11Os17/20i – OGH Entscheidung
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat am 30. März 2020 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Schwab als Vorsitzenden sowie die Vizepräsidentin des Obersten Gerichtshofs Mag. Marek, die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Dr. Bachner Foregger und Mag. Fürnkranz und den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. Oberressl als weitere Richter in der Strafsache gegen Mag. Christian Z***** und eine weitere Angeklagte wegen des Verbrechens der betrügerischen Krida nach §§ 12 dritter Fall, 156 Abs 1 StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung der Angeklagten Yelyzaveta Z***** gegen das Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Wien als Schöffengericht vom 13. Dezember 2019, GZ 31 Hv 26/19x 47, nach Anhörung der Generalprokuratur gemäß § 62 Abs 1 zweiter Satz OGH Geo 2019 den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung wegen des Ausspruchs über die Schuld werden zurückgewiesen.
Zur Entscheidung über die (verbleibende) Berufung werden die Akten dem Oberlandesgericht Wien zugeleitet.
Der Angeklagten fallen die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Text
Gründe:
Mit dem angefochtenen Urteil, das auch einen unbekämpft in Rechtskraft erwachsenen Schuldspruch des Mitangeklagten Mag. Christian Z***** enthält, wurde die Angeklagte Yelyzaveta Z***** des Verbrechens der betrügerischen Krida nach §§ 12 dritter Fall, 156 Abs 1 StGB (B./) schuldig erkannt.
Danach hat sie am 29. August 2017 in Wien zur Ausführung der strafbaren Handlung des Mag. Z***** beigetragen, der als Schuldner mehrerer Gläubiger sein Vermögen wirklich verringert und dadurch die Befriedigung seiner Gläubiger geschmälert hat, dass er in der Verlassenschaftssache nach Dr. Annemarie Z*****, AZ ***** des Bezirksgerichts F*****, vor dem Gerichtskommissär eine Erbrechtsschenkung betreffend die ihm nach der eintretenden gesetzlichen Erbfolge zur Hälfte zukommende Erbberechtigung zugunsten der Yelyzaveta Z***** zu Protokoll gab, dieses unterfertigte und somit auf sein Erbrecht verzichtete (und dadurch einen Schaden von rund 240.000 Euro herbeiführte), indem sie Mag. Z***** mit ihrer Anwesenheit in der Tagsatzung in der betreffenden Verlassenschaftssache im Tatentschluss psychisch bestärkte, vor dem Gerichtskommissär die Erbrechtsschenkung annahm, eine bedingte Erbantrittserklärung zu Protokoll gab und dieses unterfertigte.
Rechtliche Beurteilung
Dagegen richtet sich die von der Angeklagten aus § 281 Abs 1 Z 5, 5a, 9 lit a und 9 lit b StPO erhobene Nichtigkeitsbeschwerde.
Die Mängelrüge (Z 5 vierter Fall) kritisiert die Feststellung, die Angeklagte sei zum Tatzeitpunkt über die finanzielle Situation ihres Ehemannes Mag. Z*****, nämlich seiner Schulden in beträchtlicher Höhe bei mehreren Gläubigern informiert gewesen (US 6), als unzureichend begründet. Weshalb die dazu angestellten tatrichterlichen Erwägungen, wonach die Angeklagte ihr Wissen um die triste Einkommens- und Vermögenssituation ihres Gatten sowie die Belastung mit beträchtlichen Schulden einräumte (US 8) und dieses auch die Kenntnis von Schulden bei mehreren Gläubigern umfasste (vgl „[…] über die finanzielle Situation ihres Ehemannes informiert, das heißt, dass er bei mehreren Gläubigern Schulden in beträchtlicher Höhe hatte“ [US 6]), gegen die Kriterien logischen Denkens oder gegen grundlegende Erfahrungssätze verstoßen sollten (vgl RIS Justiz RS0118317), wird nicht dargelegt.
Mit dem auch auf Zurechnungsunfähigkeit abzielenden Vorbringen, die Konstatierungen zur subjektiven Tatseite würden angesichts der Umstände, dass die Angeklagte am Tattag aufgrund einer Krebsdiagnose psychisch angeschlagen und emotional aufgewühlt war und deutsch nur auf Alltagsniveau verstand, jeder menschlichen Erfahrung widersprechen, bekämpft die Beschwerde lediglich die – entgegen dem Vorwurf fehlender „Erörterung“ (nominell Z 9 lit b, der Sache nach Z 5 vierter Fall) in US 8 f zu findende – Beweiswürdigung nach Art einer im kollegialgerichtlichen Verfahren gesetzlich nicht vorgesehenen Berufung wegen des Ausspruchs über die Schuld. Soweit sie sich gegen die Urteilsannahmen zur konkreten Schuldenhöhe und zum Wert des Nachlasses (US 7) richtet, spricht sie im Übrigen keine für den tatbestand des § 156 Abs 1 StGB entscheidenden Tatsachen an (RIS Justiz RS0117264).
Entgegen dem Einwand von Unvollständigkeit (Z 5 zweiter Fall) steht ein ärztliches Attest vom 30. Oktober 2019 (ON 44 S 3 f) – mit den darin angestellten bloßen Vermutungen zum psychischen Zustand der Angeklagten am Tattag – der Konstatierung damals vorhandener Diskretions und Dispositionsfähigkeit (US 6 und 9) nicht erörterungsbedürftig entgegen (RIS Justiz RS0098646; zur Unbeachtlichkeit von Schlussfolgerungen und Meinungen eines Privatgutachters siehe im Übrigen RIS Justiz RS0097292 [T17, T21]; vgl auch 14 Os 62/17z; Ratz , WK StPO § 281 Rz 435; Hinterhofer , WK StPO § 125 Rz 24). Durch die – nominell auch unter dem Aspekt der Z 9 lit b – unter Berufung auf den Zweifelsgrundsatz begehrte Annahme von Zurechnungsunfähigkeit, wird weder ein formeller noch ein materiell rechtlicher Nichtigkeitsgrund aufgezeigt (RIS Justiz RS0102162; RS0099756).
Soweit die Beschwerde die Aussage des Zeugen Dr. A***** einer eigenen Bewertung unterzieht und deren Würdigung kritisiert, verkennt sie, dass die Annahme des Schöffengerichts von der (Un )Glaubhaftigkeit einer Person als (bloß) beweiswürdigende Erwägung keinen zulässigen Bezugspunkt der Mängelrüge darstellt (RIS Justiz RS0106588). Indem die Tatrichter die betreffende Aussage als nicht überzeugend erachteten (US 9), stellt die mangelnde Detailerörterung keine Unvollständigkeit (Z 5 zweiter Fall) dar (RIS Justiz RS0098642).
Die Tatsachenrüge (Z 5a) argumentiert, eine Belehrung nicht nur des Mag. Z*****, sondern auch der Beschwerdeführerin über einen möglichen Verstoß der Erbrechtsschenkung gegen straf- und zivilrechtliche Bestimmungen (US 6) sei aus den Angaben des als Zeugen vernommenen Gerichtskommisärs und dem von diesem angefertigten Protokoll über die Tagsatzung in der Verlassenschaftssache nicht abzuleiten; sie übt damit einmal mehr lediglich in dieser Form unzulässige Beweiswürdigungskritik.
Ebenso verlässt das Rechtsmittel den durch Z 5a eröffneten Anfechtungsrahmen, wenn es die Annahme der Unglaubwürdigkeit des Zeugen Dr. A***** als „rechtlich nicht gedeckt“ kritisiert (RIS Justiz RS0099649) und aus „allgemein menschlicher Erfahrung“ schließt, dass Mag. Z***** seiner Ehefrau nicht von seinen Verbindlichkeiten erzählt habe.
Die Rechtsrüge (Z 9 lit a) vernachlässigt die Konstatierung, wonach die Angeklagte im Tatzeitpunkt bestehende Verbindlichkeiten ihres Mannes gegenüber mehreren Gläubigern in ihren Vorsatz aufgenommen hatte (US 6 f), sodass sie den vom Gesetz geforderten Bezugspunkt materieller Nichtigkeit verfehlt (RIS Justiz RS0099810).
Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher ebenso wie die im kollegialgerichtlichen Verfahren gesetzlich nicht vorgesehene (angemeldete) Berufung wegen Schuld (§ 283 Abs 1 StPO; vgl ON 49) bereits bei nichtöffentlicher Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO; §§ 294 Abs 4, 296 Abs 2 StPO), woraus die Zuständigkeit des Oberlandesgerichts zur Erledigung der Berufung folgt (§ 285i StPO).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 390a Abs 1 StPO.