JudikaturOGH

7Ob125/20p – OGH Entscheidung

Entscheidung
08. Juli 2020

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch die Senatspräsidentin Dr. Kalivoda als Vorsitzende und die Hofrätinnen und Hofräte Hon. Prof. Dr. Höllwerth, Dr. Solé, Mag. Malesich und MMag. Matzka als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Dr. H* W*, vertreten durch Mag. Gregor Kohlbacher, Rechtsanwalt in Graz, gegen die beklagten Parteien 1. B* B* GmbH, *, vertreten durch die Gibel Zirm Rechtsanwälte GmbH Co KG in Wien, und 2. Mag. C* H* S*, vertreten durch Mag. David Stockhammer, Rechtsanwalt in Wien, wegen 75.000 EUR sA, über die außerordentliche Revision der klagenden Partei gegen das Teilurteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht vom 27. September 2019, GZ 4 R 40/19k 25, den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.

Begründung:

Rechtliche Beurteilung

1. Der Kläger macht erkennbar den Nichtigkeitsgrund nach § 477 Abs 1 Z 4 ZPO geltend, der dann vorliegt, wenn einer Partei die Möglichkeit, vor Gericht zu verhandeln, durch ungesetzlichen Vorgang, insbesondere durch Unterlassung der Zustellung entzogen wurde. Nach der Rechtsprechung wird das rechtliche Gehör in einem Zivilverfahren aber nicht nur dann verletzt, wenn einer Partei die Möglichkeit, sich im Verfahren zu äußern, überhaupt genommen wurde, sondern auch dann, wenn einer gerichtlichen Entscheidung Tatsachen und Beweisergebnisse zugrunde gelegt werden, zu denen sich die Beteiligten nicht äußern konnten (RS0005915). Einen solchen Vorgang zeigt der Kläger in seiner Revision aber nicht auf, beruhte doch die Abweisung des Klagebegehrens gegen die Zweitbeklagte auf der von den Vorinstanzen angenommenen Unschlüssigkeit des vom Kläger dazu erstatteten Vorbringens.

2.1. Der Kläger behauptet einen Verfahrensmangel, weil „das erkennende Gericht (…) nicht dargelegt (habe), worin es eine Unschlüssigkeit sehe“ und die insoweit unterbliebene Erörterung führe zum Vorliegen einer Überraschungsentscheidung. Soweit der Kläger damit einen Mangel des erstinstanzlichen Verfahrens aufzeigen will, hat das Berufungsgericht einen solchen verneint, was eine neuerliche Geltendmachung im Revisionsverfahren ausschließt (RS0042963).

2.2. Eine Überraschungsentscheidung des Berufungsgerichts liegt deshalb nicht vor, weil bereits das Erstgericht die Unschlüssigkeit des gegen die zweitbeklagte Notgeschäftsführerin gerichteten Klagebegehrens nicht allein auf die mangelnde Berechtigung des Begehrens gegen die beklagte Gesellschaft, sondern ganz allgemein auf den nicht erkennbaren Zusammenhang zwischen den der Zweitbeklagten zugeschriebenen Verhaltensweisen und dem behaupteten deliktischen Anspruch gestützt hat. Außerdem hat auch die Zweitbeklagte bereits vor dem Erstgericht auf diese Unschlüssigkeit hingewiesen (RS0122365). Schließlich zeigt der Kläger auch nicht auf, welches ergänzende Vorbringen er im Fall einer Erörterung noch zusätzlich vorgetragen hätte (RS0037325 [T5]).

3.1. Der vom Kläger im Rahmen der Rechtsrüge aufgeworfenen Frage, ob sein Klagebegehren gegenüber der Zweitbeklagten schlüssig ist, kommt im Allgemeinen keine über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung zu (RS0116144; RS0037780). Eine erhebliche Rechtsfrage würde sich nur dann stellen, wenn das Verständnis des Parteivorbringens durch das Berufungsgericht mit seinem Wortlaut unvereinbar wäre, anerkannten Auslegungsregeln widerspräche oder sonst gegen die Denkgesetze verstieße (vgl RS0042828). Ein solcher Fall liegt hier aber nicht vor:

3.2. Es mag zutreffen, dass unter bestimmten Voraussetzungen das (wahrheitswidrige) Bestreiten des gegnerischen Standpunkts und eine darauf gestützte Prozessführung schadenersatzpflichtig machen kann (vgl RS0022840) und auch bloße Vermögensinteressen geschützt sein können, wenn ihre Beeinträchtigung durch deliktisches sittenwidriges Verhalten herbeigeführt wurde (RS0016754). Wenn das Berufungsgericht aber aus dem Vorbringen des Klägers kein Verhalten der zweitbeklagten Notgeschäftsführerin erkennen konnte, das auch diese deliktisch gerade zum Ersatz des von der Erstbeklagten vermeintlich geschuldeten Darlehensbetrags verpflichten soll, dann liegt darin jedenfalls kein aufzugreifender Auslegungsfehler, geht es doch hier nicht um allfällige finanzielle Nachteile aus der verzögerten, erschwerten oder unmöglichen Einbringlichkeit der gegen die Erstbeklagte behaupteten Forderung.

4. Der Kläger macht insgesamt keine erhebliche Rechtsfrage geltend. Mangels Vorliegens der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO ist die Revision somit nicht zulässig und zurückzuweisen. Einer weitergehenden Begründung bedarf dieser Beschluss nicht (§ 510 Abs 3 ZPO).

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