4Nc16/20w – OGH Entscheidung
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Dr. Vogel als Vorsitzenden und die Hofräte Dr. Schwarzenbacher und Hon. Prof. Dr. Brenn als weitere Richter in der Pflegschaftssache der minderjährigen K***** S*****, geboren am ***** 2009, *****, AZ 1 Ps 9/17d des Bezirksgerichts Kufstein, infolge Vorlage zur Entscheidung nach § 111 Abs 2 JN, den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Der Akt wird dem Bezirksgericht Kufstein zurückgestellt.
Text
Begründung:
Das Bezirksgericht Kufstein übertrug mit Beschluss vom 2. 2. 2020 die Pflegschaftssache an das Bezirksgericht Favoriten, weil die Minderjährige seit 2019 in Wien lebe. Es ersuchte das Bezirksgericht Favoriten um Zustellung des Beschlusses an die Parteien. Das Bezirksgericht Favoriten lehnte die Übernahme der Zuständigkeit am 16. 7. 2020 aufgrund von offenen Anträgen ab und stellte den Akt dem Bezirksgericht Kufstein zurück. Dieses stellte seinen Übertragungsbeschluss nicht den Parteien zu, sondern legte den Akt sofort dem Obersten Gerichtshof zur Entscheidung gemäß § 111 Abs 2 JN vor.
Rechtliche Beurteilung
Diese Vorlage ist verfrüht.
Übertragungsbeschlüsse nach § 111 JN sind durch die Parteien anfechtbar (RS0046981 [insb T5]). Ohne rechtskräftigen Übertragungsbeschluss nach § 111 Abs 1 JN kommt eine Entscheidung des Obersten Gerichtshofs nach § 111 Abs 2 JN nicht in Betracht (RS0047067). Dies gilt jedenfalls dann, wenn das für die Entscheidung über einen Rekurs gegen den Übertragungsbeschluss zuständige Gericht mit dem zur Genehmigung nach § 111 Abs 2 JN berufenen Gericht (hier der Oberste Gerichtshof) nicht ident ist (RS0047067 [T14]). Behebt das Rekursgericht den Übertragungsbeschluss, so ist endgültig über die Unzulässigkeit der Übertragung entschieden. In dem Fall, dass der Übertragungsbeschluss rechtskräftig bestätigt wird, bedarf es dagegen der Genehmigung des übergeordneten Gerichts (4 Nc 18/18m mwN).
Der Akt ist daher dem übertragenden Gericht zur Zustellung des Beschlusses an die Parteien zurückzustellen. Nur wenn der Übertragungsbeschluss – allenfalls nach Überprüfung im Instanzenzug – in Rechtskraft erwachsen ist, ist der Akt wiederum dem Obersten Gerichtshof zur Entscheidung nach § 111 Abs 2 JN vorzulegen.