13Os43/19a – OGH Entscheidung
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat am 28. August 2019 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Prof. Dr. Lässig als Vorsitzenden sowie die Hofräte und die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Dr. Nordmeyer, Mag. Michel, Dr. Oberressl und Dr. Brenner in Gegenwart der Schriftführerin Mag. Rathgeb in der Strafsache gegen Murat K***** und andere Angeklagte wegen des Verbrechens des gewerbsmäßigen schweren Betrugs nach §§ 146, 147 Abs 1 Z 1, Abs 2, 148 zweiter Fall, § 12 zweiter Fall und § 15 StGB und weiterer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung der Angeklagten Bettina R***** sowie die Berufungen des Angeklagten Murat K***** und der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Landesgerichts Wels als Schöffengericht vom 17. Jänner 2019, GZ 13 Hv 107/17i 125, und die Beschwerde der Staatsanwaltschaft gegen den zugleich ergangenen Beschluss auf Absehen vom Widerruf bedingter Strafnachsicht nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.
Zur Entscheidung über die Berufungen und die Beschwerde werden die Akten dem Oberlandesgericht Linz zugeleitet.
Der Angeklagten Bettina R***** fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Text
Gründe:
Mit dem angefochtenen Urteil wurde Bettina R***** des Verbrechens des gewerbsmäßigen schweren Betrugs nach §§ 146, 147 Abs 1 Z 1, Abs 2, 148 zweiter Fall, § 12 zweiter Fall und § 15 StGB (A I 3 a bis 3 i) und des Vergehens der Hehlerei nach § 164 Abs 1 StGB (B) schuldig erkannt.
Danach hat sie – soweit für die Erledigung der Nichtigkeitsbeschwerde von Bedeutung – in A***** und andernorts
(A) I) 3) gewerbsmäßig mit auf unrechtmäßige Bereicherung gerichtetem Vorsatz zur Ausführung strafbarer Handlungen des Murat K***** bestimmt, der überwiegend unter Benutzung falscher Daten, nämlich fremder Identitäten bei Bestellungen über das Internet, Angestellte nachgenannter Unternehmen zu Handlungen, und zwar zur Lieferung von Waren verleitete und zu verleiten versuchte, welche die Unternehmen am Vermögen in einem 5.000 Euro übersteigenden Betrag schädigten, und zwar
a) am 19. Februar 2015 der D***** AG zur Lieferung von Kontaktlinsen im Wert von 550,75 Euro,
b) vom 19. Februar 2015 bis zum 10. März 2015 der „X***** “ zur Ausfolgung von Waren im Wert von 2.770 Euro,
e) vom 24. Juni 2015 bis zum 31. Juli 2015 der H***** GmbH zur Ausfolgung eines Waschtrockners im Wert von 948 Euro sowie
g) am 18. Juni 2015 und 15. Juli 2015 der O***** GmbH zur Ausfolgung von Waren im Wert von gesamt 814,73 Euro, weiters
(B) am 21. März 2016 Murat K***** als Täter einer strafbaren Handlung gegen fremdes Vermögen nach der betrügerischen Herauslockung eines Gutscheins (US 54) durch Verwendung als Zahlungsmittel bei der I***** OHG dabei unterstützt, diesen zu verwerten.
Die dagegen aus Z 5, 5a und 9 (richtig) lit a des § 281 Abs 1 StPO erhobene Nichtigkeitsbeschwerde der Angeklagten Bettina R***** geht fehl.
Rechtliche Beurteilung
Bekämpft werden von der Mängelrüge die Konstatierungen zur subjektiven Tatseite zu A I 3 a, 3 b, 3 e und 3 g sowie zu B.
Die Ableitung der Feststellungen zur subjektiven Tatseite zu A aus einer aktenkundigen Diskussion mit Murat K***** über diverse Zustelladressen, die Angst vor einer Handyortung sowie zu verwendende Namen und Stempel, aus dem Wissen, dass Murat K***** keiner Beschäftigung nachging, und der tristen finanziellen Situation (US 20 f) begegnet unter dem Aspekt der Begründungstauglichkeit (Z 5 vierter Fall) keinen Bedenken.
Der Vorwurf
offenbar unzureichender Begründung ist nicht an der Gesamtheit der dargestellten Entscheidungsgründe orientiert. Solcherart ist die Mängelrüge (Z 5) nicht gesetzmäßig ausgeführt (RIS-Justiz RS0119370).
Soweit sich die Kritik nicht gegen Feststellungen zu entscheidenden Tatsachen wendet, sondern isoliert die Beweiswürdigung (§ 258 Abs 2 StPO) zur Unglaubwürdigkeit der Beschwerdeführerin bekämpft, verlässt die Mängelrüge den aus Z 5 eröffneten Anfechtungsrahmen (RIS Justiz RS0099419).
Entgegen dem Vorwurf der Unvollständigkeit (Z 5 zweiter Fall) wurde die leugnende Verantwortung der Beschwerdeführerin vom Erstgericht nicht übergangen, sondern als Schutzbehauptung verworfen (US 14).
Der Vorwurf der Mängelrüge (Z 5) zu B, das Erstgericht nehme eine „lebensfremde“ Begründung vor und würdige Beweisergebnisse „unrichtig“, erschöpft sich in Beweiswürdigungskritik nach Art einer im schöffengerichtlichen Verfahren unzulässigen (§ 283 Abs 1 StPO) Schuldberufung.
Mit den substratlosen Behauptungen fehlender Plausibilität der Urteilsbegründung und unvertretbarer Würdigung von Beweismitteln zu A I 3 e verlässt die Tatsachenrüge den aus Z 5a eröffneten Anfechtungsrahmen (vgl dazu RIS Justiz RS0119583).
Soweit die Rechtsrüge (Z 9 lit a, nominell verfehlt auch Z 5) zu A I 3 g Feststellungen zur subjektiven Tatseite vermisst, dabei aber die genau dazu getroffenen Konstatierungen (US 13) übergeht, verfehlt sie den – im Urteilssachverhalt gelegenen – Bezugspunkt materieller Nichtigkeit (RIS Justiz RS0099810).
Der Einwand der Rüge, die Begründung des Erstgerichts sei „widersprüchlich, da der Betrugsvorsatz auf AS 19–23 in ON 125 völlig anders begründet wird, als bei den jeweiligen Delikten laut Anklageschrift“, lässt keinen Bezug zu den Kriterien der Nichtigkeitsgründe erkennen.
Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher bereits bei der nichtöffentlichen Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO), woraus die Zuständigkeit des Oberlandesgerichts zur Erledigung der Berufungen und der Beschwerde folgt (§§ 285i, 498 Abs 3 StPO).
Der Kostenausspruch beruht auf § 390a Abs 1 StPO.