15Os95/20i – OGH Entscheidung
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat am 29. September 2020 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Hon. Prof. Dr. Kirchbacher als Vorsitzenden sowie den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Mag. Lendl und die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Dr. Michel Kwapinski, Mag. Fürnkranz und Dr. Mann in der Strafsache gegen Christian A***** wegen Verbrechen der geschlechtlichen Nötigung nach § 202 Abs 1 StGB und weiterer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Wien als Schöffengericht vom 4. Juni 2020, GZ 34 Hv 21/19h 45, nach Anhörung der Generalprokuratur nichtöffentlich gemäß § 62 Abs 1 zweiter Satz OGH Geo 2019 den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.
Zur Entscheidung über die Berufung werden die Akten dem Oberlandesgericht Wien zugeleitet.
Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Text
Gründe:
Mit dem angefochtenen Urteil wurde Christian A***** mehrerer Verbrechen der geschlechtlichen Nötigung nach § 202 Abs 1 StGB (A./) sowie mehrerer Vergehen der Nötigung nach § 105 Abs 1 StGB (B./) schuldig erkannt.
Danach hat er von Mai 2017 bis Oktober 2018 in W***** in der Justizanstalt W***** seinen Mithäftling M***** W***** in mehreren Angriffen
A./ außer den Fällen des § 201 StGB durch gegen ihn gerichtete gefährliche Drohungen, und zwar durch die wiederholt getätigte sinngemäße Äußerung, M***** W***** müsse als Mitglied eines Ordens, dessen Oberhaupt A***** sei, durch sexuelle Handlungen an und mit A***** „Energie aufladen“, widrigenfalls er krank werden und sterben würde bzw widrigenfalls A***** dafür Sorge tragen würde, dass er in die Justizanstalt Stein verlegt werde, wo ihm massive körperliche Gewalt durch dort inhaftierte und A***** hörige Ordensmitglieder drohe, zur Durchführung des Oralverkehrs an A***** und zur Duldung des Analverkehrs durch A*****, sohin zur Vornahme und Duldung von dem Beischlaf gleichzusetzenden geschlechtlichen Handlungen genötigt;
B./ im Anschluss an die zu A./ genannten T aten durch die wiederholt getätigte Äußerung, er werde ihn umbringen bzw umbringen lassen, wenn er jemandem etwas erzähle, sohin durch gefährliche Drohungen jeweils zur Unterlassung der Anzeigenerstattung genötigt.
Rechtliche Beurteilung
Dagegen richtet sich die auf Z 4 und Z 5 des § 281 Abs 1 StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten, die ihr Ziel verfehlt.
Mit der Verfahrensrüge (Z 4) kritisiert der Rechtsmittelwerber die Abweisung des in der Hauptverhandlung am 4. Juni 2020 gestellten Antrags auf Vernehmung der Zeugen Kevin S*****, Luca B*****, Emmerich M*****, Johannes Be***** und Michael Bu***** zum Beweis dafür, dass M***** W*****, der den Kontakt zum Angeklagten abgebrochen hatte, diesen wiederholt aufforderte, die Besuche in seinem Haftraum wieder aufzunehmen (ON 44 S 9).
Die begehrte Beweisaufnahme konnte zu Recht unterbleiben, weil es dem Antrag an einer Darlegung mangelte, weshalb der unter Beweis zu stellende – nicht das unmittelbare Tatgeschehen betreffende – Umstand mit Blick auf die bereits vorliegenden Beweisergebnisse in der Lage sein sollte, die zur Feststellung entscheidender Tatsachen anzustellende Beweiswürdigung maßgeblich zu beeinflussen (§ 55 Abs 2 Z 2 StPO; RIS Justiz RS0116987).
Die in der Beschwerde nachgetragenen Gründe zur Fundierung des Antrags sind angesichts der auf die Nachprüfung der erstgerichtlichen Vorgangsweise angelegten Konzeption dieses Nichtigkeitsgrundes und des damit auch für die Prüfung eines Zwischenerkenntnisses verbundenen Neuerungsverbots unbeachtlich (RIS Justiz RS0099618).
Die Feststellung, dass W***** durch Drohungen mit einer Verletzung am Körper zur Duldung sexueller Handlungen genötigt wurde (US 6), blieb – dem Vorbringen der Mängelrüge (Z 5 vierter Fall) zuwider – nicht offenbar unzureichend begründet, sondern wurde von den Tatrichtern au f die für glaubwürdig befundene Aussage des Zeugen W*****, den sichergestellten Briefverkehr und die Angaben der Zeugen S*****, Ei*****, G***** und J***** gegründet (US 8 ff). Soweit die Rüge – unter selektiver Zitierung einer Passage der Aussage des Zeugen W***** (ON 34 S 22) – den Konnex zwischen den Drohungen und der Duldung sexueller Handlungen bestreitet, bekämpft sie lediglich die Beweiswürdigung des Erstgerichts nach Art einer im kollegialgerichtlichen Verfahren nicht zulässigen Berufung wegen Schuld.
Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher bereits bei nichtöffentlicher Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO), woraus sich die Zuständigkeit des Oberlandesgerichts zur Entscheidung über die Berufung ergibt (§ 285i StPO).
Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 390a Abs 1 StPO.