JudikaturOGH

14Os48/19v – OGH Entscheidung

Entscheidung
21. Mai 2019

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 21. Mai 2019 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Prof. Dr. Danek als Vorsitzenden, die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Mag. Hetlinger, den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. Nordmeyer sowie die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Dr. Mann und Dr. Setz-Hummel in Gegenwart des Richteramtsanwärters Mag. Binder als Schriftführer im Verfahren zur Unterbringung des Manuel S***** in einer Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher nach § 21 Abs 1 StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Betroffenen gegen das Urteil des Landesgerichts Innsbruck als Schöffengericht vom 14. Jänner 2019, GZ 37 Hv 95/18g 34, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufung werden die Akten dem Oberlandesgericht Innsbruck zugeleitet.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde die Unterbringung des Manuel S***** in einer Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher nach § 21 Abs 1 StGB angeordnet.

Danach hat er am 21. November 2017 in I***** unter dem Einfluss eines die Zurechnungsfähigkeit ausschließenden Zustands (§ 11 StGB), der auf einer geistigen und seelischen Abartigkeit von höherem Grad beruht, und zwar einer akuten schizophrenieformen Psychose,

I. die Polizeibeamten Daniel R***** und Mario Sa***** mit Gewalt an einer Amtshandlung, nämlich der Vollziehung seiner Festnahme nach § 46 SPG iVm § 9 UbG, zu hindern versucht, indem er mit dem Ellbogen nach R***** schlug und mit den Beinen nach beiden Polizeibeamten trat;

II. den Polizeibeamten Daniel R***** während der Vollziehung seiner Aufgaben vorsätzlich am Körper verletzt, indem er ihm durch den zu I. gesetzten Schlag mit dem Ellbogen eine Prellung des linken Gesichtsbereichs zufügte,

und somit eine Tat begangen, die als Vergehen des Widerstands gegen die Staatsgewalt nach §§ 15, 269 Abs 1 erster Fall StGB (I.) und der schweren Körperverletzung nach §§ 83 Abs 1, 84 Abs 2 StGB (II.) jeweils mit ein Jahr übersteigender Freiheitsstrafe bedroht ist.

Rechtliche Beurteilung

Die dagegen aus § 281 Abs 1 Z 5 StPO ergriffene Nichtigkeitsbeschwerde des Betroffenen schlägt fehl.

Mit dem Einwand, die Feststellungen zur subjektiven Tatseite seien offenbar unzureichend begründet (Z 5 vierter Fall), weil die Erwägungen der Tatrichter im Hinblick auf die Expertise des psychiatrischen Sachverständigen Dr. M*****, wonach es bei einer Psychose geradezu typisch sei, dass man Polizisten nicht als solche erkenne, unstatthafte Vermutungen zu Lasten des Betroffenen darstellten, unterlässt die Beschwerde die unter dem Aspekt des herangezogenen Nichtigkeitsgrundes gebotene Gesamtbetrachtung der Entscheidungsgründe (RIS-Justiz RS0119370).

Denn die Ableitung der Konstatierung, wonach der Betroffene die Polizeibeamten als solche und deren Amtshandlung erkannt hat (US 4 f), aus dem objektiven Tatgeschehen, dem vom Zeugen R***** geschilderten Verhalten des Betroffenen unmittelbar nach Tatbegehung („Lamentieren“ des Betroffenen über die Polizei und deren Arbeit während des Transports in die Psychiatrie [ON 33 S 6]), der Aussage der beiden Beamten über das Tragen einer mit dem Polizeischriftzug versehenen Uniform, dem vor Betreten der Räumlichkeiten des Betroffenen erfolgten Hinweis, dass sie von der Polizei seien, und dem nachfolgenden Ausspruch der Festnahme (ON 33 S 6, 8) sowie aus den Angaben des Zeugen Kurt P*****, der Betroffene habe die Polizeibeamten immer wieder „blöd angeredet“ (ON 2 S 22; US 6–8), folgt den Kriterien logischen Denkens und grundlegenden Erfahrungssätzen und ist solcherart aus dem Blickwinkel der Begründungstauglichkeit nicht zu beanstanden (RIS-Justiz RS0116732, RS0116882).

Mit dem Hinweis auf den von den Zeugen R***** und Sa***** geäußerten Eindruck, der Betroffene habe sie nicht als Polizeibeamte wahrgenommen (ON 33 S 4, 8), übersieht der Beschwerdeführer, dass Gegenstand von Zeugenaussagen nur objektive Wahrnehmungen, nicht aber Mutmaßungen über das Wissen und Wollen anderer Personen sein können. Derartige persönliche Einschätzungen von Zeugen sind auch nicht erörterungspflichtig (RIS-Justiz RS0097540 [insb T17 f]).

Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher – im Einklang mit der Stellungnahme der Generalprokuratur – bereits bei der nichtöffentlichen Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO), woraus die Zuständigkeit des Oberlandesgerichts Innsbruck zur Entscheidung über die Berufung folgt (§ 285i StPO).

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