JudikaturOGH

13Os34/19b – OGH Entscheidung

Entscheidung
29. Mai 2019

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 29. Mai 2019 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Prof. Dr. Lässig als Vorsitzenden sowie die Hofräte und die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Dr. Nordmeyer, Mag. Michel, Dr. Oberressl und Dr. Brenner in Gegenwart der Schriftführerin Mag. Korner in der Strafsache gegen Wolfgang W***** wegen des Vergehens des Betrugs nach § 146 StGB, AZ 10 U 13/17b des Bezirksgerichts Weiz, über die von der Generalprokuratur gegen den Beschluss dieses Gerichts vom 25. Juli 2018 (ON 69) erhobene Nichtigkeitsbeschwerde zur Wahrung des Gesetzes nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters der Generalprokuratur, Generalanwalt Dr. Ulrich, zu Recht erkannt:

Spruch

In der Strafsache AZ 10 U 13/17b des Bezirksgerichts Weiz verletzt der zugleich mit dem Urteil dieses Gerichts vom 25. Juli 2018 ergangene Beschluss auf Widerruf bedingter Strafnachsicht (ON 69) § 494a Abs 3 erster und zweiter Satz StPO.

Dieser Beschluss wird aufgehoben und es wird dem Landesgericht für Strafsachen Graz aufgetragen, im Verfahren AZ 16 Hv 32/15a über den Widerruf zu entscheiden.

Text

Gründe:

Mit in Rechtskraft erwachsenem Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Graz vom 23. April 2015, AZ 16 Hv 32/15a, wurde Wolfgang W***** zu einer Freiheitsstrafe von fünfzehn Monaten verurteilt, wovon ein Strafteil von zehn Monaten gemäß § 43a Abs 3 StGB unter Bestimmung einer dreijährigen Probezeit bedingt nachgesehen wurde.

Mit rechtskräftigem Abwesenheitsurteil des Bezirksgerichts Weiz vom 25. Juli 2018, GZ 10 U 13/17b 69, wurde W***** einer (vom 9. Mai 2016 bis zum 7. September 2017 begangenen) strafbaren Handlung schuldig erkannt. Unter einem erging – ohne Anhörung des Angeklagten, dem nach Lage der Akten auch weder durch einen entsprechenden Hinweis anlässlich der Ladung zur Hauptverhandlung noch sonst früher Gelegenheit zur Stellungnahme zur Frage des Widerrufs eingeräumt worden war – der ebenso in Rechtskraft erwachsene Beschluss (§ 494a Abs 4 StPO) auf Widerruf (§ 494a Abs 1 Z 4 StPO) der zuvor genannten bedingten Strafnachsicht.

Wie die Generalprokuratur in ihrer gemäß § 23 StPO erhobenen Nichtigkeitsbeschwerde zur Wahrung des Gesetzes zutreffend ausführt, verletzt dieser Beschluss das Gesetz:

Rechtliche Beurteilung

Gemäß § 494a Abs 3 StPO hat das Gericht vor einer Entscheidung gemäß § 494a Abs 1 StPO unter anderem den Angeklagten zu hören (vgl § 6 Abs 2 StPO). Von einer solchen Anhörung kann nur dann abgesehen werden, wenn ein Ausspruch nach § 494a Abs 1 Z 1 oder 2 StPO erfolgt.

Fällt das Gericht – wie hier – ein Abwesenheitsurteil, ohne den Angeklagten zur Widerrufsfrage gehört (ihm Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben) zu haben, kommt eine Entscheidung gemäß § 494a Abs 1 Z 4 StPO dem sonst (nach § 495 Abs 1 StPO) zuständigen Gericht zu ( Jerabek , WK-StPO § 494a Rz 8 und 10; RIS-Justiz RS0101961 [T1, T6, T8, T9], RS0111829 [T1, T2, T8]).

Da nicht auszuschließen ist, dass die aufgezeigte Gesetzesverletzung zum Nachteil des Verurteilten wirkt, sah sich der Oberste Gerichtshof veranlasst, ihre Feststellung auf die im Spruch ersichtliche Weise mit konkreter Wirkung zu verknüpfen (§ 292 letzter Satz StPO).

Vom solcherart aufgehobenen Beschluss rechtslogisch abhängige Entscheidungen und Verfügungen gelten gleichfalls als beseitigt (RIS-Justiz RS0100444).

Hinzugefügt sei, dass das Gericht die in § 53 StGB vorgesehenen Verfügungen wegen einer (wie hier) in der Probezeit begangenen strafbaren Handlung innerhalb von sechs Monaten nach – hier mit Rechtskraft des dem Angeklagten am 17. Dezember 2018 zugestellten (ON 74) Abwesenheitsurteils eingetretener (vgl Jerabek in WK 2 StGB § 56 Rz 4) – Beendigung des bei deren Ablauf gegen den Rechtsbrecher anhängigen Strafverfahrens treffen kann (§ 56 StGB).

Rückverweise