JudikaturOGH

7Ob178/20g – OGH Entscheidung

Entscheidung
21. Oktober 2020

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch die Senatspräsidentin Dr. Kalivoda als Vorsitzende und die Hofrätin und die Hofräte Hon. Prof. Dr. Höllwerth, Mag. Dr. Wurdinger, Mag. Malesich und MMag. Matzka als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Parteien 1. E***** K*****, und 2. L***** K*****, beide *****, beide vertreten durch Dr. Heimo Jilek und Dr. Martin Sommer, Rechtsanwälte in Leoben, gegen die beklagte Partei S***** K***** Gesellschaft mbH, *****, vertreten durch Dr. Johannes Liebmann, Rechtsanwalt in Gleisdorf, wegen 103.088,65 EUR sA und Feststellung (Erstklägerin) sowie 15.000 EUR sA (Zweitkläger), über die außerordentliche Revision der Erstklägerin gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Graz als Berufungsgericht vom 12. August 2020, GZ 4 R 64/20v 46, den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.

Begründung:

Rechtliche Beurteilung

1. Bei der Bemessung des Schmerzengeldes ist der Gesamtkomplex der Schmerzempfindung unter Bedachtnahme auf die Dauer und Intensität der Schmerzen nach ihrem Gesamtbild, auf die Schwere der Verletzung und auf das Maß der psychischen und physischen Beeinträchtigung des Gesundheitszustands zu berücksichtigen (RS0031040). Sie erfolgt daher nach der Dauer und Intensität der körperlichen und der seelischen Schmerzen, der Kompliziertheit des Heilungsverlaufs und der Dauerfolgen (RS0031293). Bei der Bemessung des Schmerzengeldes ist einerseits auf die Umstände des Einzelfalls abzustellen, andererseits zur Vermeidung einer völligen Ungleichmäßigkeit der Rechtsprechung ein objektiver Maßstab anzulegen. Es darf deshalb der von der Judikatur ganz allgemein gezogene Rahmen für die Bemessung im Einzelfall nicht gesprengt werden (RS0031075). Die Bemessung des Schmerzengeldes durch das Berufungsgericht stimmt mit diesen Grundsätzen überein. Es liegt keine vom Obersten Gerichtshof wegen des Abweichens von vorliegender Rechtsprechung aufzugreifende Einzelfallbeurteilung vor:

2. Die zu 1 Ob 114/16w beurteilten Folgen eines ärztlichen Kunstfehlers lassen sich, wie die Erstklägerin selbst erkennt, mit den hier zugrundeliegenden Ereignissen auch nicht annähernd vergleichen. Aus der dort vorgenommenen Schmerzengeldbemessung lässt sich für das hier zu beurteilende Erhöhungsbegehren der Erstklägerin nichts gewinnen.

3. Auch der von der Erstklägerin für einschlägig erachteten Vorentscheidung 5 Ob 44/11y liegt ein in wesentlichen Punkten abweichender Sachverhalt zugrunde. Dort musste die damalige Erstklägerin im Rahmen des Eingriffs die „höchstmögliche existierende Schmerzbelastung“ erleiden, hatte – wie die Überprüfung des erkennenden Senates ergab – drei Tage starke, drei Tage mittelstarke und zehn Tage leichte Schmerzen zu ertragen und litt an noch gravierenderen psychischen Eingriffsfolgen als dies hier der Fall ist. Das damals zuerkannte Schmerzengeld von 60.000 EUR erachtete der seinerzeit erkennende Senat für nicht erhöhungsbedürftig. Dem stehen die hier von der Erstklägerin erlittene körperlichen Schmerzen in der großteils geringeren Intensität und Dauer von zwei Tagen mittelstarken Schmerzen und zwölf Tagen leichten Schmerzen sowie vergleichsweise doch geringeren psychischen Beeinträchtigung gegenüber. Wenn das Berufungsgericht bei dieser Sachlage einen Schmerzengeldzuspruch von 50.000 EUR für ausreichend erachtete, dann liegt darin – auch unter Berücksichtigung der zwischenzeitigen Geldentwertung (vgl dazu 2 Ob 83/14s) – keine die dazu vorliegende Rechtsprechung verkennende Einzelfallbeurteilung vor.

4. Die Erstklägerin macht demnach keine erhebliche Rechtsfrage geltend. Mangels Vorliegens der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO ist die Revision somit nicht zulässig und zurückzuweisen. Einer weitergehenden Begründung bedarf dieser Beschluss nicht (§ 510 Abs 3 ZPO).

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