4Nc12/19f – OGH Entscheidung
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Dr.
Vogel als Vorsitzenden und die Hofräte Dr. Schwarzenbacher und Hon.-Prof. Dr. Brenn als weitere Richter in der Erwachsenenschutzsache des P***** H*****, geboren am ***** 1956, wegen Übertragung der Zuständigkeit gemäß § 111 Abs 2 JN, den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Der Akt wird dem Bezirksgericht Graz-Ost zurückgestellt.
Text
Begründung:
Mit Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Graz vom 16. 2. 2018 in einem Verfahren wegen § 207a StGB wurde die Unterbringung des Betroffenen in eine Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher angeordnet. Im Juni 2018 regte das Landesgericht für Strafsachen Graz im Zuge eines Strafverfahrens gegen den Betroffenen nach § 297 Abs 1 StGB und § 33 Abs 2 MedienG beim Bezirksgericht Graz-Ost die Einleitung eines Erwachsenenschutzverfahrens an. Der Betroffene war damals in der Justizanstalt Graz-Jakomini untergebracht. Das Bezirksgericht Graz-Ost bestellte einen einstweiligen Erwachsenenvertreter und gab ein Sachverständigengutachten in Auftrag.
Seit 17. 12. 2018 ist der Betroffene im Forensischen Zentrum der Justizanstalt Asten untergebracht.
Das Bezirksgericht Graz-Ost übertrug die Zuständigkeit der Erwachsenenschutzsache gemäß § 111 JN unter Hinweis auf den nunmehrigen ständigen Aufenthalt des Betroffenen in Asten mit Beschluss vom 21. 12. 2019 an das Bezirksgericht Steyr. Der Betroffene erhob dagegen einen Rekurs. Das Landesgericht für Zivilrechtssachen Graz als Rekursgericht stellte daraufhin den Akt dem Erstgericht zurück, um zunächst den Akt dem Bezirksgericht Steyr zur Übernahme anzubieten. Erst nach Übernahme der Zuständigkeit durch dieses Gericht werde der Akt zur Entscheidung über den Rekurs des Betroffenen neuerlich vorzulegen sein. Im Fall der Weigerung des Bezirksgerichts Steyr werde das Erstgericht den Akt dem übergeordneten gemeinsamen höheren Gericht (dem Obersten Gerichtshof) zur Genehmigung des Zuständigkeitswechsels vorzulegen und nach dessen Entscheidung neuerlich dem Rekursgericht vorzulegen haben.
Das Bezirksgericht Steyr lehnte daraufhin die Übernahme des Akts ab, weil keine Angelegenheiten ersichtlich seien, die im aktuellen Verfahrensstadium für den Betroffenen besser durch das Bezirksgericht Steyr erledigt werden könnten.
Das Bezirksgericht Graz-Ost legt nun den Akt dem Obersten Gerichtshof zur Entscheidung über den negativen Kompetenzkonflikt vor.
Diese Vorlage ist verfrüht:
Rechtliche Beurteilung
Übertragungsbeschlüsse nach § 111 JN sind durch die Parteien anfechtbar (RIS Justiz RS0046981 [insb T5]). Ohne rechtskräftigen Übertragungsbeschluss nach § 111 Abs 1 JN kommt eine Entscheidung des Obersten Gerichtshofs nach § 111 Abs 2 JN nicht in Betracht (RS0047067). Dies gilt jedenfalls dann, wenn das für die Entscheidung über einen Rekurs gegen den Übertragungsbeschluss zuständige Gericht mit dem zur Genehmigung nach § 111 Abs 2 JN berufenen Gericht (hier der Oberste Gerichtshof) nicht ident ist (RS0047067 [T14]). Behebt das Rekursgericht den Übertragungsbeschluss, so ist endgültig über die Unzulässigkeit der Übertragung entschieden. In dem Fall, dass der Übertragungsbeschluss rechtskräftig bestätigt wird, bedarf es dagegen der Genehmigung des übergeordneten Gerichts (vgl jüngst 3 Nc 2/19b).
Der Akt ist daher dem übertragenden Gericht zur (neuerlichen) geschäftsordnungsgemäßen Behandlung des Rechtsmittels des Betroffenen zurückzustellen. Nur wenn der Übertragungsbeschluss – nach Überprüfung im Instanzenzug – in Rechtskraft erwachsen ist, ist der Akt wiederum dem Obersten Gerichtshof zur Entscheidung nach § 111 Abs 2 JN vorzulegen.