätten noch nicht alle Voraussetzungen dafür vorgelegen, weil zwischen den Erben und dem pflichtteilsberechtigten Vater dem Gericht bekannte Vergleichsgespräche über ein Erbteilungs und Pflichtteilsübereinkommen noch nicht beendet gewesen seien.
[2] Damit wird keine erhebliche Rechtsfrage iSd § 62 Abs 1 AußStrG geltend gemacht:
Rechtliche Beurteilung
[3] 1. Gemäß § 177 AußStrG hat das Gericht die Verlassenschaft einzuantworten, wenn die Erben und ihre Quoten feststehen und die Erfüllung der übrigen Voraussetzungen nachgewiesen ist.
[4] Bei den „übrigen“ Voraussetzungen geht es im Wesentlichen um die nach § 176 AußStrG erforderlichen Maßnahmen, besonders gegenüber Pflichtteilsberechtigten und Legataren, also die Verständigung aller Personen, denen an der Verlassenschaft andere erbrechtliche Ansprüche zustehen als die eines Erben, von ihren Ansprüchen (2 Ob 218/15w).
[5] 2. Zu den „übrigen“ Voraussetzungen, die im Gesetz nicht genannt werden, zählt auch die Errichtung des Inventars, sofern dieses geboten ist (2 Ob 183/15y; RS0130972). Ein anhängiger Pflichtteilsprozess hindert die Einantwortung nicht (2 Ob 178/19v).
[6] 3. Die Rechtsmittelwerberin stützt sich für ihre Rechtsansicht – über die bloße Behauptung, das Gericht hätte die Beendigung der Vergleichsgespräche abwarten müssen, hinaus – nur auf § 17 8 Abs 1 Z 3 AußStrG, wonach der Beschluss über die Einantwortung ua „den Hinweis auf ein allfälliges Erbteilungsübereinkommen“ zu enthalten hat.
[7] Bereits aus dem Gesetzestext ergibt sich jedoch , dass im Einantwortungsbeschluss lediglich ein bereits abgeschlossenes Erbteilungsübereinkommen Erwähnung zu finden hat, nicht aber, dass das Gericht – trotz Vorliegens aller Voraussetzungen – nur deshalb mit der Einantwortung zuwarten müsste, weil ein solches angestrebt wird bzw Vergleichsgespräche zu diesem Zweck geführt werden.
[8] Der R e visionsrekurs zeigt somit keine Fehlbeurteilung der Vorinstanzen auf.
[9] 4. Der behauptete qualifizierte Verfahrensmangel bzw Begründungsmangel wegen mangelnder Bedachtnahme auf die laufenden Vergleichsgespräche liegt daher ebenfalls nicht vor.