3Ob111/20z – OGH Entscheidung
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. Roch als Vorsitzenden sowie den Hofrat Hon. Prof. PD Dr. Rassi, die Hofrätinnen Dr. Weixelbraun Mohr und Dr. Kodek und den Hofrat Dr. Stefula als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Verein für Konsumenteninformation, *****, vertreten durch Kosesnik-Wehrle Langer Rechtsanwälte KG in Wien, gegen die beklagte Partei T***** GmbH, *****, vertreten durch Lansky, Ganzger Partner Rechtsanwälte GmbH in Wien, wegen Unterlassung und Urteilsveröffentlichung, über die Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht vom 14. Februar 2020, GZ 129 R 121/19s 13, mit dem das Urteil des Handelsgerichts Wien vom 24. September 2019, GZ 53 Cg 26/18x 9, bestätigt wurde, den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Die Revision wird zurückgewiesen.
Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit 1.253,88 EUR (darin 208,98 EUR USt) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Begründung:
Rechtliche Beurteilung
[1] Die Zurückweisung einer ordentlichen Revision wegen Fehlens einer erheblichen Rechtsfrage (§ 502 Abs 1 ZPO) kann sich auf die Ausführung der Zurückweisungsgründe beschränken (§ 510 Abs 3 ZPO):
[2] 1. In jenen, zweifellos überaus seltenen Fällen, in denen dem Verbraucher zwar (iSd strittigen Klausel) von der Beklagten nachgewiesen werden kann, „dass der beanstandete Mangel durch den unsachgemäßen Gebrauch des Geräts [Smartphone] durch den Verbraucher verursacht und verschuldet wurde“ und deshalb kein Garantie- oder Gewährleistungsfall vorliegt, nicht jedoch ebenso eine schuldhaft rechtswidrige Einnahme des Rechtsstandpunkts (iSv 1 Ob 223/03f), es liege ein Garantie- oder Gewährleistungsfall vor, kann in der Rechtsansicht des Berufungsgerichts, die Belastung des Verbrauchers mit (von vornherein pauschalierten) Überprüfungskosten von (nur) 33 EUR stelle keine gröbliche Benachteiligung iSd § 879 Abs 3 ABGB dar, keine unvertretbare Fehlbeurteilung erblickt werden. Denn dies führt zur (im Verhältnis zum regelmäßig weit höheren Wert eines Smartphones) geringfügigen Kostenbelastung eines Verbrauchers, der über keinen Garantie- oder Gewährleistungsanspruch verfügt, und bewirkt damit eine keineswegs unsachliche Absicherung der objektiv zu Unrecht als garantie- oder gewährleistungspflichtig in Anspruch genommenen Beklagten. Abgesehen davon kann der Verbraucher die Kostenbelastung durch den Auftrag zur (kostenpflichtigen) Reparatur ohnehin abwenden.
[3] Dass ein (kostenpflichtiger) Kostenvoranschlag Reparaturkosten errechnen kann, die dem Verbraucher zu hoch erscheinen, liegt in der Natur der Sache und verwirklicht daher bei zu unterstellendem redlichen Verhalten der Beklagten keine gröbliche Benachteiligung.
[4] 2. Die in der Revision erhobene Behauptung, für den Verbraucher bestehe keine andere Möglichkeit der Geltendmachung von Gewährleistungsansprüchen, entspricht nicht dem festgestellten Sachverhalt. Daher wird auch mit dem Vorwurf, die Beklagte mache die Geltendmachung von Gewährleistungsansprüchen von der Vereinbarung der strittigen Klausel abhängig, keine erhebliche Rechtsfrage aufgezeigt. Dies gelingt auch nicht mit dem weiteren unzutreffenden Vorwurf, die strittige Klausel bewirke eine dem § 9 KSchG widersprechende Einschränkung der gesetzlichen Gewährleistungsrechte; warum die aus der Klausel resultierende Beweislast der Beklagten dafür, dass der Mangel vom Verbraucher zumindestens verursacht wurde (= bei Übergabe noch nicht vorhanden war) der in § 924 Satz 2 ABGB vorgesehenen Beweiserleichterung für den Verbraucher widersprechen soll, ist nicht nachvollziehbar. Ebensowenig vermag die Revision angesichts der zwar möglichen, aber geringen und vorweg betraglich beschränkten Kostenbelastung eine realistische Gefahr nachvollziehbar darzustellen, Verbraucher könnten dadurch abgeschreckt werden, ihrer Meinung nach gerechtfertigte Gewährleistungsansprüche geltend zu machen.
[5] 3. Da auch bei kundenfeindlichster Auslegung eine den Rechtsweg ausschließende Bindungswirkung des Standpunkts der Beklagten, es liege kein Garantie- oder Gewährleistungsfall vor, nicht erkennbar ist, verwirklicht auch die Verneinung eines Verstoßes gegen § 6 Abs 1 Z 10 KSchG keine erhebliche Rechtsfrage. Auch ohne Geltung der strittigen Klausel kann der Verbraucher mit einer Verneinung der Gewährleistungspflicht durch die Beklagte konfrontiert sein, die ihn zur gerichtlichen Durchsetzung seiner Ansprüche zwingt.
[6] 4. Ob sich das Berufungsgericht zu Recht auf einen Verstoß der Beklagten gegen das Neuerungsverbot berufen hat, kann dahingestellt bleiben, weil die geltend gemachte Intransparenz der Klausel (§ 6 Abs 3 KSchG) nicht besteht. Dass die Beklagte im Streitfall (also bei mangelnder Akzeptanz des für ihn negativen Ergebnisses der Überprüfung durch den Verbraucher) die anspruchsbegründenden Tatsachen für das Bestehen eines Anspruchs auf Überprüfungskosten stets beweisen muss, versteht sich von selbst. Auch die Formulierung „sollte das Gerät nicht reparabel sein“ wird der für die jeweilige Vertragsart typische Durchschnittsverbraucher (RIS Justiz RS0126158) im technischen Sinn verstehen; für das Erfordernis einer wirtschaftlichen Betrachtungsweise fehlt nämlich jeder Hinweis.
[7] 5. Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 50, 41 ZPO. Die Beklagte hat auf die Unzulässigkeit der Revision hingewiesen.