10ObS24/20g – OGH Entscheidung
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits und Sozialrechtssachen durch den Vizepräsidenten Univ. Prof. Dr. Neumayr als Vorsitzenden sowie die Hofrätinnen Dr. Fichtenau und Dr. Faber als weitere Richter (Senat gemäß § 11a Abs 3 ASGG) in der Sozialrechtssache der klagenden Partei Mag. Dr. T*****, vertreten durch Mag. Petra Laback, Rechtsanwältin in Wien, gegen die beklagte Partei Allgemeine Unfallversicherungsanstalt, 1200 Wien, Adalbert-Stifter-Straße 65–67, wegen Wiederaufnahme des Verfahrens AZ 28 Cgs 186/18i des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Graz als Arbeits- und Sozialgericht, über den außerordentlichen Revisionsrekurs der klagenden Partei gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts Graz als Rekursgericht in Arbeits und Sozialrechtssachen vom 27. Jänner 2020, GZ 7 Rs 1/20a 7, den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Der außerordentliche Revisionsrekurs wird gemäß § 526 Abs 2 Satz 1 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 528 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.
Begründung:
Rechtliche Beurteilung
1. Ob im Einzelfall ein Vorbringen zur Darstellung eines Wiederaufnahmsgrundes ausreicht oder nicht, stellt regelmäßig keine Rechtsfrage von erheblicher Bedeutung iSd § 528 Abs 1 ZPO dar, soweit nicht eine krasse Fehlbeurteilung vorliegt, die aus Gründen der Rechtssicherheit zu korrigieren wäre (RS0044411 [T19]).
Eine vom Obersten Gerichtshof aufzugreifende Fehlbeurteilung wird im vorliegenden Fall nicht aufgezeigt.
2.1. Bei der nur in abstracto vorzunehmenden Prüfung der Zulässigkeitsvoraussetzungen im Vorprüfungsverfahren ist nur zu beurteilen, ob sich aus dem Klagevorbringen selbst ergibt, dass die vorgebrachten Tatsachen oder die aus den neuen Beweismitteln abzuleitenden Tatsachen sogar dann, wenn man sie als richtig unterstellt, ersichtlich von vornherein keinen Einfluss auf die Entscheidung in der Hauptsache haben können (RS0044631 [T2, T7]). Ist dies der Fall, ist die Klage zurückzuweisen (RS0044504 [T1]). Bei der Vorprüfung nach § 538 ZPO handelt es sich letztlich um eine Schlüssigkeitsprüfung (RS0044631 [T3]).
2.2. Für die Prüfung der Schlüssigkeit einer Wiederaufnahmsklage gilt – wie für jede andere Klage auch –, dass sie nur anhand der konkreten Behauptungen im Einzelfall geprüft werden kann (RS0037780 [T14]). Ob die Wiederaufnahmsklage schlüssig ist, begründet daher grundsätzlich keine Rechtsfrage von erheblicher Bedeutung im Sinne des § 528 Abs 1 ZPO.
2.3. Das Rekursgericht verneinte die Schlüssigkeit der Wiederaufnahmsklage mit der tragenden Begründung, dass im Hauptprozess die Unfallkausalität der Hörstörung der Klägerin zu beurteilen gewesen sei, nicht hingegen die Frage, ob die Hörstörung – so sie nicht unfallskausal war – genetisch bedingt sei. In diesem Zusammenhang verwies das Rekursgericht darauf, dass der Sachverständige im Hauptverfahren die Unfallkausalität der Hörstörung verneint und dies aus der konkreten Ausprägung des Tonaudiogramms und aus den Vorbefunden abgeleitet hatte, die zeitlich bis vor den behaupteten Unfallzeitpunkt zurückreichten. Wenn das Rekursgericht daraus ableitete, dass die neuen Befunde, die sich auf das Nichtbestehen einer genetischen Prädisposition der Klägerin für eine Hörstörung beziehen, schon abstrakt nicht geeignet seien, eine Aufhebung oder Änderung der Entscheidung des Hauptprozesses zu bewirken, begründet das keine vom Obersten Gerichtshof aufzugreifende Fehlbeurteilung.
2.4. Ausgehend von dieser vertretbaren Beurteilung des Rekursgerichts kommt es auch nicht entscheidend darauf an, ob die auf einer genetischen Untersuchung des Jahres 2019 beruhenden neu vorgelegten Befunde auf einer neuen wissenschaftlichen Erkenntnismethode (vgl RS0044733 [T1, T3]; RS0044834 [T10]) beruhten.
3. Mangels Geltendmachung einer Rechtsfrage von erheblicher Bedeutung iSd § 528 Abs 1 ZPO ist der außerordentliche Revisionsrekurs zurückzuweisen.