11Os7/20v – OGH Entscheidung
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat am 18. März 2020 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Schwab als Vorsitzenden sowie die Vizepräsidentin des Obersten Gerichtshofs Mag. Marek, die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Dr. Bachner Foregger und Mag. Fürnkranz und den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. Oberressl als weitere Richter in der Strafsache gegen Robert R***** wegen des Verbrechens des gewerbsmäßigen schweren Betruges nach §§ 146, 147 Abs 2, 148 zweiter Fall StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Landesgerichts Salzburg als Schöffengericht vom 15. Mai 2019, GZ 39 Hv 79/18m 36, nach Anhörung der Generalprokuratur gemäß § 62 Abs 1 zweiter Satz OGH Geo 2019 in nichtöffentlicher Sitzung den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.
Text
Gründe:
Mit dem angefochtenen Urteil wurde Robert R***** von der wider ihn erhobenen Anklage, er habe „in S***** und andernorts von Jänner 2012 bis 2. September 2013 nachgenannte Personen mit dem Vorsatz, sich durch das Verhalten der Getäuschten unrechtmäßig zu bereichern, und in der Absicht, sich durch die wiederkehrende Begehung von schweren Betrügereien (§ 147 Abs 2 StGB) längere Zeit hindurch ein nicht bloß geringfügiges Einkommen zu verschaffen (§ 70 Abs 1 StGB), durch Vortäuschen seiner Zahlungsfähigkeit und Zahlungswilligkeit zur Erbringung von Leistungen im Rahmen einer rechtsfreundlichen Beratung und Vertretung seiner selbst sowie der A***** GmbH im Ermittlungsverfahren der Staatsanwaltschaft S***** AZ *****, dem damit in engem Zusammenhang stehenden Abgabeverfahren und im bei der Zentralen Staatsanwaltschaft zur Verfolgung von Wirtschaftsstrafsachen und Korruption geführten Ermittlungsverfahren AZ ***** verleitet und dadurch in einem 50.000 €, jedoch nicht 300.000 € übersteigenden Betrag am Vermögen geschädigt, und zwar
1./ Hofrat Dr. Helmut I***** in Höhe von 26.620 € und
2./ Hofrat Dr. Franz W***** in Höhe von 159.600 €“,
(auch von der rechtlichen Kategorie vgl aber RIS Justiz RS0120128) gemäß § 259 Z 3 StPO freigesprochen.
Rechtliche Beurteilung
Dagegen richtet sich Nichtigkeitsbeschwerde der Staatsanwaltschaft aus § 281 Abs 1 Z 5 StPO.
Gründet das Gericht einen Freispruch auf die Annahme, dass mehrere Tatbestandsmerkmale nicht erfüllt sind, und trifft es zu diesen hinreichende (negative) Feststellungen, ist es unter dem Aspekt erfolgreicher Urteilsanfechtung erforderlich, (nicht bloß einzelne, sondern) alle die Tatbestandsverwirklichung ausschließenden (negativen) Konstatierungen deutlich und bestimmt als mangelhaft begründet (Z 5) oder unter Geltendmachung darauf bezogener Anträge aus Z 4 zu bekämpfen (RIS Justiz RS0127315 [T4]).
Da es die Beschwerdeführerin unterlässt, auch in Bezug auf die der angestrebten Verurteilung entgegenstehende Negativfeststellung zum Bereicherungsvorsatz (insbesondere US 16) einen Begründungsmangel geltend zu machen, spricht die Rüge von vorneherein keine entscheidenden Tatsachen (RIS-Justiz RS0117264; Ratz , WK StPO § 281 Rz 399) an.
Im Übrigen stehen die als übergangen kritisierten (Z 5 zweiter Fall) Angaben des Dr. I***** zu einem im Jahr 2011 durch den Angeklagten erteilten Auftrag und die dazu vorgelegten Urkunden der (für die Schuld- und Subsumtionsfrage irrelevanten) Konstatierung, der Angeklagte habe Dr. I***** bereits vor der Vorstellung durch Dr. H***** gekannt (US 3), nicht entgegen und waren (auch) aus diesem Grund nicht gesondert erörterungsbedürftig (RIS Justiz RS0098646 [T8]). Der Vorwurf mangelnder Begründung, weshalb das Erstgericht der („als glaubwürdig bezeichneten“) Verantwortung des Angeklagten in diesem Zusammenhang nicht gefolgt sei, verkennt, dass Bezugspunkt der Mängelrüge nicht in der Sachverhaltsannahme der (Un )Glaubhaftigkeit, sondern ausschließlich in den Feststellungen zu entscheidenden Tatsachen besteht (RIS Justiz RS0119422 [T4]). Einer Aussage nur teilweise Glauben zu schenken, stellt überdies keinen Begründungsmangel dar (RIS Justiz RS0098372).
Der – die bekämpften Feststellungen nicht konkretisierende (vgl aber RIS Justiz RS0130729) – Einwand, die Angaben der Zeugen Dr. I***** und Dr. W*****, das – ohnehin erörterte (US 11) – Schreiben des Dr. H***** vom (richtig:) 17. Juli 2013 (ON 13 S 203), die Bitte des Angeklagten, „fair abzurechnen“, wie auch „die Erfahrung des Erwerbs- und Wirtschaftslebens“ würden für eine direkte Beauftragung der Experten durch den Angeklagten sprechen, zeigt keinen Mangel im Sinn der Z 5 auf, sondern bekämpft bloß die Beweiswürdigung des Erstgerichts nach Art einer im kollegialgerichtlichen Verfahren unzulässigen Berufung wegen des Ausspruchs über die Schuld.
Gleiches gilt, soweit die Beschwerde die (ebenso berücksichtigten [US 11]) Schreiben der Steuerberaterin des Angeklagten einer eigenständigen Interpretation unterzieht, die Schlussfolgerung des Erstgerichts zum Wissen der Geschädigten von der Vermögenslosigkeit des Angeklagten (mit eigenständigen Erwägungen zu Beweisergebnissen) als „keineswegs zwingend“ bezeichnet und den allfälligen Zugang von Honorarnoten des Dr. I***** und des Dr. W***** nicht einer entscheidenden Feststellung, sondern der Verantwortung des Angeklagten entgegenstellt.
Demgemäß erübrigt sich ein Eingehen auf das weitere Vorbringen (der Sache nach Z 9 lit a), die Konstatierungen zu einer Täuschung der Privatbeteiligten über die Zahlungsfähigkeit des Angeklagten (wobei der – allein tatbestandsrelevante – Zeitpunkt vor Leistungserbringung nicht einmal angesprochen wird), einem 5.000 Euro übersteigenden Schaden und „einer damit korrespondierenden Bereicherung des Angeklagten“ einfordert.
Die Nichtigkeitsbeschwerde der Staatsanwaltschaft war daher – in Übereinstimmung mit der Stellungnahme der Generalprokuratur – bereits bei nichtöffentlicher Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO).