3Nc7/20i – OGH Entscheidung
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat durch die Präsidentin Hon. Prof. Dr. Lovrek als Vorsitzende sowie den Hofrat Dr. Roch und die Hofrätin Dr. Weixelbraun Mohr als weitere Richter in den verbundenen Rechtssachen der klagenden und widerbeklagten Partei C*****, vertreten durch Dr. Georg Kahlig, Rechtsanwalt in Wien, gegen die beklagte und widerklagende Partei D*****, vertreten durch Dr. Susanne Schwarzenbacher, Rechtsanwältin in Wien, jeweils wegen Ehescheidung, über den Delegierungsantrag beider Parteien gemäß § 31 Abs 2 JN den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Zur Verhandlung und Entscheidung der verbundenen Rechtssachen AZ 32 C 25/19g und AZ 32 C 26/19d wird anstelle des Bezirksgerichts Leopoldstadt das Bezirksgericht Leoben bestimmt.
Text
Begründung:
Bei Einleitung der beiden bereits mit Beschluss des vorlegenden Gerichts vom 12. Februar 2020 zur gemeinsamen Führung verbundenen Ehescheidungsverfahren wohnten beide Streitteile in Wien. Nunmehr ist die Klägerin (und Widerbeklagte) in den Sprengel des Bezirksgerichts Leoben verzogen und der Beklagte (und Widerkläger) in den Sprengel des Bezirksgerichts Fürstenfeld. Bisher wurde nur die Einvernahme der Parteien sowie einer in Berlin wohnhaften Zeugin beantragt. Nach der vorbereitenden Tagsatzung stellten beide Parteien gemeinsam unter Hinweis auf ihren nunmehrigen Wohnsitz jeweils in der Steiermark den Antrag auf Delegierung (gemeint:) der verbundenen Rechtssachen an das Bezirksgericht Leoben. Das Bezirksgericht Leopoldstadt legt die Akten zur Entscheidung über den Delegierungsantrag vor, ohne eine Äußerung iSd § 31 Abs 3 JN abgegeben zu haben.
Rechtliche Beurteilung
Der Antrag ist dennoch entscheidungsreif und berechtigt.
Nach § 31 Abs 1 JN kann aus Gründen der Zweckmäßigkeit auf Antrag einer Partei anstelle des zuständigen Gerichts ein anderes Gericht gleicher Gattung zur Verhandlung und Entscheidung bestimmt werden. Eine Delegierung ist zweckmäßig, wenn die Zuständigkeitsübertragung an das andere Gericht zu einer wesentlichen Verkürzung des Prozesses, zu einer Erleichterung des Gerichtszugangs und der Amtstätigkeit oder zu einer wesentlichen Verbilligung des Rechtsstreits beitragen kann. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn das Beweisverfahren oder der maßgebliche Teil davon vor dem erkennenden Gericht durchgeführt werden können, weil die Wahrung des Unmittelbarkeitsgrundsatzes bedeutsamer ist als die Einhaltung der örtlichen Zuständigkeitsordnung (RIS Justiz RS0046333 [T3]). Zweckmäßigkeitsgründe sind vor allem der Wohnort (Sitz) der Parteien und der zu vernehmenden Zeugen (RS0046540; RS0053169 [T12]). Außerhalb des Anwendungsbereichs von § 31a JN bildet das Einverständnis der Parteien zwar für sich genommen noch keinen Delegierungsgrund (RS0046589 [T34]). In einem solchen Fall ist aber bei der Beurteilung der Zweckmäßigkeit kein strenger Maßstab anzulegen (RS0046441 [T9] = RS0046471 [T4] = RS0046528 [T23] = RS0053169 [T27] = RS0046333 [T27]).
Auf dieser Grundlage ist der Delegierungsantrag berechtigt. Zwischen den Parteien besteht Einvernehmen über die Delegierung. Die einzige bisher geführte Zeugin muss ohnehin aus dem Ausland anreisen. Eine Erklärung des Vorlagegerichts nach § 31 Abs 3 JN erübrigte sich, weil die Entscheidung über den Delegierungsantrag keiner weiteren „Aufklärung“ im Sinne dieser Gesetzesbestimmung bedurfte. Das Vorlagegericht hätte sich nur zu dem bereits bekannten Akteninhalt äußern können (RS0112499 [T4]; RS0113776).
Als zuständiges Gericht ist daher das von beiden Parteien genannte Bezirksgericht Leoben zu bestimmen.