1Präs2690-2456/19s – OGH Entscheidung
Kopf
Die Präsidentin des Obersten Gerichtshofs hat am 9. August 2019 durch die Vizepräsidentin des Obersten Gerichtshofs Mag. Marek in der Disziplinarsache gegen *****, Rechtsanwalt in *****, AZ D 53/18 des Disziplinarrats der Rechtsanwaltskammer *****, über die Anzeige der Befangenheit des Präsidenten des Disziplinarrats der Rechtsanwaltskammer ***** den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Der Präsident des Disziplinarrats der Rechtsanwaltskammer ***** ist im Disziplinarverfahren gegen *****, Rechtsanwalt in *****, AZ D 53/18 des Disziplinarrats der Rechtsanwaltskammer *****, nicht als befangen anzusehen.
Begründung:
Rechtliche Beurteilung
Der Disziplinarrat der Rechtsanwaltskammer ***** hat zu AZ D 53/18 über ein Rechtsanwalt ***** als Disziplinarvergehen vorgeworfenes Verhalten zu entscheiden. Nach der Geschäftsverteilung ist der Präsident des Disziplinarrats der Rechtsanwaltskammer ***** ***** stellvertretender Vorsitzender des dafür zuständigen Senats.
Der Beschuldigte lehnte den Präsidenten des Disziplinarrats der Rechtsanwaltskammer ***** mit folgender Begründung ab: „Mit dem Herrn Vorsitzenden Präsidenten ***** hatte ich eine Kanzleigemeinschaft, habe mit diesem zusammengearbeitet und auch Dispute mit diesem regeln müssen. Ohne auf diese in gegenständlicher Angelegenheit näher eingehen zu wollen, ist Herr Vorsitzender Präsident ***** aus Sicht der demokratischen Öffentlichkeit mir gegenüber nicht unbefangen. Wir pflegen durchaus ein freundschaftliches Verhältnis.“
Der Abgelehnte erklärte in seiner Stellungnahme, sich nicht für befangen zu erachten. Er sei mit dem Disziplinarbeschuldigten in den Jahren 1984 und 1985 in einer Kanzleigemeinschaft und nach Auflösung einige Jahre in einer Regiegemeinschaft gewesen. Über Wunsch des Disziplinarbeschuldigten sei dieser im Jahr 2004 oder 2005 aus den gemeinsam genutzten Kanzleiräumlichkeiten ausgezogen. Seit diesem Zeitpunkt sei jeglicher Kontakt abgebrochen, es gebe zumindest seit 2005 nicht die geringste persönliche oder fachliche Überschneidung, geschweige denn einen persönlichen Kontakt. Bestenfalls sei man sich bei der jährlichen Plenarversammlung der Rechtsanwaltskammer ***** begegnet. Die behauptete „freundschaftliche Beziehung“ bestehe „seit vielen Jahren nicht (mehr)“, es bestehe tatsächlich keine Beziehung.
Nach § 26 Abs 3 DSt ist unter anderem der Disziplinarbeschuldigte berechtigt, einzelne Mitglieder des Disziplinarrats unter Angabe bestimmter Gründe wegen Befangenheit abzulehnen.
Wenngleich zur Annahme einer Befangenheit grundsätzlich schon der Anschein genügt, (hier) der Präsident des Disziplinarrats könnte an die von ihm zu entscheidende Sache nicht mit voller Unvoreingenommenheit und Unparteilichkeit herantreten, so setzt ein solcher Anschein aber nach ständiger Rechtsprechung jedenfalls voraus, dass konkrete Umstände dargetan werden, die aus der Sicht eines objektiven Beurteilers bei diesem den Eindruck erwecken, der Abgelehnte könnte sich aus persönlichen Gründen bei seiner Entscheidung von anderen als sachlichen Erwägungen leiten lassen; auf eine bloß subjektive Besorgnis einer Befangenheit kann eine Ablehnung nicht mit Erfolg gestützt werden (RIS Justiz RS0056962; Lehner in Engelhart/Hoffmann/Lehner/Rohregger/Vitek , RAO 10 § 26 DSt Rz 15).
Befangenheit ist entweder eine tatsächliche Hemmung der unparteiischen Entschließung durch unsachliche psychologische Motive oder aber eine besondere Fallgestaltung, die einen unbefangenen Außenstehenden begründeter Weise an der unparteiischen Entscheidungsfindung zweifeln lassen können (23 Ns 1/16y). Die bestimmten Gründe müssen genau angegeben und nach Möglichkeit bescheinigt werden (vgl Lehner in Engelhart/Hoffmann/Lehner/Rohregger/Vitek , RAO 10 § 26 DSt Rz 22).
Das Vorbringen des Disziplinarbeschuldigten in seinem Ablehnungsantrag ist hingegen nicht geeignet, die Unvoreingenommenheit und Unparteilichkeit des Abgelehnten in Zweifel zu setzen.
Einerseits will der Disziplinarbeschuldigte auf behauptete Dispute ausdrücklich nicht eingehen; andererseits wurde eine „freundschaftliche Beziehung“ - unter Berücksichtigung der nach der Stellungnahme des Präsidenten des Disziplinarrats der Rechtsanwaltskammer ***** offensichtlich fehlenden oder spärlichen Kontakte in den letzten 14 oder 15 Jahren - nicht ausreichend bescheinigt.