JudikaturOGH

1Ob13/20y – OGH Entscheidung

Entscheidung
26. Februar 2020

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Univ.-Prof. Dr. Bydlinski als Vorsitzenden sowie die Hofräte und die Hofrätin Mag. Wurzer, Mag. Dr. Wurdinger, Dr. Hofer-Zeni-Rennhofer und Dr. Parzmayr als weitere Richter in der außerstreitigen Rechtssache der Antragsteller 1. Dr. A*****, und 2. Dr. F*****, beide vertreten durch die Mörth Ecker Filzmaier Rechtsanwaltspartnerschaft, Graz, gegen die Antragsgegner 1. W***** und 2. M*****, beide *****, vertreten durch Mag. Heinz Bauer, Rechtsanwalt in Graz, wegen Benützungsregelung, über den Revisionsrekurs der Antragsgegner gegen den Beschluss des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Graz als Rekursgericht vom 21. November 2019, GZ 3 R 149/19g 31, mit dem der Teilbeschluss des Bezirksgerichts Graz-Ost vom 4. April 2019, GZ 255 Nc 21/18y-25, abgeändert wurde, den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.

Die Antragsgegner haben den Antragstellern deren mit 289,78 EUR (darin 48,30 EUR USt) bestimmte Kosten des Revisionsrekursverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Begründung:

Die Antragsteller begehren – mangels vertraglicher Einigung – unter anderem die Erlassung einer gerichtlichen Regelung, wonach gewisse Betriebs-, Erhaltungs- und „Reinvestitionskosten“ einer auf Liegenschaften beider Streitteile errichteten gemeinsamen (Pflanzen-)Kläranlage von diesen im Verhältnis 2:1 zu Lasten der Antragsgegner zu tragen seien. Die Parteien hätten – nachdem zunächst nur jeweils ein Haus pro Streitpartei angeschlossen werden hätte sollen – vereinbart, dass die Antragsteller ein Einfamilienhaus, die Antragsgegner hingegen zwei Einfamilienhäuser an die Anlage anschließen können, was auch tatsächlich erfolgt und wodurch die auf insgesamt drei Häuser ausgelegte Kapazität der Kläranlage ausgeschöpft worden sei. Da die Anlage sohin nur zu einem Drittel von den Antragstellern und zu zwei Dritteln von den Antragsgegner genutzt werde, seien auch die damit verbundenen Kosten in diesem Verhältnis zu tragen. Auf die von den Parteien zur Errichtung der Kläranlage (jeweils zu gleichen Teilen) zur Verfügung gestellte Grundfläche komme es für die Kostenaufteilung ebensowenig an, wie darauf, ob die daran angeschlossenen Häuser bewohnt werden und wie viele Personen darin wohnen oder dort gemeldet sind.

Die Antragsgegner wandten ein, dass für die Dimensionierung der Kläranlage primär die Anzahl der diese nutzenden Bewohner der an die Anlage angeschlossenen Häuser maßgeblich gewesen sei. Da die gemeinschaftlichen Nutzungen ebenso wie die Lasten nach dem Verhältnis der Anteile zu bemessen seien und im Zweifel jeder Anteil gleich groß sei, seien sowohl die Errichtungskosten als auch die laufenden Betriebskosten im Verhältnis eins zu eins zu teilen. Dieses Aufteilungsverhältnis ergebe sich auch daraus, dass an die Kläranlage derzeit nur zwei Häuser (je eines pro Streitpartei) angeschlossen seien, wobei in jedem der beiden angeschlossenen Häuser zwei Personen wohnten.

Das Erstgericht erachtete den außerstreitigen Rechtsweg als zulässig und sprach aus, dass die Betriebs-, Erhaltungs- und „Reinvestitionskosten“ der Kläranlage, hinsichtlich derer die Erlassung einer gerichtlichen (Benützungs-)Regelung begehrt wurde, von den Antragsgegnern zu zwei Dritteln und von den Antragstellern zu einem Drittel zu tragen seien. Es stellte fest, dass die Streitteile zunächst beabsichtigten, jeweils nur ein (Wohn-)Haus (pro Seite) an die Kläranlage anzuschließen, weshalb die Kläranlage ursprünglich mit einer geringeren Kapazität geplant war. Da die Antragsgegner in weiterer Folge auch ein (damals noch in Planung befindliches) zweites Haus anschließen wollten, wurde die Kläranlage schließlich – nachdem der Sachverständige im wasserrechtlichen Verfahren dies gefordert hatte – über deren Initiative größer dimensioniert und die drei Häuser der Parteien an diese angeschlossen, womit ihre Kapazität erschöpft ist. Rechtlich ging das Erstgericht davon aus, dass aus den den Parteien jeweils zukommenden Nutzungen der gemeinsamen Kläranlage auf die von ihnen zu tragenden Lasten geschlossen werden könne. Da die Kläranlage die behördlich vorgeschriebene Abwasserentsorgung für die an diese angeschlossenen (Einfamilien-)Häuser der Parteien (mit je einem Drittel ihrer Kapazität) sicherstellen sollte, komme ihr Nutzen zu zwei Dritteln den Antragsgegnern und zu einem Drittel den Antragstellern zu, sodass auch die Lasten in diesem Verhältnis aufzuteilen seien. Ob die an die Kläranlage angeschlossenen Häuser bewohnt würden, spiele für die Kostenaufteilung keine Rolle.

Das Rekursgericht bejahte ebenfalls die Zulässigkeit des außerstreitigen Rechtswegs und bestätigte die vom Erstgericht vorgenommene Kostenaufteilung. Es begründete dies damit, dass die Kosten einer gemeinsamen Sache trotz gleich großer (Miteigentums-)Anteile an dieser (in Abweichung von dem in § 839 ABGB normierten Grundsatz, wonach die Nutzungen ebenso wie die Lasten nach dem Verhältnis der „Anteile“ aufzuteilen sind) nach dem Verhältnis der Gebrauchsmöglichkeit der einzelnen Teilhaber aufzuteilen seien. Da sich die Parteien durch den Anschluss ihrer drei Häuser an die Kläranlage auf einen von den Miteigentumsanteilen abweichenden Gebrauch geeinigt hätten, habe auch die Aufteilung der mit der Sache (ihrem Gebrauch) verbundenen Lasten entsprechend diesen „tatsächlichen Gebrauchsmöglichkeiten“ zu erfolgen. Der ordentliche Revisionsrekurs sei zulässig, weil weder zur Frage, ob die vorliegende „Abwassergemeinschaft“ eine Rechtsgemeinschaft iSd § 825 ABGB ist und für den vorliegenden Antrag daher (gemäß § 839a ABGB) der außerstreitige Rechtsweg offenstehe, noch dazu, ob der an einer gemeinsamen Sache Mitberechtigte, wenn er (vereinbarungsgemäß) – aufgrund der beschränkten Kapazität dieser Sache – von einer seinem (Miteigentums-)Anteil entsprechenden Nutzung teilweise ausgeschlossen ist, auch die damit verbundenen Lasten nur entsprechend seiner Nutzungsmöglichkeit tragen muss, eine höchstgerichtliche Rechtsprechung bestehe.

Rechtliche Beurteilung

Der dagegen erhobene Revisionsrekurs der Antragsgegner ist zu Klarstellung der Rechtslage zulässig; er ist aber nicht berechtigt.

1. Gegen die von den Vorinstanzen (dort jeweils in den Entscheidungsgründen) übereinstimmend bejahte Erledigung des Begehrens im außerstreitigen Verfahren, wogegen im Hinblick auf § 838a ABGB auch keine Bedenken bestehen, führen die Revisionsrekurswerber nichts Konkretes ins Treffen.

2.1. In der Sache selbst gehen die Revisionsrekurswerber – wie bereits in erster und zweiter Instanz – davon aus, dass es für die Aufteilung der mit der Kläranlage verbundenen Lasten nicht auf die Nutzungsmöglichkeiten, sondern auf die tatsächliche Nutzung durch die Parteien ankomme. Diese bestehe jeweils in gleichem Ausmaß, weil nur ein an die Kläranlage angeschlossenes Haus der Antragsgegner sowie das Haus der Antragsteller bewohnt werde, in jedem der beiden Häuser zwei Personen wohnten und daher in etwa die gleiche Abwassermenge eingeleitet werde.

2.2. Dieser Argumentation kann jedoch nicht gefolgt werden. Gemäß § 839 Satz 1 ABGB sind die gemeinschaftlichen Nutzungen und Lasten nach dem Verhältnis der Anteile auszumessen. Nach dem zweiten Satz dieser Bestimmung sind die Anteile im Zweifel als gleich groß anzusehen; wer das Gegenteil behauptet, muss dies beweisen. Hier sind die Parteien übereingekommen, die gemeinschaftliche Kläranlage insofern im Verhältnis 2:1 zu nutzen, als zwei Häuser der Antragsgegner und ein Haus der Antragsteller an diese angeschlossen wurden. Dieses Nutzungsverhältnis lag bereits der Errichtung der Kläranlage, deren Kapazität auf insgesamt drei (Einfamilien-)Häuser ausgelegt wurde, zugrunde. Die Parteien haben damit ihre „Anteile“ im Sinn des § 839 ABGB an der Kläranlage als der gemeinschaftlichen Sache entsprechend diesem Verhältnis festgelegt. Den – vom Rekursgericht als gleich groß angenommenen – Miteigentumsanteilen am (auf den Liegenschaften beider Steitteile errichteten) „Bauwerk“ kommt für die Bemessung der Anteile an der gemeinsamen Kläranlage keine Bedeutung zu, spielt der von den Parteien jeweils zur Verfügung gestellte Grund im Vergleich zur vereinbarten Aufteilung der Anlagenkapazität doch nur eine untergeordnete Rolle. Für die Zweifelsregel des § 839 Satz 2 ABGB verbleibt hier kein Anwendungsbereich. Auch auf den in § 839 ABGB verwendeten Begriff des „Nutzens“ kommt es – entgegen der Ansicht der Revisionsrekurswerber – nicht an, weil damit vom Gesetz nur die aus der gemeinsamen Sache gezogenen „Früchte“ angesprochen werden (vgl Tanczos / Eliskases in Rummel / Lukas 4 § 839 ABGB Rz 3) und nicht das für die Bestimmung der Anteilsverhältnisse konkret maßgebliche Kriterium der vereinbarten jeweiligen Gebrauchsmöglichkeit. Dem tatsächlichen Gebrauch der Kläranlage durch die Parteien (im Sinn der aktuell eingeleiteten – vor allem von der Anzahl der in den angeschlossenen Häusern lebenden Personen abhängigen – Schmutzwassermenge) kommt für das Anteilsverhältnis bereits deshalb keine Relevanz zu, weil den Parteien nicht unterstellt werden kann (wofür sich auch kein Hinweis aus den erstinstanzlichen Feststellungen ergibt), dass sie das unter anderem für die Kostentragung maßgebliche Verhältnis ihrer Anteile an der Kläranlage von diesem – laufenden Veränderungen unterworfenen – Kriterium abhängig machen wollten.

5. Die Kostenentscheidung beruht auf § 78 Abs 2 AußStrG.

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