JudikaturOGH

11Os117/20w – OGH Entscheidung

Entscheidung
11. November 2020

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 11. November 2020 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Schwab als Vorsitzenden sowie die Vizepräsidentin des Obersten Gerichtshofs Mag. Marek, die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Dr. Bachner Foregger und Mag. Fürnkranz und den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. Oberressl als weitere Richter in der Strafsache gegen M***** wegen des Verbrechens der Vergewaltigung nach § 201 Abs 1 StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Graz als Schöffengericht vom 23. Juni 2020, GZ 18 Hv 55/20f-33, weiters über eine Beschwerde des Angeklagten gegen einen Beschluss gemäß § 494a StPO nach Anhörung der Generalprokuratur gemäß § 62 Abs 1 zweiter Satz OGH Geo 2019 den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung wegen des Ausspruchs über die Schuld werden zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die verbleibende Berufung und die Beschwerde werden die Akten dem Oberlandesgericht Graz zugeleitet.

Dem Angeklagten fallen die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

[1] Mit dem angefochtenen Urteil wurde M***** des Verbrechens der Vergewaltigung nach § 201 Abs 1 StGB schuldig erkannt.

[2] Danach hat er nachts zum 5. März 2020 in G***** N***** mit Gewalt zur Duldung des Beischlafs genötigt, indem er sich, nachdem er sie mit Gewalt in das Wohnzimmer gezerrt und sie mit dem Rücken auf die Couch geworfen hatte, auf sie legte, ihre Hände über ihrem Kopf mit einer Hand fixierte, ihr anschließend, nachdem er sich seiner Hose und Unterhose entledigt hatte, die Jeans- sowie Unterhose vom Körper riss, ihr mit den Händen den Mund und die Nase zuhielt, vordringlich um ihre Hilfeschreie zu unterbinden, sie würgte, ihr einen Polster ins Gesicht drückte, sie an den Haaren riss und im Zuge dessen trotz ihrer vehementen Gegenwehr seinen Penis mehrfach in ihre Vagina einzuführen versuchte, wobei er mit seinem Penis aufgrund ihrer Gegenwehr und mangels ausreichender Erektion nicht zur Gänze einzudringen vermochte.

[3] Gegen dieses Urteil richtet sich die auf § 281 Abs 1 Z 5 und 11 StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten.

Rechtliche Beurteilung

[4] Bezugspunkt der Mängelrüge (Z 5) ist der Ausspruch des Schöffengerichts über entscheidende Tatsachen, also – soweit hier von Interesse – über schuld- oder subsumtionsrelevante Tatumstände (RIS Justiz RS0106268, RS0117264).

[5] Indem die Rüge Kratzwunden im Gesicht des Angeklagten und deren Herkunft (dazu im Übrigen ON 12 S 14) ebenso wie ausgerissenes Haar bzw -büschel des Opfers thematisiert und (bloß) die Formulierung des Erstgerichts kritisiert, der Angeklagte habe seinen Penis gegen die Vagina des Opfers „gedrückt“, verfehlt sie eben diesen Bezugspunkt. Dies trifft auch für die weitere Argumentation zu, mangels Erektion könne nicht von einem auch nur teilweisen Eindringen des Penis in die Vagina ausgegangen werden. Der Angeklagte verkennt insgesamt, dass bei entsprechender innerer Tatseite Vollendung des Verbrechens der Vergewaltigung nach § 201 Abs 1 StGB bereits mit dem Unternehmen des Beischlafs, also schon mit Berührung der äußeren Geschlechtsteile von Täter und Opfer, und nicht erst mit dessen Vollzug eintritt und überdies die Frage einer allfälligen Erektion des männlichen Glieds bzw dessen bloß teilweisen Eindringens unbeachtlich ist (Nachweise sogleich Rz 6).

[6] Die in Richtung Versuch erhobene Sanktionsrüge (Z 11) geht nicht von den Feststellungen des Erstgerichts aus und verfehlt solcherart die prozessordnungsgemäße Darstellung materiell-rechtlicher Nichtigkeit (US 5, 11; RIS Justiz RS0115581, RS0090720; Philipp in WK 2 StGB § 201 Rz 43).

[7] Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher – ebenso wie die im kollegialgerichtlichen Verfahren gesetzlich nicht vorgesehene Berufung wegen des Ausspruchs über die Schuld – bereits nach nichtöffentlicher Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d StPO), woraus die Zuständigkeit des Oberlandesgerichts zur Erledigung der Berufung und der (implizierten) Beschwerde folgt (§§ 285i, 294 Abs 4, 296 Abs 2, 498 Abs 3 StPO).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 390a Abs 1 StPO.

Rückverweise