13Os11/19w – OGH Entscheidung
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat am 24. April 2019 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Lässig als Vorsitzenden sowie die Hofräte und die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Dr. Nordmeyer, Mag. Michel, Dr. Oberressl und Dr. Brenner in Gegenwart des Richteramtsanwärters Mag. Binder als Schriftführer im Verfahren zur Unterbringung des Hans-Peter P***** in einer Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher nach § 21 Abs 1 StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Betroffenen gegen das Urteil des Landesgerichts Leoben als Schöffengericht vom 19. Dezember 2018, GZ 13 Hv 125/18b 27, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.
Zur Entscheidung über die Berufung werden die Akten dem Oberlandesgericht Graz zugeleitet.
Text
Gründe:
Mit dem angefochtenen Urteil wurde Hans-Peter P***** gemäß § 21 Abs 1 StGB in eine Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher eingewiesen.
Danach hat er am 16. Oktober 2018 in S***** unter dem Einfluss eines die Zurechnungsfähigkeit ausschließenden Zustands (§ 11 StGB), der auf einer geistigen oder seelischen Abartigkeit von höherem Grad, nämlich einer paranoiden Schizophrenie, beruht,
(I) die Polizeibeamten KInsp Werner A***** und AInsp Herbert B***** mit Gewalt an einer Amtshandlung, nämlich an seiner Festnahme (§ 45 SPG) und an seiner Vorführung zur ärztlichen Untersuchung (§ 46 SPG; § 9 UbG), zu hindern versucht, indem er mit seinen Füßen gegen die Genannten trat, sowie
(II) durch die zu I beschriebenen Tathandlungen eine Körperverletzung (§ 83 Abs 1 StGB) an KInsp Werner A*****, somit an einem Beamten während oder wegen der Vollziehung seiner Aufgaben oder der Erfüllung seiner Pflichten, begangen, indem er diesem eine Wunde am rechten Handrücken zufügte,
und dadurch jeweils ein Vergehen des Widerstands gegen die Staatsgewalt nach §§ 15, 269 Abs 1 StGB (I) und der schweren Körperverletzung nach §§ 83 Abs 1, 84 Abs 2 StGB (II) begangen.
Rechtliche Beurteilung
Dagegen wendet sich die auf § 281 Abs 1 Z 11 (§ 433 Abs 1) StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde des Betroffenen.
Als Erkenntnisquellen für die Befürchtung der sogenannten Prognosetat nennt das Gesetz (1) die Person des Rechtsbrechers, (2) seinen Zustand, also seine Verfassung zum Urteilszeitpunkt, und (3) die Art der Anlasstat. Durch deren konjunktive Verknüpfung („und“) wird eine Gesamtwürdigung angeordnet. Die Beurteilung hat jede der drei Erkenntnisquellen zu berücksichtigen. Wird auch nur eine davon gänzlich außer Acht gelassen, liegt darin eine rechtsfehlerhafte Bewertung der Prognosekriterien und – wie die Beschwerde zutreffend ausführt – Nichtigkeit nach § 281 Abs 1 Z 11 zweiter Fall StPO (RIS-Justiz RS0118581 [T7]; Ratz in WK 2 StGB § 21 Rz 24).
Im Gegenstand liegt jedoch – der Rüge zuwider – kein solcher Fehler vor: Das Schöffengericht hat neben dem Zustand des Betroffenen gar wohl auch auf dessen Person (US 6, 7) und auf die Art der Anlasstat (US 6) abgestellt.
Dass der Beschwerdeführer die diesbezüglichen Urteilserwägungen für nicht überzeugend hält, weil bestimmte Aspekte seiner Person (Fehlen von Vorstrafen; früheres Verhalten gegenüber seinen Verwandten) und der Anlasstat (die ihrerseits keine schweren Folgen gezeitigt habe) nicht erörtert worden seien, begründet keine Nichtigkeit. Diese – den Ermessensbereich der Gefährlichkeitsprognose betreffende – Kritik stellt vielmehr ein Berufungsvorbringen dar (vgl RIS-Justiz RS0113980 [insbesondere T1, T11]).
Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher gemäß § 285d Abs 1 StPO bereits bei der nichtöffentlichen Beratung sofort zurückzuweisen, woraus die Zuständigkeit des Oberlandesgerichts zur Erledigung der Berufung folgt (§ 285i StPO).