JudikaturOGH

1Ob176/18s – OGH Entscheidung

Entscheidung
27. Mai 2019

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Univ. Prof. Dr.

Bydlinski als Vorsitzenden sowie die Hofräte und die Hofrätin Mag. Wurzer, Mag. Dr. Wurdinger, Dr. Hofer Zeni Rennhofer und Dr. Parzmayr als weitere Richter in der Rechtssache der Antragstellerin P***** GmbH, *****, vertreten durch Mag. Julia Eckhart, Rechtsanwältin in Graz, gegen den Antragsgegner Land Steiermark, Graz, Burgring 4, vertreten durch die Piaty Müller Mezin Schoeller Rechtsanwälte GmbH Co KG, Graz, wegen 30.100 EUR, über den Revisionsrekurs der Antragstellerin gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts Graz als Rekursgericht vom 27. Juli 2018, GZ 2 R 56/18z 20, mit dem der Beschluss des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Graz vom 27. Februar 2018, GZ 17 Nc 8/16d 16, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Der Revisionsrekurs wird zurückgewiesen.

Der Antragsgegner hat die Kosten seiner Revisionsrekursbeantwortung selbst zu tragen.

Text

Begründung:

Das Land Steiermark erteilte der Antragstellerin mit Bescheid vom 20. 12. 2005 die Bewilligung zum Aufstellen und Betrieb von Geld und Unterhaltungsspielapparaten. Mit der Glücksspielgesetz-Novelle 2010 (BGBl I 73/2010) wurde das Glücksspielgesetz (GSpG) unter anderem dahin geändert, dass gemäß seinem neu eingefügten § 60 Abs 25 Z 2 Glücksspielautomaten, die aufgrund einer landesgesetzlichen Bewilligung gemäß § 4 Abs 2 GSpG in der zuvor geltenden Fassung zugelassen worden waren, längstens bis zum Ablauf des 31. 12. 2014 oder – wenn in einem Bundesland (wie in der Steiermark) die nach § 5 Abs 1 GSpG höchstzulässige Anzahl an Glücksspielautomaten zum 31. 12. 2009 um mehr als das Doppelte überschritten wurde – bis 31. 12. 2015 betrieben werden dürfen. Im Hinblick auf diese bundesgesetzliche Änderung sieht das (auf die Antragstellerin anzuwendende) Steiermärkische Veranstaltungsgesetz 2012 („StVAG“) in seinem § 31 Abs 5 Z 9 vor, dass die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Gesetzes bewilligten Spielsalons – auch im Fall einer zulässigen Verlängerung der Bewilligung – längstens bis zum Ablauf des 31. 12. 2015 betrieben werden dürfen.

Die Antragstellerin beantragt eine Enteignungsentschädigung in Höhe von 30.100 EUR, weil ihr der (unbefristet) bewilligte Betrieb des Automatenglücksspiels aufgrund der verfassungs und unionsrechtswidrigen Bestimmungen des § 60 Abs 25 Z 2 GSpG und § 31 Abs 5 StVAG (wobei sich die Antragstellerin primär auf letztgenannte Bestimmung stützt) seit Jahresbeginn 2016 nicht mehr erlaubt sei, sodass sie – im (vorgeblichen) Interesse der Allgemeinheit – materiell enteignet worden sei.

Das Rekursgericht bestätigte den erstinstanzlichen Beschluss, mit dem das Entschädigungsbegehren der Antragstellerin abgewiesen wurde. Es ging ebenso wie das Erstgericht von der mangelnden Passivlegitimation des Antragsgegners aus, weil der behauptete Eigentumseingriff bereits durch die bundesgesetzliche GSpG Novelle und nicht erst durch das StVAG erfolgt sei. Davon abgesehen ergebe sich der begehrte Anspruch weder aus einfachgesetzlichen noch verfassungsrechtlichen (grundrechtlichen) Bestimmungen. Der Revisionsrekurs sei mangels Rechtsprechung zur Frage der „Anspruchsgrundlage für eine Enteignungsentschädigung im Rahmen der Auswirkungen des § 65 [richtig: § 60] Abs 25 Z 2 GSpG“ zulässig.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs der Antragstellerin ist, soweit sich dieser gegen die Entscheidung über die erstinstanzlichen Kosten richtet, jedenfalls unzulässig. Im Übrigen ist er mangels Darlegung einer erheblichen Rechtsfrage im Sinn des §

62 Abs 1 AußStrG nicht zulässig.

1. Die Unzulässigkeit eines Rechtsmittels gegen die Kostenentscheidung des Rekursgerichts ergibt sich aus § 62 Abs 2 Z 1 AußStrG (RIS Justiz RS0008483).

2.1. Entgegen der Ansicht der Revisionsrekurswerberin hat auch das Rekursgericht – ebenso wie das Erstgericht – die Abweisung des Entschädigungbegehrens auf die mangelnde Passivlegitimation des Antragsgegners gestützt und damit begründet, dass der Landesgesetzgeber nur die bundesgesetzliche GSpG Novelle 2010 umgesetzt habe. Die Revisionsrekurswerberin hält dem nur entgegen, dass es sich bei § 31 Abs 5 StVAG um eine lex specialis zu § 60 Abs 25 Z 2 GSpG handle, welcher Norm durch das Landesgesetz derogiert worden sei.

2.2. Abgesehen davon, dass die Kompetenz zur Regelung (einschließlich der Abgrenzung) des Glücksspielmonopols dem Bund zukommt und das in § 60 Abs 25 Z 2 GSpG normierte Verbot von Ausspielungen, die bis zur GSpG Novelle 2010 Landessache waren und nunmehr unter das Glücksspielmonopol des Bundes fallen, in Ausübung dieser Kompetenz erlassen wurde (vgl VfGH G205/2014 ua), wäre eine lex specialis nur dann anzunehmen, wenn die speziellere Norm sämtliche Tatbestandselemente der allgemeineren und darüber hinaus noch weitere Tatbestandselemente enthält. Dies ist hier aber nicht der Fall. Dass der Bundesgesetzgeber die in § 60 Abs 25 Z 2 GSpG normierte Übergangsfrist davon abhängig machte, wie viele Spielautomaten zu einem bestimmten Stichtag im jeweiligen Bundesland betrieben werden, ändert nichts daran, dass die zur Bestimmung der konkreten Übergangsfrist erforderlichen Tatbestandsmerkmale bereits vom Bundesgesetzgeber vorgegeben wurden. Eine Verschlechterung der Rechtsposition der Antragstellerin ist durch das Landesgesetz nicht eingetreten.

2.3. Da die Antragstellerin den Ausführungen der Vorinstanzen zur fehlenden Passivlegitimation

– außer dem (unrichtigen) Argument, es handle sich bei § 31 Abs 5 StVAG um eine lex specialis zu § 60 Abs 25 Z 2 GSpG – keine substantiierten Ausführungen entgegensetzt und daher keine erhebliche Rechtsfrage im Sinn des §

62 Abs 1 AußStrG aufzeigt, ist ihr Rechtsmittel zurückzuweisen. Ob sich ein Entschädigungsanspruch aus einfach- oder verfassungsgesetzlichen Bestimmungen ableiten ließe, muss nicht geprüft werden, weil jedenfalls nicht der Antragsgegner ausgleichspflichtig wäre.

3. Der Revisionsrekursgegner hat weder eine Zurückweisung des Revisionsrekurses beantragt, noch dargelegt, weshalb der Revisionsrekurs, soweit er sich gegen die von den Vorinstanzen verneinte Passivlegitimation wendet, unzulässig sein könnte. Seine Rechtsmittelbeantwortung war damit nicht zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendig, weshalb ihm dafür kein Kostenersatz zusteht (RS0035979).

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