14Os80/19z – OGH Entscheidung
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat am 3. September 2019 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Prof. Dr. Danek als Vorsitzenden, die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Mag. Hetlinger, den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. Nordmeyer sowie die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Dr. Michel Kwapinski und Dr. Setz Hummel in Gegenwart der Schriftführerin Mag. Leitner in der Strafsache gegen Süleyman A***** wegen des Verbrechens des gewerbsmäßigen schweren Betrugs nach §§ 146, 147 Abs 1 und 2, 148 zweiter Fall, § 15 StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Landesgerichts Innsbruck als Schöffengericht vom 15. März 2019, GZ 39 Hv 130/18v 33, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.
Text
Gründe:
Mit dem angefochtenen Urteil wurde Süleyman A***** von dem wider ihn erhobenen Vorwurf freigesprochen, er habe von 17. Jänner 2015 bis 8. Juni 2018 in W***** mit auf unrechtmäßige Bereicherung gerichtetem Vorsatz gewerbsmäßig Verfügungsberechtigte der T***** GmbH durch Vortäuschung seiner Zahlungsfähigkeit und willigkeit sowie unter Verwendung falscher Daten, nämlich falscher Schreibweisen seines Namens und seiner (teils überdies nicht mehr aktuellen) Adresse sowie teils falscher Geburtsdaten, in im Urteil im Einzelnen dargestellten Angriffen in zwei Fällen zum Abschluss eines Mobilfunkvertrags und zur Ausfolgung eines Smartphones verleitet (Punkte 33 und 95) und in 101 weiteren Fällen zu verleiten versucht, wodurch die T***** GmbH „in einem 50.000 Euro übersteigenden Betrag an ihrem Vermögen geschädigt hätte werden sollen“.
Rechtliche Beurteilung
Die dagegen aus § 281 Abs 1 Z 5 und Z 9 lit a StPO ergriffene Nichtigkeitsbeschwerde der Staatsanwaltschaft ist nicht im Recht.
Entgegen dem Einwand der Mängelrüge (Z 5 zweiter Fall) sind weder die Konstatierungen zur Anzahl der Vertragsabschlussversuche des Angeklagten noch die Negativfeststellungen zur subjektiven Tatseite unvollständig begründet.
Soweit sich die Beschwerdeführerin dabei ausdrücklich auf Urteilsfeststellungen (zu den bei den „Bestellversuchen“ verwendeten Daten und zur fallweisen Benützung des PC des Thomas [richtig: ON 18] R*****; US 9, 10, 12) bezieht, ohne – den bekämpften Konstatierungen entgegenstehende – übergangene Verfahrensergebnisse deutlich und bestimmt zu nennen, macht sie den in Anspruch genommenen Nichtigkeitsgrund nicht geltend (RIS Justiz
RS0098646, RS0118316 [T5]).
Die Aussage des Angeklagten zum Fehlen der Erinnerung an die konkrete Zahl seiner Versuche, einen Mobilfunkvertrag abzuschließen, und seine Erklärungen für deren Häufigkeit haben die Tatrichter in ihre Überlegungen einbezogen (US 12). Aus welchem Grund seine Angaben zu den Rückmeldungen des Mobilfunkbetreibers via Internet ein mit Blick auf die Feststellungen zur subjektiven Tatseite
erhebliches und damit erörterungsbedürftiges Beweisergebnis darstellen sollten, ist nicht erkennbar und wird auch von der Rüge nicht erklärt.
Der weiters als übergangen reklamierte Auszug aus dem Exekutionsregister (ON 10) blieb nicht unberücksichtigt (US 9). Die (im Übrigen ohnehin konstatierte) Identität der exekutionsführenden Gläubiger ist unter diesem Aspekt ebenso irrelevant wie der derzeitige Stand der Exekutionsverfahren und eine – zudem erneut ohne Nennung darauf hinweisender Verfahrensergebnisse in den Raum gestellte – weiterhin bestehende Aushaftung der betriebenen Forderungen. Im Übrigen ging das Erstgericht ohnehin von finanziellen Verpflichtungen des Angeklagten in Höhe von 10.000 Euro im Urteilszeitpunkt aus (US 9).
Dessen (überwiegende) Beschäftigungslosigkeit, sein Bezug von Mindestsicherung in Höhe von 435 Euro im Monat sowie (implizit) seine Vermögenslosigkeit im inkriminierten Zeitraum wurden festgestellt (US 9), womit auch der Einwand des Fehlens einer Erörterung der solches indizierenden Vermögensverzeichnisse aus den Exekutionsakten (ON 7 und 10 in ON 7) ins Leere geht.
Der Umstand, dass der Angeklagte die inhaltliche Richtigkeit des – sowohl im als auch nach dem Tatzeitraum eingeleitete Exekutionsverfahren ausweisenden – Auszugs aus dem Exekutionsregister mit den Worten: „Es ist richtig, ich hatte viele, viele Schulden,“ bestätigte, sowie seine Einschätzung seiner Vermögensverhältnisse zum Zeitpunkt der Hauptverhandlung stehen den von der Beschwerde bekämpften Urteilsannahmen nicht erörterungsbedürftig entgegen.
Logische oder empirische Begründungsfehler werden mit diesem – (undifferenziert) nur nominell auch auf Z 5 vierter Fall gestützten – Vorbringen gleichfalls nicht aufgezeigt.
Aktenwidrigkeit im Sinn der Z 5 fünfter Fall liegt dann vor, wenn das Urteil den eine entscheidende Tatsache betreffenden Inhalt einer Aussage oder Urkunde in seinen wesentlichen Teilen unrichtig oder unvollständig wiedergibt (RIS Justiz RS0099431). Ein solches Fehlzitat spricht die Beschwerde mit dem Einwand, die Feststellung, wonach der Angeklagte im Tatzeitraum für Unterkunft und Verpflegung bei einem Elternteil nichts bezahlen musste, stehe im Widerspruch zum Akteninhalt, weil sich aus den Angaben des Angeklagten nur kostenlose Logis ergebe, gar nicht an.
Im Übrigen
bezieht sie sich insoweit nicht auf eine entscheidende Tatsache. Für die Negativfeststellungen zu einem auf unrechtmäßige Bereicherung, Täuschung und Schädigung gerichteten Vorsatz stellt die angenommene kostenlose Verpflegung des Angeklagten (aus den beweiswürdigenden Überlegungen in ihrer Gesamtheit ersichtlich; vgl US 12 ff) keine
notwendige Bedingung, sondern bloß einen Umstand dar, der das Erstgericht erst in der Gesamtschau einer Reihe von Indizien vom Nichtvorliegen der subjektiven Tatseite überzeugte. Die darauf bezogene Konstatierung ist daher auch unter diesem Aspekt kein Gegenstand der Mängelrüge ( Ratz , WK StPO § 281 Rz 410).
Da somit bereits die Bekämpfung der Urteilsannahmen zur subjektiven Tatseite scheitert, erübrigt sich eine Erörterung des weiteren – auf
Z 9 lit a gestützten – Beschwerdevorbringens.
Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher bereits bei der nichtöffentlichen Beratung zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO).