JudikaturOGH

12Ns113/20v – OGH Entscheidung

Entscheidung
25. September 2020

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 25. September 2020 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Solé als Vorsitzenden sowie die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Dr. Brenner und den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. Haslwanter in der Disziplinarsache gegen *****, AZ D 46/19 des Disziplinarrats der Oberösterreichischen Rechtsanwaltskammer, über die Anzeige der Ausgeschlossenheit des Anwaltsrichters ***** gemäß § 62 Abs 1 zweiter Satz OGH Geo 2019 den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Anwaltsrichter ***** ist von der Entscheidung über die Beschwerde des Kammeranwalts gegen den Beschluss des Disziplinarrats der Oberösterreichischen Rechtsanwaltskammer vom 4. Februar 2020, GZ D 46/19 12, nicht ausgeschlossen.

Text

Gründe:

Der Oberste Gerichtshof hat zu 20 Ds 6/20t über die im Spruch genannte Beschwerde zu entscheiden.

Gegenstand dieses Verfahrens ist der Vorwurf, die Genannte habe in Kenntnis ihrer disziplinären Verantwortung für den Fall der Unrichtigkeit am 8. Mai 2017 bzw am 20. November 2017 die Erklärung abgegeben, ***** sei seit 6. Dezember 2015 laufend in ihrer Kanzlei während der Normalarbeitszeit, nicht jedoch in deren Freizeit, als Rechtsanwaltsanwärterin in der gesetzlich vorgeschriebenen Weise tätig gewesen und während dieser Zeiten voll und ausschließlich zur Verfügung gestanden. Dies obwohl sich die Genannte laut Dienstzeitbestätigung der Johann Kepler Universität vom 25. Juli 2018 seit 1. Jänner 2008 in einem aufrechten Dienstverhältnis der Johann Kepler Universität befand, wobei zu diesem Zeitpunkt das Stundenausmaß 25 Wochenstunden betragen habe. Dadurch habe ***** eine unrichtige Erklärung abgegeben und gegen die § 1 DSt, § 30 RAO, § 39 RL BA 2015 verstoßen.

Mit Beschluss vom 4. Februar 2020, GZ D 46/19 12, stellte der Disziplinarrat der Oberösterreichischen Rechtsanwaltskammer fest, dass kein Grund zur (weiteren) Disziplinarbehandlung der Rechtsanwältin ***** im Umfang des dargestellten Verdachts besteht. Dagegen richtet sich die Beschwerde des Kammeranwalts.

***** ist Mitglied des zuständigen Senats 20.

Er zeigte seine Befangenheit an, weil ein Anwaltspartner in seiner Kanzlei als Mitglied des Ausschusses der Oberösterreichischen Rechtsanwaltskammer am Verfahren über die Eintragung von ***** in die Liste der Rechtsanwälte bei der Oberösterreichischen Rechtsanwaltskammer beteiligt sei, an der – dem die Eintragung ablehnenden Bescheid – zugrundeliegenden Willensbildung im Ausschuss durch Abstimmung mitgewirkt habe und bei der in dieser Sache stattgefundenen Verhandlung vor dem Obersten Gerichtshof als Vertreter des Ausschusses der Oberösterreichischen Rechtsanwaltskammer eingeschritten sei . ***** erklärte, sich nicht für befangen zu erachten.

Rechtliche Beurteilung

Gemäß § 64 DSt iVm § 43 Abs 1 Z 3 StPO ist ein Richter vom gesamten Verfahren ausgeschlossen, wenn andere Gründe vorliegen, die geeignet sind, seine volle Unvoreingenommenheit und Unparteilichkeit in Zweifel zu ziehen. Die Bestimmungen über die Ausschließung stellen auf den äußeren Anschein ab. Entscheidend ist daher auch unter dem Aspekt des § 43 Abs 1 Z 3 StPO nicht die subjektive Ansicht des betroffenen Richters oder des Ablehnenden, sondern die Frage, ob die äußeren Umstände geeignet sind, bei einem verständig würdigenden objektiven Beurteiler naheliegende Zweifel an der unvoreingenommenen und unparteilichen Dienstverrichtung zu wecken (vgl RIS Justiz RS0097086 [T5]; Lässig , WK StPO § 43 Rz 10 f mwN).

Diese Voraussetzung liegt im Fall des Einschreitens eines Kanzleikollegens des Anwaltsrichters im V erfahren über die Eintragung einer Rechtsanwältin in Bezug auf den im Disziplinarverfahren gegenständlichen Vorwurf, ob einer anderen Rechtsanwältin hinsichtlich einer in diesem Eintragungsverfahren relevanten Urkunde ein disziplinärer Vorwurf zu machen sei, nicht vor.

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