11Os128/19m – OGH Entscheidung
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat am 5. November 2019 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Schwab als Vorsitzenden sowie die Vizepräsidentin des Obersten Gerichtshofs Mag. Marek, die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Dr. Bachner-Foregger und Mag. Fürnkranz und den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. Oberressl als weitere Richter in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Schrott als Schriftführerin in der Strafsache gegen G***** wegen des Verbrechens der Vergewaltigung nach §§ 15, 201 Abs 1, Abs 2 erster Fall StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Wien als Schöffengericht vom 21. August 2019, GZ 36 Hv 5/19w 69, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.
Zur Entscheidung über die Berufung werden die Akten dem Oberlandesgericht Wien zugeleitet.
Dem Angeklagten fallen die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Text
Gründe:
Mit dem angefochtenen Urteil wurde G***** des Verbrechens der Vergewaltigung nach §§ 15, 201 Abs 1, Abs 2 erster Fall StGB schuldig erkannt, zu einer Freiheitsstrafe verurteilt und gemäß § 21 Abs 2 StGB eingewiesen.
Danach hat er am 12. März 2019 in Wien Ga***** mit Gewalt zur Duldung des Beischlafs zu nötigen versucht, indem er sie zu Boden riss, sich auf sie kniete, ihr mehrere Faustschläge gegen den Kopf versetzte, sie anschließend an ihren Haaren packte und in einen Nebenraum schleifte, sich neuerlich auf ihren Oberkörper kniete und versuchte sie zu entkleiden, um mit seinem Penis vaginal in sie einzudringen, wobei es nur deshalb beim Versuch blieb, weil es dem Opfer gelang sich zu wehren, und wodurch Ga***** eine 24 Tage übersteigende Gesundheitsschädigung, nämlich eine posttraumatische Belastungsstörung F 43.1. erlitt.
Rechtliche Beurteilung
Dagegen richtet sich die auf § 281 Abs 1 Z 4, 5 und 10 StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten.
Der Verfahrensrüge (Z 4) zuwider wurde durch die (der einleitenden Kritik der Beschwerde zuwider durchaus erfolgte: ON 68 S 8; vgl dazu im Übrigen RIS Justiz RS0121628) Abweisung des Antrags „auf Einholung eines psychiatrisch psychologischen Obergutachtens, zum Beweis dafür, dass die Persönlichkeitsstörung des Angeklagten ihn in seiner Lebensgestaltung nicht so gravierend beeinflusst, dass … eine höhergradige Abnormität …, eine qualifizierte Gefährlichkeit nicht vorliege“ (ON 68 S 7) Verteidigungsrechte nicht verletzt
, zumal das vom Beschwerdeführer als widersprüchlich zum aktuellen Gutachten (ON 28) ins Treffen geführte Gutachten aus dem Verfahren AZ 31 Hv 159/10t (!) des Landesgerichts für Strafsachen Wien stammt. Ein Antrag auf Einholung eines weiteren Gutachtens wäre nur dann aussichtsreich, wenn er einen Mangel im Befund oder Gutachten des in diesem Verfahren beigezogenen Sachverständigen aufzeigt (vgl RIS Justiz RS0117263; Hinterhofer , WK StPO § 127 Rz 31 f). Da solche Mängel im Beweisantrag nicht dargelegt wurden, lief das Begehren auf eine im Hauptverfahren nicht vorgesehene Erkundungsbeweisführung hinaus (vgl RIS Justiz RS0117263 [T17]).
Das die Gesamtheit der Entscheidungsgründe ignorierende (US 7 f, 9 f; RIS Justiz RS0116504; Ratz , WK StPO § 281 Rz 419) Beschwerdevorbringen (Z 5), das Erstgericht hätte „keine konkreten Feststellungen zum angeblich vorliegenden Vorsatz“ getroffen, es lägen nur „Scheinbegründungen“ vor und der Angeklagte hätte aufgrund seiner Erkrankung und Alkoholgenusses „überhaupt nicht mit dem Vorsatz gehandelt, eine Vergewaltigung zu begehen“
, zeigt kein
Begründungsdefizit im Sinn der Anfechtungskategorien des herangezogenen Nichtigkeitsgrundes auf, sondern greift lediglich nach Art einer im kollegialgerichtlichen Verfahren gesetzlich nicht vorgesehenen Berufung wegen des Ausspruchs über die Schuld die Beweiswürdigung der Tatrichter an.
Das weitere, als „Nichtigkeit nach § 281 Z 10 StPO“ bezeichnete Vorbringen, der Angeklagte hätte die „Situation völlig falsch eingeschätzt“, hätte „gedacht, dass das Opfer freiwillig mit ihm Sex“ haben wollte, vorsätzliches Handeln sei ausgeschlossen und er daher freizusprechen, verkennt gänzlich die Kriterien prozessordnungsgemäßer Ausführung von Rechts- und Subsumtionsrüge (RIS-Justiz RS0099810) und entzieht sich daher einer Erwiderung.
Auf die der Rechtsmittelschrift der Verteidigerin beigelegte „Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung“ des Angeklagten sowie deren mehrfache „Ergänzung“ bzw „Verbesserung“ war keine Rücksicht zu nehmen, weil § 285 Abs 1 StPO nur eine einzige, zwingend von einem Verteidiger vorzunehmende (§ 61 Abs 1 Z 6, § 285a Z 3 StPO) Ausführung der Beschwerdegründe kennt (RIS Justiz RS0100216, RS0100175, RS0100046; Ratz , WK-StPO § 285 Rz 6). Eigene Rechtsmittelausführungen des Angeklagten sind nicht Teil der von der Verteidigerin eingebrachten Beschwerdeschrift und jedenfalls unbeachtlich.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 390a Abs 1 StPO.