6Ob132/20k – OGH Entscheidung
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Dr. Schramm als Vorsitzenden sowie die Hofräte Hon. Prof. Dr. Gitschthaler, Univ. Prof. Dr. Kodek und Dr. Nowotny und die Hofrätin Dr. Faber als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei W*****, vertreten durch Dipl. Ing. Dr. Peter Benda, Rechtsanwalt in Graz, gegen die beklagte Partei D*****, vertreten durch Dr. David M. Suntinger, Rechtsanwalt in St. Veit an der Glan, wegen Feststellung (Streitwert 10.000 EUR), über die Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Landesgerichts Klagenfurt als Berufungsgericht vom 28. Juni 2019, GZ 1 R 40/19f 40, den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Die Akten werden dem Erstgericht zurückgestellt.
Text
Begründung:
Gegen das Berufungsurteil (ON 40) erhob zunächst die beklagte Partei einen mit einer ordentlichen Revision verbundenen Abänderungsantrag gemäß § 508 ZPO (ON 41). Dieses Rechtsmittel wurde mit Vorlagebericht ON 43 dem Berufungsgericht vorgelegt. Unter ON 44 ist ein mit ordentlicher Revision verbundener Abänderungsantrag gemäß § 508 ZPO der klagenden Partei einjournalisiert. Für dieses Rechtsmittel wurde ein separater Vorlagebericht (ON 49) verfasst.
In der Folge entschied das Berufungsgericht zunächst mit – irrtümlich „Im Namen der Republik“ überschriebenem – Beschluss vom 10. 9. 2019 (ON 50) über den Abänderungsantrag der beklagten Partei.
Am 5. 2. 2020 teilte der Klagevertreter mit, dass über seinen Antrag noch nicht entschieden wurde. In der Folge wurde der Akt neuerlich dem Berufungsgericht vorgelegt.
Nach einem mit „12. Februar 2010“ datierten Aktenvermerk des Berufungsgerichts (ohne Ordnungsnummer) wurde der Abänderungsantrag des Klägers zunächst übersehen. Mit Beschluss vom 21. 2. 2020 (ON 53) gab das Berufungsgericht dem Abänderungsantrag der klagenden Partei Folge und ließ die ordentliche Revision zu. Am selben Tag fasste das Berufungsgericht einen weiteren, nicht im Akt des Erstgerichts erliegenden und demgemäß auch nicht einjournalisierten Berichtigungsbeschluss, in dem es aussprach, dass die Wortfolge „Im Namen der Republik“ im Kopf des Beschlusses vom 10. 9. 2019 zu entfallen habe. Um die Durchführung der Berichtigung wurde das Erstgericht ersucht.
Auf der Rückseite der Urschrift dieses Beschlusses findet sich die Verfügung des Berufungsgerichts: „Einmal mit Akt dem Bezirksgericht Klagenfurt mit dem Ersuchen um Durchführung der Berichtigung der an die Parteien bereits zugestellten Ausfertigungen und unmittelbarer Wiedervorlage an das Berufungsgericht nach Erledigung“. Diese Verfügung ist mit 4. 5. 2020 datiert.
Diese Note des Berufungsgerichts wurde im Akt des Erstgerichts einjournalisiert; der zugrunde liegende Berichtigungsbeschluss des Berufungsgerichts findet sich dort nicht.
Der Grund dafür liegt offenbar in der Aktenführung des Erstgerichts. Einzelne Geschäftsstücke tragen bis zu drei unterschiedliche Ordnungsnummern bzw Seitenzahlen. Das Urteil des Berufungsgerichts vom 28. 6. 2019 wurde zunächst zweimal (nämlich als ON 40 und ON 44) einjournalisiert, das Rechtsmittel des Beklagtenvertreters vom 18. 7. 2019 ebenfalls zweimal (ON 41 und ON 45). Der Beschluss des Berufungsgerichts gemäß § 508 ZPO über die Revision der beklagten Partei wurde zwei Mal einjournalisiert (ON 45 und ON 52), wobei auch unterschiedliche Aktenseiten vergeben wurden. Am 12. 5. 2020 erfolgte aufgrund einer entsprechenden Verfügung des Erstrichters eine Nachjournalisierung (AS 309).
Am 8. 5. 2020 fasste das Erstgericht einen Beschluss, wonach im Sinne des schriftlichen Ersuchens des Berufungsgerichts vom 4. 5. 2020 der Spruch des Ersturteils vom 20. 2. 2019 berichtigt werde. Der nunmehrige Spruch des Urteils hatte den Wortlaut, den ihm das Berufungsgericht in seiner Maßgabebestätigung verliehen hatte. Eine Begründung enthält dieser Beschluss nicht. Eine Berichtigung des Beschlusses nach § 508 ZPO – wie vom Berufungsgericht aufgetragen – erfolgte nicht.
Gegen den Berichtigungsbeschluss erhob der Kläger Rekurs (ON 60). Die beklagte Partei erstattete eine Rekursbeantwortung (ON 66).
Zwischenzeitig wies das Berufungsgericht mit Note vom 15. 6. 2020 neuerlich auf den Berichtigungsbeschluss vom 21. 2. 2020 hin. Diese Note ist (nunmehr) als ON 64 einjournalisiert. Darin wird außerdem die Herstellung eines Teilakts unter anderem mit dem Berichtigungsbeschluss des Berufungsgerichts vom 21. 2. 2020 angeordnet. Im Teilakt wurde die Vornahme der Berichtigung des Beschlusses vom 10. 9. 2019 (ON 50) dahingehend, dass die Wortfolge „Im Namen der Republik“ im Kopf der Entscheidung gestrichen werde, angeordnet. Außerdem wurde die Erstellung eines Vorlageberichts zur Revision des Klägers und Wiedervorlage des Originalakts aufgetragen.
Eine Entscheidung des Landesgerichts Klagenfurt über den Rekurs gegen den Berichtigungsbeschluss ist nach der Aktenlage noch nicht erfolgt.
Rechtliche Beurteilung
Mit Vorlagebericht vom 17. 6. 2020 wurde dem Obersten Gerichtshof die Revision der klagenden Partei vorgelegt.
Über die Revision kann jedoch erst entschieden werden, wenn das Rechtsmittel gegen den Berichtigungsbeschluss erledigt ist. Dieser Berichtigungsbeschluss dürfte auf einem Missverständnis des Erstgerichts beruhen, das seine Ursache in den angesprochenen Mängeln der Aktenführung hat. Dessen ungeachtet handelt es sich dabei um einen wirksamen Beschluss, sodass zunächst über den dagegen erhobenen Rekurs zu entscheiden sein wird. Durch diesen ohne Begründung ergangenen, lediglich auf ein angebliches, sich in Wahrheit jedoch auf den Beschluss nach § 508 ZPO beziehendes Ersuchen verweisenden Beschluss wurde nämlich der Charakter der Entscheidung des Erstgerichts grundlegend geändert. Nach dem nunmehrigen Wortlaut des Spruchs handelt es sich dabei nicht mehr um eine Entscheidung über eine Titelergänzungsklage, sondern – im Sinne der Entscheidung des Berufungsgerichts – um ein gewöhnliches Feststellungsurteil. Sollte der Berichtigungsbeschluss vom Rekursgericht bestätigt werden, würde dies der erhobenen Revision möglicherweise nachträglich die Basis entziehen. Hinzuweisen ist auch darauf, dass nach ständiger Rechtsprechung eine derartige Berichtigung eine neue Rechtsmittelfrist für die Bekämpfung des Urteils in der berichtigten Fassung eröffnet (vgl RS0041760). Der (Ausnahme )Fall, dass die Parteien auch ohne Berichtigungsbeschluss keinen Zweifel über den wirklichen Inhalt des richterlichen Ausspruchs haben konnten (vgl abermals RS0041760), liegt im gegebenen Fall keinesfalls vor. Damit hat aber die Vorgangsweise des Erstgerichts eine unklare Verfahrenslage zur Folge, die erst durch Behandlung des gegen den Berichtigungsbeschluss erhobenen Rechtsmittels aufgelöst werden kann.
In der Folge wird das Erstgericht daher zunächst den Akt dem Landesgericht Klagenfurt zur Entscheidung über den Rekurs gegen den Berichtigungsbeschluss vorzulegen haben. Erst nach Rechtskraft des Beschlusses über den Rekurs möge der Akt neuerlich dem Obersten Gerichtshof vorgelegt werden. Zwischenzeitig wird zweckmäßigerweise auch die offenbar bisher noch nicht durchgeführte Berichtigung des Beschlusses nach § 508 ZPO vom 10. 9. 2019 über die Revision der beklagten Partei (ON 50) nachzuholen sein.