14Os94/19h – OGH Entscheidung
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat am 7. Oktober 2019 durch die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Mag. Hetlinger als Vorsitzende, den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Prof. Dr. Danek, die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Dr. Bachner Foregger, den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. Nordmeyer sowie die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Dr. Setz Hummel in Gegenwart des Schriftführers Bodinger in der Strafsache gegen Samuil M***** wegen des Verbrechens des sexuellen Missbrauchs von Unmündigen nach § 207 Abs 1 StGB und einer weiteren strafbaren Handlung über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichts St. Pölten als Schöffengericht vom 21. Mai 2019, GZ 13 Hv 25/19t 23, sowie über dessen Beschwerde gegen den zugleich mit dem Urteil ergangenen Beschluss auf Anordnung der
Bewährungshilfe (ON 23a) nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.
Zur Entscheidung über die Berufung und die Beschwerde werden die Akten dem Oberlandesgericht Wien zugeleitet.
Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Text
Gründe:
Mit dem angefochtenen Urteil, das auch einen verfehlten (vgl RIS Justiz RS0115553 [T2], RS0120128) Freispruch vom Vorwurf des (in Idealkonkurrenz begründeten) Missbrauchs eines Autoritätsverhältnisses enthält, wurde Samuil M***** des Verbrechens des sexuellen Missbrauchs von Unmündigen nach § 207 Abs 1 StGB schuldig erkannt.
Danach hat er am 20. September 2018 in E***** außer dem Fall des § 206 StGB an der 12 jährigen, somit unmündigen V***** T***** durch zweimaliges Betasten ihrer linken Brust oberhalb der Bekleidung geschlechtliche Handlungen vorgenommen.
Rechtliche Beurteilung
Die dagegen aus § 281 Abs 1 Z 4 und 9 lit a StPO ergriffene Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten verfehlt ihr Ziel.
Der Verfahrensrüge (Z 4) zuwider wurden durch die Abweisung des in der Hauptverhandlung gestellten Antrags auf „Auswertung“ des Mobiltelefons des Angeklagten, wobei „auch gelöschte Dateien wiederherzustellen und auszuwerten“ seien (ON 22 S 9), Verteidigungsrechte des Beschwerdeführers nicht verletzt.
Soweit der Antrag zum Beweis dafür gestellt wurde, „dass Fotos ausschließlich von ihr (T*****) und nicht vom Angeklagten aufgenommen wurden“, zielte er auf eine Kontrolle der Glaubwürdigkeit der Angaben des Tatopfers ab. Wenngleich eine Beweisführung zur Erschütterung der Glaubwürdigkeit der den Angeklagten belastenden Angaben grundsätzlich zulässig ist (vgl RIS Justiz RS0028345), ließen sich dem Antragsvorbringen keine – für den Erfolg eines solchen Begehrens erforderlichen (RIS Justiz RS0120109 [T3]) – konkreten Anhaltspunkte für die Annahme entnehmen, das Opfer hätte in Bezug auf eine entscheidende Tatsache, nämlich das Betasten seiner Brust, die Unwahrheit gesagt.
Mit dem weiteren Beweisthema, demzufolge die Auswertung auch ergeben solle, dass „der Vorfall sich nicht wie von der Zeugin T***** wiedergegeben zugetragen hat, … insbesondere die angeklagten Handlungen nicht begangen worden sind“, war der Antrag bloß auf eine unzulässige Erkundungsbeweisführung gerichtet (RIS Justiz RS0118444, RS0099453; Ratz , WK StPO § 281 Rz 330). Er legte nämlich weder dar, aus welchem Grund die Auswertung des Mobiltelefons – entgegen den Ergebnissen der Sichtung dieser Dateien durch die Polizei (vgl ON 14 S 7) – den Nachweis des Vorhandenseins von – für die vorgeworfene Tat relevanten – Fotos erbringen und weshalb es vorliegend möglich sein solle, gelöschte Dateien wiederherzustellen, noch warum allfällige Fotos erkennen lassen würden, dass der Angeklagte die ihm vorgeworfenen Handlungen nicht begangen habe.
Die in der Beschwerdeschrift zur Antragsfundierung nachgetragenen Ausführungen unterliegen dem Neuerungsverbot und sind daher unbeachtlich (RIS Justiz RS0099618).
Die Rechtsrüge (Z 9 lit a) behauptet, die Konstatierungen würden die rechtliche Unterstellung nach § 207 Abs 1 StGB nicht tragen, weil die Berührungen der Brust des Tatopfers, die auf der Kleidung und nicht direkt am Körper stattfanden, danach nicht die erforderliche Intensität erreicht hätten. Sie hält damit zum einen nicht am gesamten Urteilssachverhalt fest (RIS Justiz RS0099810), wonach der Angeklagte die bereits entwickelte und bekleidete Brust des zum Tatzeitpunkt 12 jährigen Opfers angriff und mit seiner Hand ohne weitere Bewegung circa fünf bis zehn Sekunden lang berührte und kurz darauf neuerlich oberhalb der Kleidung betastete, wobei zwar nicht festgestellt werden konnte, wie lange diese Berührung dauerte, sie jedoch „nicht bloß flüchtig“ war (US 3 f).
Aus welchem Grund diese Konstatierungen die Subsumtion nach § 207 Abs 1 StGB nicht tragen sollten (vgl dazu RIS Justiz RS0102141, RS0096677 [T11], RS0095733 [T9], RS0095186), erklärt die Beschwerde zum anderen mit dem bloßen Verweis auf die – der Annahme einer geschlechtlichen Handlung nach dem vorliegenden Urteilssachverhalt jedoch nicht entgegenstehende – Entscheidung 11 Os 11/13x nicht (RIS Justiz RS0116565).
Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher bereits bei nichtöffentlicher Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO). Daraus folgt die Zuständigkeit des Oberlandesgerichts zur Entscheidung über die Berufung sowie die – gemäß § 498 Abs 3 dritter Satz StPO als erhoben zu betrachtende – Beschwerde gegen den zugleich ergangenen Beschluss auf Anordnung der
Bewährungshilfe (§§ 285i, 498 Abs 3 letzter Satz StPO).
Der Kostenausspruch beruht auf § 390a Abs 1
StPO.