JudikaturOGH

6Ob101/20a – OGH Entscheidung

Entscheidung
25. November 2020

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten Dr. Schramm als Vorsitzenden, die Hofräte Hon. Prof. Dr. Gitschthaler, Univ. Prof. Dr. Kodek, Dr. Nowotny sowie die Hofrätin Dr. Faber als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei L*****, Dänemark, vertreten durch Gheneff Rami Sommer Rechtsanwälte OG in Wien, gegen die beklagten Parteien 1. Univ. Prof. Dr. P*****, 2. ***** Verein *****, beide *****, vertreten durch Cerha Hempel Rechtsanwälte GmbH in Wien, wegen Unterlassung und Widerrufs, über die außerordentliche Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht vom 31. März 2020, GZ 1 R 7/20m 19, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen (§ 510 Abs 3 ZPO).

Begründung:

Rechtliche Beurteilung

Ist die Rufschädigung (§ 1330 Abs 2 ABGB) gleichzeitig Ehrenbeleidigung, so trifft den Beklagten die Beweislast für die Wahrheit der beanstandeten Behauptung (RS0031798; RS0031822 [T10]). Der Wahrheitsbeweis ist dabei dann als erbracht anzusehen, wenn er den Inhalt der Mitteilung im Wesentlichen bestätigt (RS0079693); es genügt der Beweis der Richtigkeit des Tatsachenkerns, auf unwesentliche Details kommt es nicht an (RS0079693 [T2, T3, T6]; RS0115694). Vor diesem Hintergrund ist es aber im Anlassfall nebensächlich, ob der Kläger bei seinem Vortrag die in Rede stehende Äußerung tatsächlich wortwörtlich getätigt hat; entscheidend ist vielmehr (auch unter dem in der Revision im Grundsatz zutreffend aufgezeigten Gesichtspunkt der Kongruenz von Äußerung und Thema des Wahrheitsbeweises; vgl dazu etwa 6 Ob 220/01y; Korn , MR 1998, 55 [Entscheidungsanmerkung]), ob die Ausführungen des Vortragenden im Sukkus mit dem durch Auslegung ermittelten Inhalt des inkriminierten Zitats zur Deckung zu bringen sind.

Wie die Darlegungen des Klägers anlässlich seines Vortrags in ihrem sachlichen Kern zu verstehen sind, hängt vom Gesamteindruck des unbefangenen Durchschnittsadressaten ab. Wenn nun die Vorinstanzen bei dieser Ermittlung des Bedeutungsinhalts der festgestellten Ausführungen des Klägers jeweils zum Ergebnis gelangten, dass jener mit seiner Kritik sehr wohl auf die Religion des Islam als solche sowie auf Muslime in ihrer Gesamtheit und nicht bloß auf radikale Gruppierungen abzielte, und daraus ableiteten, dass die Beklagten im Verfahren den Wahrheitsbeweis zu erbringen vermochten, so liegt darin keine aufzugreifende Fehlbeurteilung: Gerade der Umstand, dass der Kläger gegen Ende seiner bezughabenden Ausführungen eine Nachfrage aus dem Publikum, ob nicht die pauschale Verurteilung der riesigen Menschengruppe der Muslime den Verrat an den eigenen Werten bedeute, nicht zu einer Klarstellung nutzte, dass sich seine vorangegangenen kritischen Bemerkungen nur auf radikale Gruppen oder etwa Vertreter des politischen Islam bezogen hätten, sondern gerade wieder – erkennbar bezogen auf Muslime als solche – monierte, „die schlagen ihre Kinder. Die schlagen ihre Frauen […]. Da ist immer Krach, wo sie sind“, führt deutlich vor Augen, dass es dem Kläger im Rahmen seines Vortrags entgegen seinem im Verfahren eingenommenen Standpunkt nicht um differenzierte Kritik ging.

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