11Os114/19b – OGH Entscheidung
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat am 8. Oktober 2019 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Schwab als Vorsitzenden sowie die Vizepräsidentin des Obersten Gerichtshofs Mag. Marek, die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Dr. Bachner-Foregger und Mag. Fürnkranz und den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. Oberressl als weitere Richter in Gegenwart des Richteramtsanwärters Mag. Sysel als Schriftführer in der Strafsache gegen Bon Fils S***** und Carina H***** wegen des Verbrechens des Raubes nach § 142 Abs 1 StGB und weiterer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerden und die Berufungen der Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichts Klagenfurt als Schöffengericht vom 23. April 2019, GZ 17 Hv 21/19t 43, weiters über die Beschwerde des Angeklagten S***** gegen einen Beschluss nach § 494a StPO nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Die Nichtigkeitsbeschwerden werden zurückgewiesen.
Zur Entscheidung über die Berufungen und die Beschwerde werden die Akten dem Oberlandesgericht Graz zugeleitet.
Den Angeklagten fallen die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Text
Gründe:
Mit dem angefochtenen Urteil wurden die Angeklagten Bon Fils S***** und Carina H***** des Verbrechens des Raubes nach § 142 Abs 1 StGB (II./), der Erstangeklagte darüber hinaus des Verbrechens der schweren Körperverletzung nach § 84 Abs 4 StGB (I./1./) sowie der Vergehen der Körperverletzung nach § 83 Abs 1 StGB (I./2./ und 3./) schuldig erkannt.
Danach hat bzw haben in K*****
I./ S***** andere vorsätzlich am Körper verletzt, und zwar,
1./ am 25. Oktober 2018 Naser C***** durch das Versetzen von heftigen Faustschlägen gegen dessen Gesicht und dadurch, wenn auch nur fahrlässig, bei C***** eine an sich schwere Körperverletzung, und zwar den Verlust von zwei Schneidezähnen sowie die Lockerung von zwei weiteren Zähnen herbeigeführt;
2./ am 18. Dezember 2018 den Martin K***** durch das Versetzen eines Faustschlags gegen den Kopf, wodurch der Genannte eine blutende Wunde im Kopfbereich erlitt;
3./ am 13. Februar 2019 den Gerhard B***** durch das Versetzen von mehreren Faustschlägen gegen dessen Kopf und Körper, wodurch der Genannte zumindest Prellungen im Kopfbereich erlitt;
II./ S***** und H***** am 1. Februar 2019 im bewussten und gewollten Zusammenwirken Michael T***** mit Gewalt gegen seine Person, nämlich durch Versetzen zahlreicher Schläge gegen den Körper, eine fremde bewegliche Sache, nämlich eine Kugel Kokain mit auf unrechtmäßige Bereicherung gerichtetem Vorsatz weggenommen.
Dagegen richtet sich die auf § 281 Abs 1 Z 5 und 9 lit b StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde des Erstangeklagten und die auf § 281 Abs 1 Z 9 lit a StPO der Zweitangkelagten.
Rechtliche Beurteilung
Zur Nichtigkeitsbeschwerde des Erstangeklagten:
Insoweit die zu I./1./ und I./3./ ausgeführte Mängelrüge (Z 5) behauptet, das Erstgericht hätte jeweils die leugnende Verantwortung des Erstangeklagten und ihn entlastende Depositionen der Zweitangeklagten sowie eines Zeugen „völlig ignoriert“ verfehlt sie schon mangels Betrachtung der Gesamtheit der Entscheidungsgründe die prozessordnungsgemäße Ausführung (RIS Justiz RS0119370, RS0116504), weil sich die Tatrichter mit diesen Aussagen gar wohl auseinandersetzten (US 9 f, 11). Dies trifft auch auf das zu II./ erstattete Vorbringen zu (US 12 bis 14), „die Einvernahme des Erstangeklagten aber auch jene der Zweitangeklagten [sei] vollkommen unberücksichtigt gelassen“ worden. Ingesamt wird kein Begründungsdefizit im Sinn der Anfechtungskategorien des herangezogenen Nichtigkeitsgrundes aufgezeigt, sondern lediglich nach Art einer im kollegialgerichtlichen Verfahren gesetzlich nicht vorgesehenen Berufung wegen des Ausspruchs über die Schuld die Beweiswürdigung der Tatrichter angegriffen (vgl im Übrigen RIS-Justiz RS0099455).
Die zu I./1./ und I./3./ – an die Ausführungen der Mängelrüge, selbst aber begründungslos anschließende – ausgeführte Rechtsrüge („Z 9b“), „es muss [jeweils] ein Schuldausschließungsgrund, nämlich jener der Notwehr, vorliegen“, verfehlt gleichermaßen die Ausrichtung am Verfahrensrecht, indem sie sich über die Konstatierungen des Erstgerichts hinwegsetzt (RIS Justiz RS0099810).
Zu I./2./ wird trotz des das gesamte Urteil umfassenden Aufhebungsantrags
kein Vorbringen erstattet, weshalb auf die Beschwerde in diesem Umfang keine Rücksicht zu nehmen war (§§ 285 Abs 1, 285a Z 2 StPO).
Zur Nichtigkeitsbeschwerde der Zweitangeklagten:
Die Kritik der Rechtsrüge, es sei nicht festgestellt worden, ob die Zweitangeklagte einen „Vermögensschaden bewirken wollte“, es sei „nicht abschließend geklärt, in wessen Eigentum das … Kokain überhaupt war“ und die Zweitangeklagte habe davon ausgehen können, dass sich „das Kokain ohnehin in ihrem Eigentum befindet“, übergeht ebenfalls die entsprechenden Feststellungen des Erstgerichts (US 7, 14). Auch hier liegt keine prozessordnungsgemäße Darstellung dieses Beschwerdegrundes vor, indem im Urteil konstatierte Tatsachen bloß bestritten oder schlicht übergangen werden (RIS Justiz RS0099810 [T15]).
Die Nichtigkeitsbeschwerden waren daher bereits bei nichtöffentlicher Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO), woraus die Zuständigkeit des Oberlandesgerichts zur Erledigung der Berufungen und der Beschwerde folgt (§§ 285i, 498 Abs 3 StPO).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 390a Abs 1 StPO.