14Os45/19b – OGH Entscheidung
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat am 21. Mai 2019 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Prof. Dr. Danek als Vorsitzenden, die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Mag. Hetlinger, den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. Nordmeyer und die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Dr. Mann und Dr. Setz Hummel in Gegenwart des Richteramtsanwärters Mag. Binder als Schriftführer in der Strafsache gegen Murat D***** wegen des Verbrechens der schweren Körperverletzung nach §§ 15, 84 Abs 4 StGB und weiterer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten sowie die Berufung der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Wien als Schöffengericht vom 30. Jänner 2019, GZ 84 Hv 35/18h 43, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.
Zur Entscheidung über die Berufungen werden die Akten dem Oberlandesgericht Wien zugeleitet.
Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Text
Gründe:
Mit dem angefochtenen Urteil wurde Murat D***** des Verbrechens der schweren Körperverletzung nach §§ 15, 84 Abs 4 StGB (I./), des Vergehens des Widerstands gegen die Staatsgewalt nach §§ 15, 269 Abs 1 erster Fall StGB (II./) und des Vergehens der schweren Körperverletzung nach §§ 15, 83 Abs 1, 84 Abs 2 StGB (III./) schuldig erkannt, zu einer Freiheitsstrafe verurteilt und gemäß § 21 Abs 2 StGB in eine Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher eingewiesen.
Danach hat er am 24. August 2018 in W*****
I./ Doris M***** schwer am Körper zu verletzen versucht, indem er mit einem Klappmesser mit zirka 8 cm Klingenlänge in Richtung ihrer Bauchgegend stach, wobei der Angriff von Alfred S***** abgewehrt wurde;
II./ den Justizwachebeamten Manfred N***** mit Gewalt an einer Amtshandlung, nämlich an seiner Verbringung aus der Einstellzelle, zu hindern versucht, indem er gezielt Tritte und Faustschläge in dessen Richtung ausführte, wodurch dieser getroffen wurde und die Amtshandlung nur mit Unterstützung von zwei weiteren Justizwachebeamten durchgeführt werden konnte;
III./ einen Beamten während der Vollziehung seiner Aufgaben durch die zu II./ angeführte Tat am Körper zu verletzen versucht, wobei N***** lediglich unerhebliche Verletzungen (gemeint: körperliche Beeinträchtigungen) davontrug.
Rechtliche Beurteilung
Die dagegen aus § 281 Abs 1 Z 5 StPO ergriffene Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten verfehlt ihr Ziel.
Indem die Mängelrüge unter Zitierung zweier Passagen der Zeugenaussagen von Alfred S***** und Doris M***** vermeint, die zu I./ getroffenen Feststellungen (US 5) würden den Ergebnissen des Beweisverfahrens widersprechen, wird ein Begründungsmangel nicht zur Darstellung gebracht, sondern in unzulässiger Form die Beweiswürdigung des Schöffengerichts bekämpft.
Entgegen dem Einwand offenbar unzureichender Begründung (Z 5 vierter Fall) stützte das Erstgericht die zu I./ getroffenen Feststellungen zur objektiven Tatseite auf die für übereinstimmend und glaubwürdig befundenen Schilderungen der Zeugen S***** und M***** und leitete die Konstatierungen zur subjektiven Tatseite mängelfrei aus dem äußeren Geschehen und der allgemeinen Lebenserfahrung ab (US 8; RIS Justiz RS0116882). Dass dies den Beschwerdeführer nicht überzeugt und aus seiner Sicht aus den Verfahrensergebnissen andere, für ihn günstigere Schlüsse plausibler gewesen wären, stellt kein Begründungsdefizit dar (RIS Justiz RS0099455).
I nwieweit einerseits die Verantwortung des Angeklagten, in der Nacht seiner Einlieferung sei es ihm schlecht gegangen und er habe „leichte Entzugserscheinungen“ gehabt (ON 34 S 7), andererseits der Inhalt der Krankenunterlagen des Wilhelminenspitals, wonach der Patient am 26. August 2018 „auf Ansprache weckbar“, orientiert, aber somnolent war und Aufforderungen nicht folgte sowie nicht redete (richtig: ON 42a), den zu II./ und III./ getroffenen Feststellungen zur objektiven und subjektiven Tatseite sowie zur Zurechnungsfähigkeit (US 5 f) erörterungsbedürftig entgegenstehen sollten (vgl dazu RIS Justiz RS0118316) , lässt die Rüge (Z 5 zweiter Fall) nicht erkennen. Im Übrigen wurde – der Beschwerde zuwider – die Behauptung des Angeklagten, unter Entzugserscheinungen gelitten zu haben, im vom Schöffengericht für schlüssig erachteten (US 9) psychiatrischen Gutachten ohnehin berücksichtigt (vgl ON 23 S 7, 11 und 21 und die dortige Bezugnahme auf das polizeiamtsärztliche Gutachten vom 24. August 2018 [ON 38 S 25 f] ), weshalb kein Anlass für deren gesonderte Erörterung im Urteil bestand.
Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher bereits bei der nichtöffentlichen Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO), woraus die Zuständigkeit des Oberlandesgerichts zur Entscheidung über die Berufungen folgt (§ 285i StPO).
Die Kostenersatzpflicht beruht auf § 390a Abs 1 StPO.