9ObA12/20k – OGH Entscheidung
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Hopf als Vorsitzenden, die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Dr. Fichtenau und den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. Hargassner sowie die fachkundigen Laienrichter Dr. Ingomar Stupar (aus dem Kreis der Arbeitgeber) und Mag. Werner Pletzenauer (aus dem Kreis der Arbeitnehmer) als weitere Richter in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei M***** S*****, vertreten durch Greiml Horwath Rechtsanwaltspartnerschaft in Graz, gegen die beklagte Partei P***** AG, *****, vertreten durch Mag. Oscar Weiß, LL.M., Rechtsanwalt in Salzburg, wegen 50.410,04 EUR brutto sA, über die außerordentliche Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Linz als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 20. November 2019, GZ 12 Ra 41/19i 34, in nichtöffentlicher Sitzung den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Die außerordentliche Revision der klagenden Partei wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.
Begründung:
Rechtliche Beurteilung
Jeder gerechtfertigten Entlassung ist immanent, dass dem Dienstgeber die Weiterbeschäftigung des Dienstnehmers wegen des Entlassungsgrundes so unzumutbar geworden ist, dass eine sofortige Abhilfe erforderlich wird. Dieses Tatbestandsmerkmal ermöglicht die Abgrenzung zwischen einem in abstracto wichtigen Entlassungsgrund und einem in concreto geringfügigen Sachverhalt (RS0029009).
Das Vorliegen der Voraussetzungen für eine gerechtfertigte vorzeitige Auflösung des Dienstverhältnisses kann immer nur aufgrund der Umstände des Einzelfalls beurteilt werden (RS0106298). Insbesondere hängt auch die Beurteilung der Unzumutbarkeit von den Umständen des Einzelfalls in Form einer Gesamtschau ab (RS0103201).
Die Klägerin zeigt in ihrer außerordentlichen Revision keine korrekturbedürftige Überschreitung des dem Berufungsgericht bei dieser rechtlichen Beurteilung zukommenden Beurteilungsspielraums iSd § 502 Abs 1 ZPO auf. Allein das Fehlen höchstgerichtlicher Rechtsprechung zu einer bestimmten Fallgestaltung begründet für sich noch nicht eine erhebliche Rechtsfrage (RS0102181).
Übereinstimmend haben die Vorinstanzen die Entlassung der Klägerin wegen Untreue und Vertrauensunwürdigkeit nach § 27 Z 1 AngG als berechtigt erkannt. Nach den Feststellungen hat die Klägerin in ihrer Funktion als Personalverrechnerin mehrfach vorsätzlich und pflichtwidrig gegen ihre Dienstpflichten verstoßen und damit der beklagten Arbeitgeberin auch einen finanziellen Schaden zugefügt. Die Rechtsauffassung des Berufungsgerichts, der Beklagten sei angesichts der mehrfachen Dienstpflichtverletzungen der Klägerin, die als Personalverrechnerin eine besondere Vertrauensposition innegehabt habe, trotz ihrer zuvor tadellosen Dienstleistung eine Fortsetzung des Dienstverhältnisses nicht mehr zumutbar gewesen, ist nicht zu beanstanden. Von bloß geringfügigen Ordnungswidrigkeiten kann bei der Klägerin, die ihrer damals noch im Unternehmen der Beklagten beschäftigten Tochter letztlich ungerechtfertigte, Vorteile zukommen lassen wollte, nicht gesprochen werden. Dass die Tochter der Klägerin infolge Entlassung ihrerseits nicht mehr im Unternehmen der Beklagten angestellt ist, ändert an der Unzumutbarkeit der Weiterbeschäftigung der Klägerin nichts Wesentliches. Die Komplexität der modernen Personalverrechnung entschuldigt die vorsätzlichen Pflichtwidrigkeiten der Klägerin nicht.
Mangels Geltendmachung einer erheblichen Rechtsfrage im Sinn des § 502 Abs 1 ZPO ist die außerordentliche Revision der Klägerin zurückzuweisen.