JudikaturOGH

10ObS130/20w – OGH Entscheidung

Entscheidung
24. November 2020

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits und Sozialrechtssachen durch den Vizepräsidenten Univ. Prof. Dr. Neumayr als Vorsitzenden, die Hofrätin Dr. Fichtenau und den Hofrat Mag. Ziegelbauer sowie die fachkundigen Laienrichter Dr. Martin Gleitsmann (aus dem Kreis der Arbeitgeber) und Mag. Werner Pletzenauer (aus dem Kreis der Arbeitnehmer) als weitere Richter in der Sozialrechtssache der klagenden Partei N*****, vertreten durch Mag. Niki Zaar, Rechtsanwältin in Wien, gegen die beklagte Partei Pensionsversicherungsanstalt, 1021 Wien, Friedrich-Hillegeist Straße 1, wegen Invaliditätspension, über die außerordentliche Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht in Arbeits und Sozialrechtssachen vom 30. Juli 2020, GZ 7 Rs 66/20g 87, den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.

Begründung:

Rechtliche Beurteilung

[1] 1. Nach ständiger Rechtsprechung ist ein Versicherter vom allgemeinen Arbeitsmarkt ausgeschlossen, wenn in Zukunft mit hoher Wahrscheinlichkeit und trotz zumutbarer Krankenbehandlung leidensbedingte (RIS Justiz RS0113471) Krankenstände in einer Dauer von sieben Wochen und darüber im Jahr zu erwarten sind (RS0084855 [T7], RS0084898 [T12]). Es kann nämlich nicht damit gerechnet werden, dass krankheitsbedingte Abwesenheiten in einem solchen Ausmaß von den in Betracht kommenden Arbeitgebern akzeptiert werden; ein derart betroffener Versicherter würde in diesem Fall nur bei besonderem Entgegenkommen des Dienstgebers auf Dauer beschäftigt werden (10 ObS 159/93 SSV NF 7/76). Mit derartigen, regelmäßig wiederkehrenden leidensbedingten Krankenständen hat der Kläger nach den Feststellungen jedoch nicht zu rechnen. Die auf die möglichen und zumutbaren Operationen der Supraspinatussehne links – durch die eine Verbesserung der Beweglichkeit des linken Arms erreichbar ist – sowie der Narbenhernie zurückzuführenden Krankenstände von jeweils sechs Wochen sind zwar von längerer Dauer. Sie sind aber nur „einmalig“ und nicht mit Regelmäßigkeit zu erwarten, sodass sie den Kläger nicht vom Arbeitsmarkt ausschließen (10 ObS 126/05k SSV NF 20/7; 10 ObS 12/16m mwH).

[2] 2. In welchem Umfang der Kläger sich in der Vergangenheit im Krankenstand befand, ist nicht von ausschlaggebender Bedeutung. In der Vergangenheit liegende Krankenstände können allenfalls ein (Beweiswürdigungs )Indiz für die Prognose darstellen. Denn auch wenn diese Krankenstände berechtigt waren, sind sie immer nur im Zusammenhang mit der konkret verrichteten Tätigkeit zu sehen (10 ObS 152/93 SSV NF 7/75; RS0084364 [T3]). Wesentlich für die Beurteilung der Frage, ob der Versicherte vom Arbeitsmarkt ausgeschlossen ist, ist ausschließlich die Krankenstandsprognose, die wiederum von den Anforderungen in den Verweisungsberufen auszugehen hat (10 ObS 89/13f ua). Es kommt auch nicht darauf an, ob ein Versicherter einen Krankenstand „in Anspruch“ genommen hat oder nimmt, sondern ob ein solcher Krankenstand medizinisch notwendig ist (10 ObS 48/00g SSV NF 14/31 mwN; 10 ObS 159/03k SSV NF 17/75 mwN). Auch mit dem Hinweis darauf, dass sich der Kläger seit 13. 10. 2015 durchgehend im Krankenstand befinde, was durch den (nicht rechtskräftigen) Bescheid des Behindertenausschusses für Wien, mit dem dieser die Zustimmung zur Kündigung des Klägers erteilte, dokumentiert sei, sodass die festgestellte Krankenstandsprognose weder mit der Lebenserfahrung noch mit den Denkgesetzen in Einklang zu bringen sei, zeigt die außerordentliche Revision daher keine erhebliche Rechtsfrage im Sinn des § 502 Abs 1 ZPO auf.

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