JudikaturOGH

7Nc4/19a – OGH Entscheidung

Entscheidung
01. April 2019

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch die Senatspräsidentin Dr. Kalivoda als Vorsitzende und den Hofrat Hon. Prof. Dr.

Höllwerth und die Hofrätin Mag. Malesich als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Parteien 1. H***** D*****, 2. E***** D*****, vertreten durch Dr. Karl Heinz Plankel, Rechtsanwalt in Wien, gegen die beklagte Partei A***** Gesellschaft mbH, *****, vertreten durch Mag. Mustafa Tuncer, Rechtsanwalt in Kufstein, wegen 37.803,55 EUR sA (erstklagende Partei) und 71.774,80 EUR sA (zweitklagende Partei), über den Delegierungsantrag der klagenden Parteien den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Der Antrag der klagenden Parteien, anstelle des Landesgerichts Innsbruck das Landesgericht Wiener Neustadt, in eventu das Handelsgericht Wien, zur Verhandlung und Entscheidung in dieser Rechtssache zu bestimmen, wird abgewiesen.

Text

Begründung:

Die Kläger begehren mit der von ihnen am 11. 8. 2016 beim Landesgericht Innsbruck eingebrachten Klage Schadenersatz von der im Sprengel des Landesgerichts Innsbruck ansässigen Beklagten wegen unrichtiger Beratung im Zusammenhang mit dem Erwerb von Miteigentumsanteilen an konkret bezeichneten Portfolios.

Die Beklagte beantragt die Abweisung des Klagebegehrens.

Mit Schriftsatz vom 7. 2. 2019 beantragten die Kläger die Delegierung der Rechtssache an das Landesgericht Wiener Neustadt, in eventu an das Handelsgericht Wien. Die Kläger seien in Mödling, sämtliche von ihnen beantragten Zeugen in Wien wohnhaft. Der Klagevertreter unterhalte seine Kanzlei in Wien.

Die Beklagte sprach sich gegen die beantragte Delegierung aus.

Das Vorlagegericht erhob „keine Einwendungen gegen die Delegierung“.

Rechtliche Beurteilung

Der Delegierungsantrag ist nicht berechtigt.

Gemäß § 31 Abs 1 JN kann aus Gründen der Zweckmäßigkeit auf Antrag einer Partei anstelle des zuständigen Gerichts ein anderes Gericht gleicher Gattung zur Verhandlung und Entscheidung bestimmt werden. Eine Delegierung darf nur den Ausnahmefall darstellen und soll nicht zu einer Durchbrechung der an sich maßgeblichen gesetzlichen Zuständigkeitsordnung führen. Gegen den Willen der anderen Partei kann die Delegierung daher nur dann ausgesprochen werden, wenn die Frage der Zweckmäßigkeit eindeutig zu Gunsten aller Parteien des Verfahrens gelöst werden kann (vgl RIS Justiz RS0046589 ua). Aus Zweckmäßigkeitsgründen soll die Delegierung vor allem dann angeordnet werden, wenn die Übertragung der Zuständigkeit an ein anderes Gericht eine wesentliche Verfahrensverkürzung, eine Kostenverringerung oder eine Erleichterung des Gerichtszugangs für die Beteiligten sowie der Amtstätigkeit zu bewirken verspricht (RIS Justiz RS0046333).

Im vorliegenden Fall sind die Kläger in Mödling, die von ihnen beantragten Zeugen in Wien, der Geschäftsführer der Beklagten, dessen Einvernahme von dieser beantragt wurde, hingegen in Kufstein ansässig. Im Hinblick auf die Möglichkeit der Einvernahme auswärtiger Zeugen im Wege der Videokonferenz sind bei einer Verfahrensführung in Innsbruck keine höheren (zB Fahrt )Kosten zu erwarten. Technische oder andere Gründe, die einer Einvernahme der Kläger und der auswärtigen Zeugen im Wege der Videokonferenz entgegenstehen würden, sind nicht ersichtlich. Die Beweisaufnahme im Wege der Videokonferenz hat der Gesetzgeber sogar zur unmittelbaren Beweisaufnahme erklärt (§ 277 ZPO) (7 Ob 22/18x). Dass sich der Kanzleisitz des Klagevertreters – nach Verlegung während des Verfahrens – nunmehr in Wien befindet, ist für die Beurteilung der Zweckmäßigkeit ohne Bedeutung (RIS Justiz RS0046333 [T13]).

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