9ObA122/19k – OGH Entscheidung
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Hopf als Vorsitzenden, den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. Hargassner und die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Mag. Korn sowie die fachkundigen Laienrichter Mag. Thomas Stegmüller und Mag. Michaela Puhm als weitere Richter in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei *****, vertreten durch Dr. Josef-Michael Danler, Rechtsanwalt in Innsbruck, gegen die beklagten Parteien 1. Universität *****, vertreten durch Dr. Andreas Kolar, Rechtsanwalt in Innsbruck, und 2. *****, vertreten durch Dr. Andreas König und andere, Rechtsanwälte in Innsbruck, wegen Feststellung und Leistung (Gesamtstreitwert 31.000 EUR), über die außerordentliche Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Innsbruck als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 12. August 2019, GZ 15 Ra 22/19a 35, in nichtöffentlicher Sitzung den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Die außerordentliche Revision der klagenden Partei wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.
Text
Begründung:
Die Erstbeklagte schrieb im Juli 2017 die Stelle einer/eines Universitätsprofessorin/Universitätsprofessors gemäß § 99 Abs 4 UG 2002 (hier vorgesehen für Assoziierte ProfessorInnen der Erstbeklagten) aus, auf die sich (ua) der Kläger und der Zweitbeklagte bewarben. Die Bewerbung des Klägers wurde vom Rektor der Erstbeklagten nicht berücksichtigt, weil die Bewerbung den Ausschreibungsbedingungen nicht entsprach. Der Kläger war nicht Assoziierter Professor der Erstbeklagten. Die Erstbeklagte schloss mit Wirksamkeit vom 1. 4. 2018 mit dem Zweitbeklagten einen privatrechtlichen Arbeitsvertrag ab.
Im vorliegenden Verfahren begehrt der Kläger die Feststellung, dass der zwischen der Erst- und dem Zweitbeklagten abgeschlossene Arbeitsvertrag nichtig sei,
in eventu die Feststellung, dass das diesbezügliche Berufungsverfahren mit rechtserheblichen Mängeln behaftet sei,
in eventu dass die Erstbeklagte schuldig sei, mit dem Kläger Berufungsverhandlungen aufzunehmen, sowie
in eventu dass die Erstbeklagte schuldig sei, die im Mitteilungsblatt ausgeschriebene „Stelle einer/eines Universitätsprofessorin/Universitätsprofessors“ neu auszuschreiben.
Die Vorinstanzen wiesen die Klagebegehren ab. Für die begehrten Feststellungen fehle dem Kläger das rechtliche Interesse. Da der Kläger selbst behaupte, dass ihm kein Leistungsanspruch (Verdienstentgang) zukomme, weil eine Einstellungsverpflichtung der Erstbeklagten zu seinen Gunsten aufgrund der universitären Privatautonomie nicht existiere, habe er auch weder einen Anspruch auf Aufnahme von Berufungsverhandlungen noch einen solchen auf Neuausschreibung. Die ordentliche Revision ließ das Berufungsgericht nicht zu.
Rechtliche Beurteilung
In seiner dagegen gerichteten außerordentlichen Revision zeigt der Kläger keine erhebliche Rechtsfrage im Sinn des § 502 Abs 1 ZPO auf:
1. Bereits in der Entscheidung 9 ObA 83/18y (krit Schweighofer , N@HZ 2018/4 [Hre]) hat sich der Senat mit der Frage auseinandergesetzt, ob der Kläger, der sich auf eine im Jahr 2008 von der Erstbeklagten ausgeschriebene Stelle einer/eines Universitätsprofessorin/Universitätsprofessors beworben hatte, aber im Berufungsverfahren nach § 98 UG 2002 einem Mitbewerber (damals Zweitbeklagter) unterlegen war, ein rechtliches Interesse an der Feststellung der Nichtigkeit des zwischen dem Erst- und dem damaligen Zweitbeklagten abgeschlossenen Arbeitsvertrags hatte. Dies wurde verneint. Grundsätzlich könne auch ein an einem Rechtsgeschäft nicht beteiligter Dritter dessen Nichtigkeit geltend machen, wenn er ein rechtliches Interesse an der Nichtigerklärung habe. Das zum Gegenstand einer Feststellungsklage gemachte Rechtsverhältnis muss eine unmittelbare rechtliche Wirkung auf die Rechtsstellung des Klägers ausüben, es muss also geeignet sein, die Beeinträchtigung der Rechtssphäre durch den Gegner zu beenden und einen künftigen weiteren Rechtsstreit zu vermeiden. Ein solches Begehren ist daher nur dann zulässig, wenn das festzustellende Recht oder Rechtsverhältnis die Rechtssphäre des Klägers unmittelbar berührt (9 ObA 83/18y Pkt 2.). Selbst wenn man davon ausginge, dass die vom Kläger behaupteten Mängel des Berufungsverfahrens nach § 98 UG 2002 zur Unwirksamkeit des zwischen den Beklagten abgeschlossenen Arbeitsvertrags führten, mangelt es seinem Feststellungsbegehren an einem rechtlichen Interesse, das diesen Grundsätzen standhielte, weil seine Rechtsposition von der begehrten Feststellung nicht unmittelbar berührt würde (9 ObA 83/18y Pkt 3.).
2.1. Diese Überlegungen gelten auch für die hier gegenständlichen Feststellungsbegehren des Klägers. Selbst wenn man davon ausginge, dass die vom Kläger behaupteten und allenfalls festgestellten Mängel des Berufungsverfahrens nach § 99 Abs 4 UG 2002 zur Unwirksamkeit des zwischen den Beklagten abgeschlossenen Arbeitsvertrags führten, zeigt seine außerordentliche Revision kein rechtliches Interesse auf, das die Rechtssphäre des Klägers unmittelbar berühren würde. Die Beurteilung der Vorinstanzen, die Erstbeklagte sei auch diesfalls nicht verpflichtet, mit dem Kläger (neue) Berufungsverhandlungen aufzunehmen oder die ausgeschriebene „Stelle einer/eines Universitätsprofessorin/ Universitätsprofessors“ neu auszuschreiben, ist nicht zu beanstanden und wird in der außerordentlichen Revision des Klägers auch nicht in Frage gestellt.
2.2. Die Entscheidung 9 ObA 83/18y steht auch nicht in Widerspruch zur Entscheidung 8 ObA 1/08t, weil sich im letztgenannten Verfahren die (vermeintlichen) Vertragspartner gegenüber standen.
3. Den verfassungsrechtlichen Bedenken des Klägers zum abgekürzten Berufungsverfahren nach § 99 Abs 4 Satz 1 UG 2002 ist der Verfassungsgerichtshof nicht beigetreten (VfGH 11. 6. 2019 G 106/2019-7, V 26/2019 7).
4. Die unionsrechtlichen Überlegungen der Revision vermögen nicht darzulegen, weshalb sich die Rechtsposition des Klägers bei Bejahung seiner Feststellungsbegehren verbessern würde. Der Senat sieht sich nicht veranlasst, der Anregung auf Einholung einer Vorabentscheidung des EuGH näher zu treten.
Mangels Geltendmachung einer erheblichen Rechtsfrage im Sinn des § 502 Abs 1 ZPO ist die außerordentliche Revision des Klägers zurückzuweisen. Einer weiteren Begründung bedarf diese Zurückweisung nicht (§ 510 Abs 3 Sätze 3 und 4 ZPO).