JudikaturOGH

10Nc7/20s – OGH Entscheidung

Entscheidung
08. April 2020

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Vizepräsidenten Univ. Prof. Dr. Neumayr als Vorsitzenden sowie die Hofrätin Dr. Fichtenau und den Hofrat Mag. Ziegelbauer als weitere Richter in der Pflegschaftssache der 1. mj A*****, geboren ***** 2008, 2. mj S*****, geboren ***** 2009, 3. mj L*****, geboren ***** 2011 und 4. mj M*****, geboren ***** 2013, wegen § 111 Abs 2 JN, den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Die mit Beschluss des Bezirksgerichts Oberndorf vom 28. Juni 2019, GZ 1 Pu 83/17d 70, gemäß § 111 Abs 1 JN verfügte Übertragung der Zuständigkeit zur Führung der Pflegschaftssache an das Bezirksgericht Haag wird genehmigt.

Text

Begründung:

Mit Beschluss vom 28. 6. 2019 übertrug das Bezirksgericht Oberndorf die Zuständigkeit zur Führung der Pflegschaftssache im Hinblick auf einen Wohnsitzwechsel der Kinder dem Bezirksgericht Haag (ON 70).

Mit Beschlüssen vom 29. 7. 2019 stellte das Bezirksgericht Oberndorf die den Kindern mit Beschlüssen vom 10. 9. 2018 (ON 38 41) bis 31. 8. 2023 gewährten Unterhaltsvorschüsse gemäß § 20 UVG mit Ablauf des Monats Juli 2019 ein (ON 76 79).

Das Bezirksgericht Haag lehnte die Übernahme ab. Sie sei mangels offener Anträge nicht zweckmäßig. Es könne noch nicht gesichert von einem dauerhaften Aufenthalt der Kinder im Sprengel des Bezirksgerichts Haag ausgegangen werden (ON 86).

Am 27. 11. 2019 beantragten die Kinder beim Bezirksgericht Haag, den Vater zu verpflichten, beginnend mit 1. 10. 2019 einen monatlichen Unterhaltsbeitrag von je 399 EUR für die Kinder A***** und S*****, sowie in Höhe von je 350 EUR für die Kinder L***** und M*****, jeweils bis zur Selbsterhaltungsfähigkeit des Kindes zu leisten (ON 92). Am 15. 1. 2020 teilten die Kinder dem Bezirksgericht Haag mit, dass sie ihren Hauptwohnsitz seit 16. 8. 2020 im Sprengel dieses Bezirksgerichts haben (ON 95).

Mit Beschluss vom 29. 1. 2020 gab das Landesgericht Salzburg als Rekursgericht dem vom Vater gegen den Übertragungsbeschluss des Bezirksgerichts Oberndorf vom 28. 6. 2019 erhobenen Rekurs nicht Folge (ON 96).

Das Bezirksgericht Oberndorf legte den Akt zur Entscheidung gemäß § 111 Abs 2 JN neuerlich (vgl OGH 27. 11. 2019, 10 Nc 48/19v) dem Obersten Gerichtshof vor.

Die Übertragung ist berechtigt.

Rechtliche Beurteilung

1. Das zuständige Pflegschaftsgericht kann nach § 111 Abs 1 JN seine Zuständigkeit einem anderen Gericht übertragen, wenn im Interesse der pflegebefohlenen Person der pflegschaftsgerichtliche Schutz voraussichtlich gefördert wird. Ausschlaggebendes Kriterium für die Übertragung der Zuständigkeit nach § 111 JN ist immer das Kindeswohl (RS0047074 [T1]). Die Rechtsprechung billigt dem Naheverhältnis zwischen pflegebefohlener Person und Gericht wesentliche Bedeutung zu und sieht deshalb im Allgemeinen das Gericht als am besten geeignet an, in dessen Sprengel die minderjährige Person ihren Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt hat (RS0047074 [T7]; RS0049144).

2. Eine Zuständigkeitsübertragung ist daher grundsätzlich zu genehmigen, wenn der Lebensmittelpunkt der Kinder – wie hier – in den Sprengel eines anderen als des bisher zuständigen Bezirksgerichts verlagert wird (RS0047300 [T11]).

Nach der Aktenlage haben die Kinder mittlerweile ihren Hauptwohnsitz im Sprengel des Bezirksgerichts Haag. Zwar ist das Unterhaltsvorschussverfahren beendet, die Kinder haben jedoch – bereits beim Bezirksgericht Haag – einen neuen Unterhaltsfestsetzungsantrag eingebracht.

3. Die Übertragung ist daher zu genehmigen.

Rückverweise