11Os110/19i – OGH Entscheidung
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat am 8. Oktober 2019 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Schwab als Vorsitzenden sowie die Vizepräsidentin des Obersten Gerichtshofs Mag. Marek, die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Dr. Bachner Foregger und Mag. Fürnkranz und den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. Oberressl als weitere Richter in Gegenwart des Schriftführers Richteramtsanwärter Mag. Sysel in der Strafsache gegen David I***** L***** wegen des Verbrechens des Raubes nach § 142 Abs 1, Abs 2 StGB und weiterer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Wien als Schöffengericht vom 5. Juni 2019, GZ 143 Hv 7/19a 36, sowie über dessen Beschwerde gegen einen Beschluss gemäß § 494a StPO in nichtöffentlicher Sitzung den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.
Zur Entscheidung über die Berufung und die Beschwerde werden die Akten dem Oberlandesgericht Wien zugeleitet.
Dem Angeklagten fallen die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Text
Gründe:
Mit dem angefochtenen Urteil wurde David I***** L***** jeweils eines Verbrechens des Raubes nach § 142 Abs 1, Abs 2 StGB (A/1) und der Erpressung nach § 144 Abs 1 StGB (A/2) sowie des Vergehens des Diebstahls durch Einbruch nach §§ 127, 129 Abs 1 Z 2 StGB (B) schuldig erkannt.
Danach hat er in Wien
A) am 29. Oktober 2018
1) mit Gewalt und durch Drohung mit gegenwärtiger Gefahr für Leib oder Leben anderen fremde bewegliche Sachen, und zwar „Dominique“ Li***** 1 Euro, Alexander La***** 0,60 Euro sowie Kopfhörer im Wert von ca 30 Euro und Kevin W***** Bargeld mit auf unrechtmäßige Bereicherung gerichtetem Vorsatz abgenötigt bzw weggenommen oder dies versucht, indem er die Übergabe der Gegenstände forderte und ankündigte, dass er ihnen die Kiefer brechen und sie schlagen werde, Alexander La***** aufhob und in ein Gebüsch warf, Dominik Li***** Schläge gegen den Hinterkopf und gegen die Arme sowie Kevin W***** einen Schlag gegen den Oberkörper versetzte und die Opfer durchsuchte, um ihnen die Wertgegenstände abzunehmen, wobei W***** kein Bargeld bei sich hatte, und er den Raub ohne Anwendung erheblicher Gewalt an einer Sache geringen Wertes beging und die Tat nur unbedeutende Folgen nach sich zog;
2) mit dem Vorsatz, sich durch das Verhalten des Genötigten unrechtmäßig zu bereichern, Kevin W***** mit Gewalt und durch gefährliche Drohung, nämlich unter dem Eindruck der unter Punkt 1) dargestellten Gewalthandlungen gegen La*****, Li***** und W***** zu einer Handlung, nämlich der Beschaffung von Bargeld genötigt, „woraufhin Kevin W***** nach Hause fuhr, 5 Euro holte und David I***** L***** übergab“, wodurch Kevin W***** um diesen Betrag geschädigt wurde,
B) am 11. Dezember 2018 gemeinsam (§ 12 StGB) mit einem unbekannten Täter Peter S***** 216,70 Euro und Zigaretten durch Einbruch in ein Behältnis, nämlich einen Zigarettenautomaten mit auf unrechtmäßige Bereicherung gerichtetem Vorsatz weggenommen, indem der Mittäter einen Böller in den Ausgabeschlitz steckte und zündete, sodass der Automat vollständig zerstört wurde, und er und der Mittäter die Geldscheine sowie einige Packungen Zigaretten einsteckten.
Rechtliche Beurteilung
Dagegen richtet sich die auf § 281 Abs 1 Z 5 und 5a StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten.
Soweit die Beschwerde erhebliche Bedenken (Z 5a) gegen die zu A/1 und 2 getroffenen Feststellungen einwendet, indem sie die (anlässlich ihrer Vernehmungen vor der Kriminalpolizei und dem Gericht getätigten) Aussagen der Zeugen Li*****, La***** und W***** einer eigenständigen Bewertung unterzieht und die darauf bezogenen (eingehenden – US 9 ff) tatrichterlichen Erwägungen als nicht nachvollziehbar bzw nicht plausibel und unvertretbar kritisiert, verlässt sie den aus § 281 Abs 1 Z 5a StPO eröffneten Anfechtungsrahmen (RIS Justiz RS0099419, RS0099649, RS0106588 [T8, T9, T10], siehe auch RS0118780). Der – auch unter Hinweis auf die allgemeine Lebenserfahrung erhobene – Vorwurf an das Gericht, aus den Verfahrensergebnissen nicht andere (für den Nichtigkeitswerber günstigere) Schlüsse abgeleitet zu haben, stellt vielmehr bloß unzulässige (nach Art einer im kollegialgerichtlichen Verfahren nicht vorgesehenen Schuldberufung vorgetragene) Beweiswürdigungskritik dar (RIS Justiz RS0119583).
Dass die zur Annahme der (Mit )Täterschaft des Angeklagten bei dem zu B) inkriminierten Geschehen (US 3 f, 7 f) führenden Urteilserwägungen, die sich auf dessen äußerliche Übereinstimmung mit dem (von einer Überwachungskamera gefilmten) Täter betreffend Statur, Bewegungsmuster, Linkshändigkeit sowie den Besitz von Kleidungsstücken bezogen und weiters auf den Umstand stützten, dass das Mobiltelefon des Angeklagten zur Tatzeit in einer Funkzelle nahe dem Tatort eingeloggt war (US 14 f), aus Beschwerdesicht nicht stichhältig genug erscheinen und das dazu gebotene Aussageverhalten des Angeklagten (US 15 f) für ihn günstigere Schlüsse zugelassen hätte, stellt weder ein Begründungsdefizit (Z 5) her noch werden solcherart erhebliche Bedenken (Z 5a) gegen die Richtigkeit der getroffenen Feststellungen geweckt (erneut: RIS Justiz RS0119583; zum Erfordernis getrennter Ausführung der Nichtigkeitsgründe vgl im Übrigen RIS Justiz RS0115902).
Die Tatsache, dass der Zeuge G***** anlässlich seiner polizeilichen Vernehmung nicht angeben konnte, ob der Angeklagte mit der Sprengung des Zigarettenautomaten „zu tun“ hatte (ON 5 in ON 28 S 23 f), steht den zu B) getroffenen Urteilskonstatierungen nicht erörterungsbedürftig (Z 5 zweiter Fall – vgl RIS-Justiz RS0118316) entgegen.
Die Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten war daher bereits bei der nichtöffentlichen Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO), woraus die Zuständigkeit des Oberlandesgerichts zur Entscheidung über die Berufung und die Beschwerde folgt (§§ 285i, 498 Abs 3 StPO).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 390a Abs 1 StPO.