8Ob86/19h – OGH Entscheidung
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten Hon. Prof. Dr. Kuras als Vorsitzenden, die Hofrätinnen Dr. Tarmann Prentner und Mag. Korn, den Hofrat Dr. Stefula und die Hofrätin Mag. Wessely Kristöfel als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei B***** AG, *****, vertreten durch Jandl Schöberl Rechtsanwälte GmbH in Wien, gegen die erstbeklagte Partei B***** GmbH in Liquidation, *****, vertreten durch Dr. Monika Hupfauf, Rechtsanwältin in Wien, als Verfahrenshelferin, diese vertreten durch Mag. Dr. Günter Harrich, Rechtsanwalt in Wien, wegen 214.873,22 EUR sA, über die außerordentliche Revision der erstbeklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht vom 10. Juli 2018, GZ 133 R 66/19g 72, den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.
Begründung:
Rechtliche Beurteilung
1. Die Revisionswerberin vermag mit ihrer bloßen – nicht weiter ausgeführten – Behauptung, die Vorinstanzen seien von der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs zu den Informationspflichten eines vorgeschalteten Vermögensberaters und der Bank beim Abschluss bzw während der Laufzeit eines Fremdwährungskredits abgewichen, keine erhebliche Rechtsfrage im Sinn des § 502 Abs 1 ZPO aufzuzeigen (RIS Justiz RS0043654 [T5]; RS0042779).
2.1 Die Erstbeklagte wendet sich gegen die Beurteilung des Berufungsgerichts, sie habe den wegen der unterbliebenen Einvernahme dreier beantragter Zeugen geltend gemachten Berufungsgrund der Mangelhaftigkeit des erstinstanzlichen Verfahrens nicht gesetzmäßig ausgeführt, und zwar mit dem Argument, dass sie das Beweisthema dieser Zeugen bereits in der Klagebeantwortung hinreichend bestimmt dargelegt habe. Dabei übersieht die Erstbeklagte aber, dass ihr das Berufungsgericht nicht nur die Unbestimmtheit des Beweisanbots vorgehalten hat, sondern den Umstand, dass sie in der Berufung nichts zur Relevanz des geltend gemachten Verfahrensfehlers vorgetragen hat.
Der Rechtsmittelwerber muss in der Berufung nachvollziehbar aufzeigen, in welcher Hinsicht sich bei Unterbleiben des behaupteten Verfahrensfehlers eine abweichende Sachverhaltsgrundlage ergeben hätte (RS0043039 [T5]). Diesem Erfordernis hat die Berufung aber nicht entsprochen, weil darin nicht aufgezeigt wurde, zu welchen abweichenden, für den Prozessstandpunkt der Erstbeklagten günstigen Tatsachenfeststellungen das Erstgericht im Fall der Durchführung der beantragten Beweise gelangt wäre.
2.2 Eine bloß mangelhafte und unzureichende Beweiswürdigung kann im Revisionsverfahren nicht angefochten werden (RS0043371). Die Entscheidung des Berufungsgerichts über eine Beweisrüge ist mängelfrei, wenn es sich mit dieser überhaupt befasst, die Beweiswürdigung des Erstgerichts überprüft und nachvollziehbare Überlegungen über die Beweiswürdigung anstellt und in seinem Urteil festhält (RS0043150). Das Berufungsgericht ist dabei nicht verpflichtet, sich mit jedem einzelnen Beweisergebnis und jedem Argument des Berufungswerbers auseinanderzusetzen (RS0043150 [T2]).
Die Erstbeklagte beanstandet, wiederum ohne nähere Ausführungen, dass das Berufungsgericht auf die zweite von drei von ihr erhobenen Tatsachenrügen nicht eingegangen sei.
Von einer (gänzlichen) Nichterledigung der Beweisrüge kann aber nicht gesprochen werden: Das Berufungsgericht hat die erste und die zweite bekämpfte Feststellung offenbar unter einem abgehandelt. Das geht nicht zuletzt daraus hervor, dass es ausdrücklich auch die zur zweiten bekämpften Feststellung beantragte Ersatzfeststellung (nämlich dass die Klägerin eine Beratung über den Fremdwährungskredit unterlassen habe) anführt, für die es erkennbar keine Anhaltspunkte fand, weil es gegen die Beweiswürdigung des Erstgerichts keine Bedenken hegte.
2.3 Ein relevanter Verfahrensfehler des Berufungsgerichts wird damit nicht dargelegt.
3. Das Erstgericht hat festgestellt, dass die Erstbeklagte bereits im Jahr 2013 und auch zum Zeitpunkt, als über eine Lastenfreistellung gesprochen wurde, mit den vereinbarten Kreditratenrückzahlungen in Verzug war, die Klägerin ihr gegenüber mit Schreiben vom 20. 2. 2015 den Kredit über 211.085,68 EUR inklusive Zinsen bis 31. 12. 2014 binnen 14 Tagen fällig stellte und zum Zeitpunkt der Klagseinbringung am 2. 9. 2015 ein Betrag von 214.873,22 EUR auf dem Kreditkonto aushaftete.
Zu Unrecht behauptet die Erstbeklagte daher, dass keine Feststellungen zum Zahlungsverzug als Voraussetzung für den Terminsverlust oder zum Zahlungsrückstand zum Zeitpunkt der Klagseinbringung getroffen worden wären.
4. Die außerordentliche Revision war daher zurückzuweisen.