JudikaturOGH

6Ob187/20y – OGH Entscheidung

Entscheidung
16. September 2020

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Dr. Schramm als Vorsitzenden und die Hofräte Hon. Prof. Dr. Gitschthaler, Univ. Prof. Dr. Kodek, Dr. Nowotny sowie die Hofrätin Dr. Faber als weitere Richter in der Pflegschaftssache des Minderjährigen N*****, geboren am ***** 2007, *****, vertreten durch das Land Kärnten (Magistrat der Landeshauptstadt Klagenfurt am Wörthersee, Abteilung Gesundheit, Jugend und Familie, 9020 Klagenfurt am Wörthersee, Bahnhofstraße 35) als Kinder und Jugendhilfeträger, über den Revisionsrekurs des Vaters M*****, vertreten durch Mag. iur. Oliver Lorber Rechtsanwalts GmbH in Klagenfurt am Wörthersee, gegen den Beschluss des Landesgerichts Klagenfurt als Rekursgericht vom 7. Juli 2020, GZ 4 R 163/20t 44, mit dem der Beschluss des Bezirksgerichts Klagenfurt vom 18. Mai 2020, GZ 5 Pu 90/16y 38, teilweise abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Der Revisionsrekurs wird zurückgewiesen .

Text

Begründung:

Das Rekursgericht verpflichtete den Vater zur Zahlung von 12.422,91 EUR an rückständigem Unterhalt für den Zeitraum 1. 7. 2017 bis 31. 5. 2020 an den Minderjährigen und – unter Bestätigung der erstinstanzlichen Entscheidung – zur Leistung eines laufenden Unterhalts von monatlich 825 EUR ab 1. 6. 2020. Für den Zeitraum bis 31. 12. 2018 entlasteten die Vorinstanzen dabei den Vater durch Berücksichtigung der für den Minderjährigen bezogenen Familienbeihilfe und berücksichtigten bei der Ermittlung der Unterhaltsbemessungsgrundlage des selbstständig erwerbstätigen Vaters für das Jahr 2018 eine von diesem für das Jahr 2019 getätigte Mietzinsvorauszahlung in Höhe von 20.000 EUR nicht als einkommensmindernden Betriebsaufwand; der Vater dürfe durch willkürliche Periodenverschiebungen von Betriebsausgaben seine Unterhaltsbemessungsgrundlage nicht zu Lasten des unterhaltsberechtigten Minderjährigen verringern.

Das Rekursgericht sprach weiters aus, dass der ordentliche Revisionsrekurs zulässig ist; zur Frage der Anrechnung der erhöhten Familienbeihilfe, die für den Minderjährigen tatsächlich bezogen werde, liege widersprüchliche Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs vor, und das Thema „Mietzinsvorauszahlung und willkürliche Periodenverschiebung“ sei aus Gründen der Rechtssicherheit an den Obersten Gerichtshof heranzutragen.

Rechtliche Beurteilung

1. Der Oberste Gerichtshof hat sich bereits in der Entscheidung 6 Ob 107/16b zweitinstanzlicher Rechtsprechung (LG Feldkirch EFSlg 113.599 [2006]) angeschlossen, wonach (auch nach der teilweisen Aufhebung des § 12a FamLAG durch den Verfassungsgerichtshof mit Erkenntnis vom 19. 6. 2002 [G 7/02 ua]) weder der Grundbetrag der Familienbeihilfe noch deren Erhöhungsbetrag nach § 8 Abs 4 ff FamLAG als anrechenbares Eigeneinkommen des Kindes anzusehen sind. Aus dem Bezug der (erhöhten) Familienbeihilfe für den Minderjährigen ist damit für den Vater unter diesem Gesichtspunkt nichts gewonnen.

Richtig ist zwar, dass der Oberste Gerichtshof im Rahmen der Familienbeihilfe Anrechnung (ausführlich dazu Gitschthaler , Unterhaltsrecht 4 [2019] Rz 731 ff) zum einen ausführte, der geldunterhaltspflichtige Elternteil könne lediglich am Grundbetrag der Familienbeihilfe „partizipieren“, nicht aber auch an einem Erhöhungsbetrag gemäß § 8 Abs 4 FamLAG, weil dieser keine steuerlich zu berücksichtigende Entlastung des Unterhaltspflichtigen bezwecke (1 Ob 208/03z; 9 Ob 31/14w), und zum anderen judizierte, die vom Gesetzgeber vorgesehene Entlastung des Geldunterhaltspflichtigen erfolge durch Kürzung des Geldunterhalts um jenen Teil der Familienbeihilfe, der zur steuerlichen Entlastung des Geldunterhaltspflichtigen bestimmt sei, wobei nichts Anderes für die gemäß § 8 Abs 4 bis 6 FamLAG erhöhte Familienbeihilfe für erheblich behinderte Kinder gelten könne (8 Ob 50/10a ÖZPR 2011/40 [ Greifeneder ]; 6 Ob 6/20f). Sowohl das Rekursgericht als auch der Vater übersehen aber, dass die Frage der Berücksichtigung der bezogenen Familienbeihilfe (nur deren Grundbetrag oder auch deren Erhöhungsbetrag) bei Durchführung der – seit 1. 1. 2019 nicht mehr durchzuführenden (RS0132928) – Familienbeihilfe Anrechnung lediglich dann eine Rolle hätte spielen können, wenn aufgrund der konkreten Umstände des Einzelfalls (dazu Gitschthaler aaO Rz 747/2) der gesamte Grundbetrag der Familienbeihilfe (und der Kinderabsetzbetrag) zur Entlastung des geldunterhaltspflichtigen Elternteils hätten herangezogen werden müssen; bereits in den Entscheidungen 5 Ob 160/05y und 10 Ob 31/08v hatte der Oberste Gerichtshof nämlich klargestellt, dass die steuerliche Entlastung durch Anrechnung von Familienbeihilfe und Kinderabsetzbetrag schon begrifflich nicht weitergehen konnte, als deren Höhe ausmachte. Dass im vorliegenden Fall diese Anrechnungshöchstgrenze durch Berücksichtigung (lediglich) des Grundbetrags der Familienbeihilfe (und des Kinderabsetzbetrags) überschritten worden wäre und es deshalb auch einer (teilweisen) Berücksichtigung des Erhöhungsbetrags zur Entlastung des geldunterhaltspflichtigen Vaters bedurft hätte, ist jedoch weder den Ausführungen der Vorinstanzen zu entnehmen noch behauptet dies der Vater, der in seinem Revisionsrekurs im Übrigen keinerlei Ausführungen/Berechnungen zur Relevanz der „Berücksichtigung der erhöhten Familienbeihilfe“ tätigt.

2. Zum Thema „Mietzinsvorauszahlung und willkürliche Periodenverschiebung“ ist das Rekursgericht darauf hinzuweisen, dass es mit seinem Zulassungsausspruch (dieses Thema sei „aus Gründen der Rechtssicherheit an den Obersten Gerichtshof heranzutragen“) nicht nur keine Rechtsfrage von erheblicher Bedeutung im Sinn des § 63 Abs 1 AußStrG, sondern überhaupt keine konkrete Rechtsfrage aufgezeigt hat.

Aber auch dem Vater gelingt es in seinem Revisionsrekurs nicht, eine solche Rechtsfrage von erheblicher Bedeutung aufzuzeigen, legt er doch auch in diesem Zusammenhang mit keinem Wort dar, inwiefern sich die – von ihm angestrebte – Berücksichtigung der Mietzinsvorauszahlung als die Bemessungsgrundlage mindernd im Jahr 2018 und damit als die Bemessungsgrundlage erhöhend im Jahr 2019 auf den von ihm zu leistenden rückständigen Unterhalt zu seinen Gunsten tatsächlich ausgewirkt hätte; die Vorinstanzen haben ja (richtigerweise: 10 Ob 58/13x) einen akkumulierten rückständigen Unterhalt für den Zeitraum 1. 7. 2017 bis 31. 5. 2020 zugesprochen. Es ist auch keineswegs ersichtlich, weshalb die Verschiebung der Mietzinsvorauszahlung um ein Jahr nach vorne oder nach hinten innerhalb dieses Zeitraums zu einer gänzlichen Antragsabweisung – wie im Revisionsrekurs begehrt – führen könnte.

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