JudikaturOGH

2Nc4/20s – OGH Entscheidung

Entscheidung
20. Februar 2020

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Dr. Veith als Vorsitzenden und den Hofrat Dr. Musger sowie die Hofrätin Dr. E. Solé als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei O*****, vertreten durch Dr. Walter Müller, Rechtsanwalt in Linz, gegen die beklagte Partei G***** AG, *****, vertreten durch Dr. Hans Peter Sauerzopf und Dr. Michael Franz Sauerzopf, Rechtsanwälte in Wien, wegen 5.492,06 EUR sA, über den Delegierungsantrag der klagenden Partei in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Zur Verhandlung und Entscheidung der Rechtssache wird statt dem Bezirksgericht Innere Stadt Wien das Bezirksgericht Steyr bestimmt.

Text

Begründung:

Die klagende Fürsorgeeinrichtung nimmt die beklagte Versicherungsgesellschaft beim Bezirksgericht Innere Stadt Wien nach § 332 ASVG auf Zahlung von Therapiekosten in Anspruch. Strittig ist ausschließlich die Frage, ob die von der Klägerin finanzierte Physiotherapie noch als Folge eines Unfalls anzusehen ist, für dessen Folgen die Beklagte einzustehen hat. Die Klägerin führt dazu das Unfallopfer, dessen Hausarzt und den Therapeuten als Zeugen, weiters beantragt sie die Einholung eines Gutachtens aus dem Fach der Unfallchirurgie. Alle Zeugen sind in Steyr ansässig.

Unter Hinweis auf den Wohnort der Zeugen beantragt die Klägerin , die Sache an das Bezirksgericht Steyr zu delegieren.

Die Beklagte spricht sich gegen die Delegierung aus. Die Einvernahme des Arztes und des Therapeuten sei nicht erforderlich. Das Unfallopfer werde von einem Sachverständigen zu untersuchen sein, wobei die Klägerin nicht vorgebracht habe, dass ein solcher im Nahebereich des Bezirksgerichts Steyr verfügbar sei. Zudem werde die Beklagte ohnehin beantragen, „zur größtmöglichen Wahrung der Unbefangenheit“ einen Sachverständigen „außerhalb des Großraumes Steyr/Linz“ zu bestellen. Im Übrigen gebe es beste Zug- und Straßenverbindungen zwischen Steyr und Wien, die Reisedauer betrage nur etwa zwei Stunden. Zudem würde bei einer Delegierung doppelter Einheitssatz anfallen, weil die Beklagte weiterhin das Einschreiten ihres bereits tätig gewordenen Vertreters „begehre“.

Das Erstgericht spricht sich gegen eine Delegierung aus, weil die Zeugen „relativ einfach und rasch“ nach Wien anreisen könnten.

Der Delegierungsantrag ist berechtigt .

Rechtliche Beurteilung

1. Nach § 31 Abs 1 JN kann auf Antrag einer Partei aus Gründen der Zweckmäßigkeit anstelle des zuständigen Gerichts ein anderes Gericht gleicher Gattung zur Verhandlung und Entscheidung bestimmt werden. Zweckmäßigkeit liegt vor, wenn die Zuständigkeitsübertragung zu einer wesentlichen Verkürzung des Prozesses, zur Erleichterung des Gerichtszugangs und der Amtstätigkeit oder zu einer wesentlichen Verbilligung des Rechtsstreits beitragen kann. Maßgebend dafür sind insbesondere der Wohnort der Parteien und der zu vernehmenden Zeugen, allenfalls auch die Lage eines Augenscheinsgegenstands (RS0046540; RS0046333 [T1, T2]). Die Wahrung des Unmittelbarkeitsgrundsatzes ist in diesem Zusammenhang wichtiger als die Einhaltung der örtlichen Zuständigkeitsordnung (RS0046333 [T3]), der Kanzleisitz der Parteienvertreter ist regelmäßig irrelevant (RS0046333 [T13]).

2. Im vorliegenden Fall sind alle bisher geführten Zeugen im Sprengel des Bezirksgerichts Steyr ansässig; dass ihre Einvernahme von vornherein als irrelevant zu unterbleiben hätte, lässt sich aus dem Vorbringen der Klägerin nicht ableiten. Auch für die Erstellung des beantragten Gutachtens, die wohl mit einer Untersuchung des Unfallopfers verbunden sein wird, kommt zweifellos ein Sachverständiger aus dem Raum Steyr/Linz in Betracht. Weshalb gerade in dieser Sache ein auch räumlich „neutraler“ Gutachter erforderlich sein sollte, ist nicht erkennbar. Damit überwiegen eindeutig die Gründe für eine Delegierung. Dem Antrag ist daher stattzugeben.

Rückverweise