JudikaturOGH

6Ob15/20d – OGH Entscheidung

Entscheidung
15. September 2020

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten Dr. Schramm als Vorsitzenden und durch die Hofräte Hon. Prof. Dr. Gitschthaler, Univ. Prof. Dr. Kodek, Dr. Nowotny sowie die Hofrätin Dr. Faber als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Parteien 1. Dr. M*****, Rechtsanwalt, *****, als Masseverwalter im Konkursverfahren über das Vermögen der F*****GmbH (AZ ***** S ***** des Handelsgerichts Wien), 2. O*****, vertreten durch Mag. Johannes Fuhrmann, Rechtsanwalt in Wien, gegen die beklagte Partei Mag. B*****, vertreten durch Mag. Elisabeth Schwendt, Rechtsanwältin in Wien, wegen 177.081,53 EUR sA (Revisionsinteresse 92.081,53 EUR sA), über die außerordentliche Revision der beklagten Partei gegen das Teilurteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht vom 27. November 2019, GZ 13 R 181/19m 17, mit dem das Urteil des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien vom 26. August 2019, GZ 57 Cg 97/18f 12, hinsichtlich der erstklagenden Partei bestätigt und hinsichtlich des Zweitklägers aufgehoben wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Der außerordentlichen Revision wird Folge gegeben. Das angefochtene Teilurteil (Punkt A.) wird als nichtig aufgehoben .

Die Kosten des Revisionsverfahrens sind weitere Verfahrenskosten.

Text

Begründung:

Gegenstand dieses Verfahrens sind zwei Darlehen, die der Beklagten von der F*****GmbH (92.081,53 EUR) und vom Zweitkläger, dem ehemaligen Lebensgefährten der Beklagten, (85.000 EUR) gewährt worden sein sollen. Die Vorinstanzen gaben dem Begehren der Gesellschaft statt – dies ist auch Gegenstand des Revisionsverfahrens; hinsichtlich des Begehrens des Zweitklägers hob das Berufungsgericht jedoch das stattgebende Ersturteil auf und verwies die Rechtssache zur neuerlichen Entscheidung nach Verfahrensergänzung an das Erstgericht zurück.

Über das Vermögen der Gesellschaft wurden am 5. 11. 2019 ein Konkursverfahren ohne Eigenverwaltung eröffnet und der Erstkläger zum Masseverwalter bestellt. Das Erstgericht legte dem Berufungsgericht den Akt am 8. 11. 2019 vor, wo er noch am selben Tag einlangte; Berufung und Berufungsbeantwortung waren bereits vor Konkurseröffnung beim Erstgericht überreicht worden. Am 27. 11. 2019 entschied das Berufungsgericht über die Berufung der Beklagten.

Über Fortsetzungsantrag des Erstklägers vom 10. 2. 2020 setzte das Erstgericht nunmehr mit Beschluss vom 20. 4. 2020 das gegenüber der Gesellschaft ex lege unterbrochene Verfahren fort.

Rechtliche Beurteilung

Die außerordentliche Revision ist zulässig, sie ist auch berechtigt.

1. Die Beklagte macht geltend, dass das nach Eintritt der Unterbrechung gefällte Urteil des Berufungsgerichts an einer Nichtigkeit leide.

1.2. Gemäß § 7 Abs 1 IO werden durch die Eröffnung des Insolvenzverfahrens alle anhängigen Rechtsstreitigkeiten, in denen der Schuldner Kläger oder Beklagter ist, mit Ausnahme der in § 6 Abs 3 IO bezeichneten Streitigkeiten – eine solche liegt hier nicht vor –, unterbrochen. Die Unterbrechung tritt ex lege ein, auch im Stadium des Rechtsmittelverfahrens. Die Wirkungen der Unterbrechung bestimmen sich nach den allgemeinen Regeln des § 163 ZPO. Demnach sind unter Missachtung der Unterbrechung gesetzte Gerichtshandlungen – soweit nicht ein Fall des § 163 Abs 3 ZPO oder eine sonstige Ausnahme vorliegt, was hier ebenfalls nicht gegeben ist – in der Regel nichtig. Ein nach Eintritt des Unterbrechungsgrundes des § 7 Abs 1 IO dennoch gefälltes Urteil leidet daher an dem Nichtigkeitsgrund des § 477 Abs 1 Z 4 ZPO (stRsp, siehe bloß 7 Ob 56/13f).

1.3. Das Insolvenzverfahren über das Vermögen der Gesellschaft war nach Erhebung der Berufung (beim Erstgericht eingelangt am 30. 9. 2019), aber vor Entscheidung des Berufungsgerichts (27. 11. 2019) eröffnet worden, sodass das dennoch gefällte Urteil mit dem bezeichneten Nichtigkeitsgrund behaftet ist.

2. Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens gründet sich auf § 52 Abs 1 ZPO, weil nur die Entscheidung als nichtig aufgehoben wurde ( RS0035870 ).

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