JudikaturOGH

10Ob76/18a – OGH Entscheidung

Entscheidung
26. März 2019

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Vizepräsidenten Univ. Prof. Dr. Neumayr als Vorsitzenden sowie die Hofrätinnen Dr. Fichtenau und Dr. Grohmann, den Hofrat Mag. Ziegelbauer und die Hofrätin Dr. Faber als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei L***** GmbH, *****, vertreten durch Dr. Klaus Kollmann, Dr. Werner Stegmüller, Dr. Christoph Zauhar, Rechtsanwälte in Graz, gegen die beklagte Partei „P*****“ *****gesellschaft mbH, *****, vertreten durch Brandstetter, Baurecht, Pritz Partner Rechtsanwälte KG in Wien, wegen 304.000 EUR sA, über die außerordentliche Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht vom 28. Juni 2018, GZ 2 R 28/18d 45, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.

Begründung:

Rechtliche Beurteilung

1.1 Eine vom Berufungsgericht verneinte Mangelhaftigkeit des erstgerichtlichen Verfahrens kann vom Obersten Gerichtshof nicht mehr überprüft werden (RIS Justiz RS0042963). Die von der Beklagten als Mangelhaftigkeit des Verfahrens erster Instanz gerügte Nichteinholung eines Sachverständigengutachtens aus dem Fachgebiet „Honorar der Architekten, Ziviltechniker und Baumeister“ hat das Berufungsgericht verneint.

1.2 Auch eine in der Berufung nicht geltend gemachte Mangelhaftigkeit des erstgerichtlichen Verfahrens kann vom Obersten Gerichtshof nicht mehr überprüft werden (RIS Justiz RS0043111). Die erstmals in der außerordentlichen Revision behaupteten angeblichen Mängel des Verfahrens erster Instanz – Nichtdurchführung einer mündlichen Verhandlung vor der Urteilsfällung im zweiten Rechtsgang; Entscheidung des Erstgerichts über eine Beweisverfristung außerhalb der mündlichen Streitverhandlung; Auftrag zum Erlag eines Kostenvorschusses ohne Androhung der Rechtsfolgen der §§ 365, 332 Abs 2 ZPO; Unterlassung der Fassung eines Beschlusses gemäß § 193 ZPO, sodass die Beklagte auch keine aktualisierte Kostennote habe legen können – hat die Beklagte in der Berufung nicht geltend gemacht.

2. Die Beklagte macht geltend, dass sie durch die in Punkt 1.2 beschriebenen Vorgänge im Verfahren erster Instanz in ihrem rechtlichen Gehör verletzt worden sei, sodass der Nichtigkeitsgrund des § 477 Abs 1 Z 4 ZPO verwirklicht sei. Abgesehen davon, dass die Beklagte eine solche Nichtigkeit in der Berufung nicht geltend gemacht hat, übersieht sie, dass sich das Berufungsgericht inhaltlich mit den Vorgängen, die der Urteilsfällung des Erstgerichts im zweiten Rechtsgang vorangingen, auseinandergesetzt hat. Das Berufungsgericht führte aus, dass das Erstgericht zu Recht von der Präklusionsbestimmung des § 365 ZPO (iVm § 332 Abs 2 ZPO) Gebrauch gemacht hat. Es hat damit – in den Gründen seiner Entscheidung – die nunmehr erstmals geltend gemachte Nichtigkeit implizit verneint, setzt doch dieser Nichtigkeitsgrund stets einen ungesetzlichen Vorgang (RIS Justiz RS0042202) und damit einen „Gerichtsfehler“ im weiteren Sinn voraus. Ein Beschluss des Berufungsgerichts, mit dem eine wegen Nichtigkeit erhobene Berufung verworfen wurde, kann aber mit Rekurs nicht mehr bekämpft werden, auch wenn die Verwerfung – wie hier – in der Begründung der zweitinstanzlichen Entscheidung erfolgte (2 Ob 174/12w; RIS Justiz RS0043405 [T21]).

3. Die Frage, ob das Vorbringen einer Partei soweit spezifiziert ist, dass es als Anspruchsgrundlage hinreicht, ist grundsätzlich eine solche des Einzelfalls (RIS Justiz RS0044273 [T4]; RS0042828), es sei denn die Auslegung des Vorbringens sei mit seinem Wortlaut unvereinbar oder verstieße gegen die Denkgesetze (RIS Justiz RS0042828 [T11]). Dies behauptet die Beklagte gar nicht, sondern führt lediglich aus, dass ihr Vorbringen betreffend die Einwände des Irrtums, der laesio enormis und der Sittenwidrigkeit entgegen der übereinstimmenden Rechtsansicht der Vorinstanzen ausreichend spezifiziert wäre. Sie wünscht damit lediglich eine andere Auslegung ihres Vorbringens im Einzelfall, womit sie keine Korrekturbedürftigkeit der Entscheidung des Berufungsgerichts aufzeigt.

Mangels einer Rechtsfrage von der Qualität des § 502 Abs 1 ZPO war die Revision daher zurückzuweisen.

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