11Os58/19t – OGH Entscheidung
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat am 28. Mai 2019 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Schwab als Vorsitzenden sowie die Vizepräsidentin des Obersten Gerichtshofs Mag. Marek, die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Dr. Bachner Foregger, den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. Oberressl und die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Dr. Setz Hummel als weitere Richter in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Korner als Schriftführerin in der Strafsache gegen G***** wegen des Verbrechens des sexuellen Missbrauchs von Unmündigen nach §§ 15, 207 Abs 1 StGB und weiterer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichts Feldkirch als Schöffengericht vom 10. Jänner 2019, GZ 41 Hv 16/18w 28, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.
Zur Entscheidung über die Berufung werden die Akten dem Oberlandesgericht Innsbruck zugeleitet.
Dem Angeklagten fallen die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Text
Gründe:
Mit dem angefochtenen Urteil wurde G***** des Verbrechens des sexuellen Missbrauchs von Unmündigen nach §§ 15, 207 Abs 1 StGB (1), jeweils mehrerer Vergehen der pornographischen Darstellung Minderjähriger nach §§ 15, 207a Abs 1 Z 1 StGB (2) und nach § 207a Abs 3 erster Fall StGB (3) sowie des Vergehens des Missbrauchs eines Autoritätsverhältnisses nach § 212 Abs 1 Z 2 StGB (4) schuldig erkannt.
Danach hat er in H***** und an anderen Orten
(1) zu einem nicht näher bestimmbaren Zeitpunkt zwischen 1. September 2014 und 15. Juli 2016 außer dem Fall des § 206 StGB eine geschlechtliche Handlung an einer unmündigen Person vorzunehmen versucht, indem er mit der rechten Hand in die Unterhose in Richtung Scheide der am Bett liegenden C*****, geboren am ***** 2003 (Tochter seiner damaligen Lebensgefährtin), fuhr, wobei sich C***** wegdrehte, als er mit seiner Hand gerade ihren Venushügel berührte und somit eine Berührung der Scheide verhinderte;
(2) pornographische Darstellungen einer mündigen minderjährigen Person (§ 207a Abs 4 Z 3 lit b StGB) und zwar wirklichkeitsnahe Abbildungen der Genitalien und der Schamgegend Minderjähriger, welche reißerisch verzerrt, auf sich selbst reduziert und von anderen Lebensäußerungen losgelöst sind und der sexuellen Erregung des Betrachters dienen, herzustellen versucht, indem er C***** am 23. Dezember 2017 und am 13. Jänner 2018 jeweils beim Duschen mit seinem „Handy“ filmte und Videos auf seinem Handy abspeicherte;
(3) im Zeitraum 16. September 2017 bis 14. Jänner 2018 pornographische Darstellungen mündiger Minderjähriger (§ 207a Abs 4 Z 3 lit b StGB) und zwar wirklichkeitstreue Abbildungen der Genitalien und der Schamgegend Minderjähriger, welche reißerisch verzerrt auf sich selbst reduziert und von anderen Lebensäußerungen losgelöst sind und der sexuellen Erregung des Betrachters dienen, sich verschafft und besessen, indem er zumindest vier Fotos/Screenshots, auf welchen nackte mündige Mädchen in unterschiedlichen einschlägigen Posen abgebildet sind, aus dem Internet von unbekannten Quellen herunterlud bzw Screenshots von aus unbekannten Quellen aus dem Internet stammenden Videos anfertigte und diese anschließend auf seinem „Handy“ im Ordner „xxBilder“ abspeicherte;
(4) durch die zu (1) angeführte Tat mit einer minderjährigen Person, die seiner Erziehung, Ausbildung und Aufsicht untersteht, unter Ausnützung seiner Stellung gegenüber dieser Person eine geschlechtliche Handlung vorgenommen.
Rechtliche Beurteilung
Dagegen richtet sich die auf § 281 Abs 1 Z 4, 5 und 5a StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten.
Der Verfahrensrüge (Z 4) zuwider wurden durch die Abweisung des Antrags auf Einholung eines aussagepsychologischen Gutachtens über die Glaubhaftigkeit der Angaben der C***** Verteidigungsrechte schon deshalb nicht verletzt, weil nicht einmal behauptet wurde, dass die genannte Zeugin die erforderliche Zustimmung zu einer Exploration erteilt hätte oder erteilen würde (RIS Justiz RS0097584, RS0118956, RS0108614). Im Übrigen hat das Erstgericht das Vorliegen der Voraussetzungen für eine entsprechende – nur in besonderen Fällen erforderliche – Begutachtung (RIS-Justiz RS0097733) mit Recht verneint (ON 27 S 11, US 7) und sind in der Beschwerde nachgetragene Argumente als Versuch einer Antragsfundierung aufgrund des Neuerungsverbots unbeachtlich (RIS Justiz RS0099618, RS0099117).
Entgegen der Kritik der Mängelrüge (Z 5 zweiter Fall) ist ein erörterungsbedürftiger Widerspruch in den Aussagen der C*****, wonach sie auf den versuchten sexuellen Übergriff bezogene „Bilder im Kopf“ habe und andererseits anlässlich des Vorfalls „die Augen stets geschlossen hatte“ aus Sicht des Obersten Gerichtshofs nicht erkennbar (vgl RIS Justiz RS0098646, RS0118316; Ratz , WK StPO § 281 Rz 421, 425). Ebenso wenig waren die – von der Glaubwürdigkeit der C***** aufgrund des gewonnenen persönlichen Eindrucks überzeugten (vgl US 6 f, ON 27 S 10 f - RIS-Justiz RS0106588 [T9, T14]) – Tatrichter dem Gebot zu bestimmter aber gedrängter Darstellung der Entscheidungsgründe folgend (§ 270 Abs 2 Z 5 StPO; RIS Justiz RS0106642, RS0098377; Ratz , WK StPO § 281 Rz 428) verhalten, sich mit Angaben der C*****, wonach sie sich vom Angeklagten auch nach diesem Vorfall ins Bett tragen ließ, explizit auseinanderzusetzen.
Die Tatsachenrüge (Z 5a) erschöpft sich in einer Wiederholung des Vorbringens der Mängelrüge und lässt solcherart den wesensmäßigen Unterschied der einzelnen Nichtigkeitsgründe außer Acht (RIS Justiz RS0115902). Sich aus den Akten ergebende erhebliche Bedenken gegen die Richtigkeit der Feststellungen zu entscheidenden Tatsachen werden solcherart nicht geweckt (vgl RIS-Justiz RS0118780).
Insgesamt bekämpft die Rüge mit ihren eigenständigen Beweiswerterwägungen und Behauptungen (etwa, dass Minderjährige im Alter der C***** „nicht immer 'Fantasie und Wirklichkeit' unterscheiden können“) die Beweiswürdigung des Schöffensenats nach Art einer im kollegialgerichtlichen Verfahren nicht zulässigen Berufung wegen Schuld ( Ratz , WK StPO Vor §§ 280–296a Rz 11, 13).
Soweit der Rechtsmittelantrag auf gänzliche Urteilsaufhebung abzielt, das Urteil jedoch inhaltlich in den Schuldsprüchen (2) und (3) nicht angefochten wurde, blieb die Nichtigkeitsbeschwerde mangels deutlicher und bestimmter Bezeichnung von angeblich Nichtigkeit bewirkenden Umständen unausgeführt (§§ 285 Abs 1, 285a Z 2 StPO).
Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher bereits bei der nichtöffentlichen Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO), woraus die Zuständigkeit des Oberlandesgerichts zur Entscheidung über die Berufung folgt (§ 285i StPO).
Dieses wird zu berücksichtigen haben (vgl RIS Justiz RS0122140, RS0119220, RS0122137), dass das Schöffengericht, obwohl das Verbrechen des sexuellen Missbrauchs von Unmündigen laut Schuldspruch (1) versucht wurde, zum Schuldspruch (4) von Tatvollendung ausgegangen ist (vgl Philipp in WK 2 StGB § 212 Rz 12; Hinterhofer , SbgK § 212 Rz 53).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 390a Abs 1 StPO.