7Ob182/20w – OGH Entscheidung
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch die Senatspräsidentin Dr. Kalivoda als Vorsitzende und die Hofrätin und die Hofräte Hon. Prof. Dr. Höllwerth, Mag. Dr. Wurdinger, Mag. Malesich und MMag. Matzka als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei S*****gmbH, *****, vertreten durch Mag. Hubertus P. Weben, Rechtsanwalt in Innsbruck, gegen die beklagten Parteien 1. DI S***** S*****, vertreten durch Mag. Wilfried Opetnik ua, Rechtsanwälte in Wien, 2. B***** GmbH, *****, vertreten durch Dr. Leopold Hirsch, Rechtsanwalt in Salzburg, wegen 375.013,54 EUR sA und Feststellung, über die außerordentliche Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Linz als Berufungsgericht vom 11. August 2020, GZ 6 R 86/20i 41, den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.
Begründung:
Rechtliche Beurteilung
1. Soweit die Klägerin erstmals in der Revision Zweifel an der erstgerichtlichen Beweiswürdigung zum Kenntnisstand ihres Geschäftsführers am 8. 10. 2015 zu erwecken versucht, übersieht sie, dass Fragen der Beweiswürdigung nicht reversibel sind (RS0042903 [T5, T7]).
2 .1 Die dreijährige Verjährungsfrist nach § 1489 ABGB beginnt mit dem Zeitpunkt zu laufen, in dem der Ersatzberechtigte sowohl den Schaden als auch den Ersatzpflichtigen soweit kennt, dass eine Klage mit Aussicht auf Erfolg erhoben werden kann (RS0034524). Die Kenntnis muss dabei den ganzen anspruchsbegründenden Sachverhalt umfassen, insbesondere auch die Kenntnis des Ursachenzusammenhangs zwischen dem Schaden und eine m bestimmten, dem Schädiger anzulastenden Verhalten, in Fällen der Verschuldenshaftung daher auch jene Umstände, aus denen sich das Verschulden des Schädigers ergibt (RS0034951 [T1, T2, T4 bis T7, T31]). Der anspruchsbegründende Sachverhalt muss dem Geschädigten zwar nicht in allen Einzelheiten aber doch soweit bekannt sein, dass er in der Lage ist, das zur Begründung seines Anspruchs erforderliche Sachvorbringen konkret zu erstatten (7 Ob 12/17s; vgl auch RS0034366; RS0034524). Der Kläger darf dabei aber nicht so lange warten, bis er Gewissheit über den Prozessausgang zu haben glaubt (RS0034374 [T14]; RS0034951 [T21]). Zweifel an der Erweisbarkeit des bekannten anspruchsbegründenden Sachverhalts schieben den Verjährungsbeginn nicht hinaus (RS0034374 [T46]). Der Satz, dass die Verjä hr ung erst beginnt, wenn dem Geschädigten der Sachverhalt so weit bekannt ist, dass eine Klage mit Aussicht auf Erfolg angestellt werden kann, muss grundsätzlich dahin verstanden werden, dass damit nicht nur die Möglichkeit der Einklagung eines Leistungsbegehrens, sondern auch die einer Feststellungsklage in Betracht zu ziehen ist (RS0034524 [T2]).
2.2 Die Beantwortung der Frage, wann eine Klage mit Aussicht auf Erfolg erhoben werden kann, hängt von den Umständen des Einzelfalls ab (RS0034374 [T47]; RS0034524 [T32, T41]).
3.1 Ab März 2012 – unmittelbar nach Baufertigstellung – kam es wiederholt zu Wassereintritten. Der von der Klägerin beauftragte Privatsachverständige führte bereits in seinem Gutachten vom 6. 10. 2013 die Wassereintritte auch auf Undichtheiten als Folge von Planungsmängel zurück. Während des gesamten Vorprozesses gegen mit dem Bau befasster Personen wurde wiederholt Vorbringen samt Beweisanboten zu diversen – den im vorliegenden Verfahren Beklagten zuzurechnenden – Planungsmängel im Zusammenhang mit der Abdichtungslösung erstattet. Anlässlich einer ersten mündlichen Erörterung im Rahmen der Tagsatzungen vom 5., 6. und 8. 10. 2015 kam der Sachverständige zu dem grundsätzlichen Ergebnis, dass, die Verantwortung nicht nur die beklagten ausführenden Unternehmen, sondern auch den Planungsbereich betreffen würden. Diese Ausführungen des Sachverständigen verstand der Geschäftsführer der Klägerin dahin, dass sowohl dem hier Erst als auch der Zweitbeklagten durch die Erstellung mangelhafter Pläne bzw nicht ausreichender Planvorgaben eine Mitverantwortung an den aufgetretenen Wassereintritten zuzuschreiben sei. Ungewiss war für ihn nur noch, welcher Anteil am Schaden ihnen anzulasten ist. Die Klägerin forderte daher auch vom Erstbeklagten mit Schreiben vom 22. 10. 2015 und von der Zweitbeklagten mit Schreiben vom 30. 10. 2015 jeweils die Abgabe eines Verjährungsverzichts bei sonstiger Klagsandrohung, dies unter ausdrücklichen Hinweis auf ihre sich aus den Ergebnissen der Beweisaufnahmetagsatzungen und insbesondere der resümierenden Erörterung des Sachverständigen ergebenden Verantwortlichkeit für die Wassereintritte.
3.2 Diese – für eine abschließende Beurteilung ausreichenden – Sachverhaltsfeststellungen beurteilten die Vorinstanzen dahin, dass der Klägerin der anspruchsbegründende Sachverhalt aufgrund der resümierenden Erörterung im Zuge der Tagsatzungen vom 5. bis 8. 10. 2015 zwar nicht in allen Einzelheiten, aber doch soweit bekannt war, dass sie in der Lage gewesen sei, das zur Begründung ihres Anspruchs erforderliche Sachvorbringen konkret zu erstatten. Die Verjährungsfrist habe damit mit 8. 10. 2015 begonnen; die am 24. 10. 2018 eingebrachte Klage sei somit verjährt. Diese Rechtsansicht hält sich (selbst unter außer Achtlassung der früheren Hinweise auf ein Fehlverhalten der Beklagten) im Rahmen der dargestellten oberstgerichtlichen Rechtsprechung.
4. Dieser Beschluss bedarf keiner weiteren Begründung (§ 510 Abs 3 ZPO).