17Ob1/19z – OGH Entscheidung
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch die Präsidentin Hon. Prof. Dr. Lovrek als Vorsitzende und die Hofräte Dr. Musger und Dr. Rassi, die Hofrätin Dr. Kodek und den Hofrat Dr. Stefula als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei M***** B*****, vertreten durch Mag. Oliver Lorber, Rechtsanwalts GmbH in Klagenfurt, gegen die beklagte Partei Dr. M***** S*****, vertreten durch Dr. Karlheinz de Cillia und Mag. Michael Kalmann, Rechtsanwälte in Klagenfurt am Wörthersee, wegen Feststellung einer Insolvenzforderung, im Verfahren über die Revision des Beklagten gegen das Urteil des Landesgerichts Klagenfurt als Berufungsgericht vom 26. September 2018, GZ 2 R 200/17i 31, mit welchem das Urteil des Bezirksgerichts Villach vom 25. September 2017, GZ 9 C 454/16t 23, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Aus Anlass der Revision werden das Urteil des Berufungsgerichts und das Berufungsverfahren als nichtig aufgehoben. Die vom Insolvenzverwalter erhobene Berufung wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Berufungs- und des Revisionsverfahrens werden gegeneinander aufgehoben.
Text
Begründung:
In einem Prüfungsprozess iSv § 110 IO gab das Erstgericht dem Klagebegehren statt. Der Insolvenzverwalter erhob dagegen am 23. Oktober 2017 Berufung.
Das Erstgericht hatte das dem Prüfungsprozess zugrunde liegende Schuldenregulierungsverfahren schon mit Beschluss vom 14. September 2017 nach § 139 IO aufgehoben, wobei es diesen Beschluss noch am selben Tag in der Insolvenzdatei bekanntmachte (§ 123 Abs 1 Satz 1 IO). Rechtsmittel wurden nicht erhoben. Am 17. November 2017 merkte das Erstgericht die Rechtskraft der Aufhebung in der Insolvenzdatei an (§ 123 Abs 1 Satz 2 IO).
Das Berufungsgericht, dem die Aufhebung des Insolvenzverfahrens offenkundig nicht bekannt war, gab der Berufung nicht Folge und sprach aus, dass die Revision aus einem näher bezeichneten Grund zulässig sei.
Auch das Berufungsurteil wurde den Vertretern des Insolvenzverwalters zugestellt. Die in seinem Namen erhobene Revision wies der Senat mit Beschluss vom 28. Februar 2019, 17 Ob 1/19z, zurück. Aus Anlass der Revision stellte er die Bezeichnung des Beklagten auf den Schuldner richtig.
In weiterer Folge gaben die Vertreter des (ehemaligen) Verwalters bekannt, dass sie nun auch den Schuldner verträten, und erhoben nach (neuerlicher) Zustellung des Berufungsurteils in seinem Namen Revision. Sie beantragen die Abweisung des Klagebegehrens, hilfsweise eine Aufhebung in die zweite oder erste Instanz.
Die Klägerin beantragt in der Revisionsbeantwortung primär die Zurückweisung der Revision mangels „Legitimation“, da sich der Beklagte nicht am Berufungsverfahren beteiligt habe; richtigerweise wäre schon die Berufung des Insolvenzverwalters zurückzuweisen gewesen. Hilfsweise beantragt sie, die Revision mangels erheblicher Rechtsfrage zurückzuweisen, wieder hilfsweise, ihr nicht Folge zu geben.
Rechtliche Beurteilung
Aus Anlass der Revision sind das Urteil des Berufungsgerichts und das Berufungsverfahren als nichtig aufzuheben, und die Berufung des Insolvenzverwalters ist zurückzuweisen .
1. Wie bereits im Beschluss vom 28. Februar 2019, 17 Ob 1/19z, dargelegt, ist auf die Insolvenzaufhebung und ihre Folgen in jeder Lage des Verfahrens von Amts wegen Bedacht zu nehmen (RIS Justiz RS0065564 [T3]). Die Funktion des Insolvenzverwalters hat mit Rechtskraft der Aufhebung geendet (3 Ob 82/08t Pkt e; G. Kodek in Buchegger 4 IV § 139 KO Rz 20; Stefula in KLS § 123 Rz 10). Er war daher ab diesem Zeitpunkt nicht mehr zum Erheben eines Rechtsmittels legitimiert.
2. Damit hat schon die Berufung eine dazu nicht (mehr) legitimierte Person erhoben. Die Berufung war daher unzulässig iSv § 471 Z 2 iVm § 472 ZPO ( Pimmer in Fasching/Konecny , ZPO 2 § 471 Rz 8; A. Kodek in Rechberger/Klicka , ZPO 5 § 472 Rz 1). Die dadurch begründete Nichtigkeit des Berufungsverfahrens und des Berufungsurteils ist aus Anlass der Revision wahrzunehmen, und die unzulässige Berufung des Insolvenzverwalters ist zurückzuweisen.
3. Die Kosten der beiden Rechtsmittelverfahren sind nach § 51 Abs 2 ZPO gegeneinander aufzuheben.