JudikaturOGH

10ObS106/19i – OGH Entscheidung

Entscheidung
15. Oktober 2019

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Vizepräsidenten Dr. Neumayr als Vorsitzenden, die Hofrätinnen Dr. Grohmann und Dr. Fichtenau sowie die fachkundigen Laienrichter Mag. Martin Lotz (aus dem Kreis der Arbeitgeber) und Mag. Werner Pletzenauer (aus dem Kreis der Arbeitnehmer) als weitere Richter in der Sozialrechtssache der klagenden Partei Mag. C*****, vertreten durch Dr. Karl Ulrich Janovsky, Rechtsanwalt in Innsbruck, gegen die beklagte Partei Tiroler Gebietskrankenkasse, 6020 Innsbruck, Klara Pölt Weg 2, vertreten durch Altenweisl Wallnöfer Watschinger Zimmermann Rechtsanwälte GmbH in Innsbruck, wegen Kinderbetreuungsgeld, über die außerordentliche Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Innsbruck als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 5. Juni 2019, GZ 23 Rs 16/19b 21, den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.

Text

Begründung:

Gegenstand des Verfahrens ist die Rückforderung von 3.696 EUR an Kinderbetreuungsgeld, das der Klägerin anlässlich der am 10. 9. 2012 erfolgten Geburt ihrer Tochter M***** von 6. 11. 2012 bis 31. 12. 2012 als Ersatz des Erwerbseinkommens gewährt wurde.

Rechtliche Beurteilung

1. Die Vorinstanzen gingen von der Rechtzeitigkeit der gegen den Rückforderungsbescheid gerichteten Klage aus. Sie legten ihren Entscheidungen zugrunde, dass die wirksame Zustellung des Bescheids (ausnahmsweise) erst im Zeitpunkt der tatsächlichen Behebung des Schriftstücks erfolgt sei (§ 7 ZustG), weil infolge eines Zustellfehlers nicht die Zustellfiktion des § 17 Abs 3 Satz 3 ZustG (Zustellung des hinterlegten Dokuments mit dem ersten Tag der Abholfrist) eingreifen habe können.

Das erstmals in der Revision erstattete Vorbringen, der Zustellfehler sei allein der Klägerin zuzurechnen, weil derartige Fehler ungeachtet deren Beschwerden beim Postamt immer wieder aufgetreten seien (– nötig wären noch massivere Beschwerden oder die Errichtung eines eigenen Postfachs gewesen –) verstößt gegen das Neuerungsverbot (§ 482 Abs 2 ZPO; RS0042049).

2. Im Revisionsverfahren weiters noch strittig ist die Berechtigung der beklagten Gebietskrankenkasse, das Kinderbetreuungsgeld zurückzufordern, wenn die beziehende Mutter (Klägerin) ihre Einkünfte aus selbständiger Tätigkeit nicht innerhalb der zweijährigen Frist des § 8 Abs 1 Z 2 Satz 3 KBGG abgegrenzt hat und die maßgeblichen Einkünfte für das gesamte Kalenderjahr des Bezugs (nicht aber die für den Anspruchszeitraum iSd § 8 Abs 1 Z 1 Satz 4 iVm § 8 Abs 1 Z 2 letzter Satz KBGG ermittelten und auf das Kalenderjahr hochzurechnenden Einkünfte) die Zuverdienstgrenze des § 24 Abs 1 Z 3 KBGG (von damals 6.100 EUR) überstiegen.

2. Die Vorinstanzen verneinten dies im Sinn der ausführlich begründeten Entscheidung 10 ObS 146/17v vom 23. 5. 2018 und gaben dem Feststellungsbegehren der Klägerin, der Rückforderungsanspruch bestehe nicht zu Recht, statt.

3. Der Oberste Gerichtshof hat mittlerweile in mehreren Entscheidungen an den zu 10 ObS 146/17v dargelegten Grundsätzen festgehalten und die von der Beklagten auch hier gebrachten Argumente verworfen (RS0132593).

4. Die Revision war daher mangels Vorliegens einer erheblichen Rechtsfrage zurückzuweisen.

5. Der Vollständigkeit halber ist anzumerken, dass infolge zwischenzeitiger Änderung des Kinderbetreuungsgeldgesetzes durch das Bundesgesetz BGBl I 2019/75 der Nachweis der Abgrenzung der Einkünfte (§ 8 Abs 1 Z 2 KBGG) durch den Elternteil, der das Kinderbetreuungsgeld als Ersatz des Erwerbseinkommens bezogen hat, für Geburten von 1. 1. 2012 bis 28. 2. 2017 nunmehr bis zum 31. 12. 2025 erbracht werden kann (§ 50 Abs 24 KBGG idF BGBl I 2019/75).

Rückverweise