10Nc13/19x – OGH Entscheidung
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat durch den Vizepräsidenten Univ. Prof. Dr.
Neumayr als Vorsitzenden sowie die Hofrätinnen Dr. Fichtenau und Dr. Grohmann als weitere Richter (Senat gemäß § 11a Abs 3 ASGG) in der Sozialrechtssache der klagenden Partei S*****, vertreten durch Dr. Thomas Majoros, Rechtsanwalt in Wien, gegen die beklagte Partei Pensionsversicherungsanstalt, 1021 Wien, Friedrich Hillegeist Straße 1, wegen Entziehung des Rehabilitationsgeldes, über die Ablehnung aller Richter des Oberlandesgerichts Wien den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Die Ablehnung wird zurückgewiesen.
Text
Begründung:
Im Verfahren 26 Cgs 181/17y des Arbeits und Sozialgerichts Wien, in dem die Klägerin die Weitergewährung des Rehabilitationsgeldes begehrt, wurde der Ablehnungswerber zum Sachverständigen bestellt. Er beanspruchte die Zuerkennung von Gebühren für die Erstellung eines Gutachtens in Höhe von 949 EUR inklusive USt. Das Erstgericht bestimmte die Gebühren mit 480 EUR inklusive USt und wies das Mehrbegehren ab. Gegen diese Abweisung erhob der Sachverständige einen Rekurs.
Mit seiner Eingabe vom 1. 2. 2019 lehnte er alle Richter des Oberlandesgerichts Wien ab. Bei diesem Gericht seien als Rekursgericht mehrere Rekursverfahren mit ähnlichem Inhalt anhängig, weil eine Richterin des Arbeits und Sozialgerichts Wien ihm seine Gebühren nicht nach dem GebAG zuspreche. Er habe bereits Rekursentscheidungen erhalten, die über weite Strecken wortident seien. Die Übernahme von Entscheidungstexten durch das Oberlandesgericht Wien sei entweder ein unkritisches „Abschreiben“ oder eine in der Prozessordnung nicht vorgesehene Abstimmung über die Entscheidungstexte. Es sei davon auszugehen, dass sich beim Rekursgericht bereits ein Gruppendruck gebildet habe, den Sachverständigen mit dem „Formular“ abzuspeisen; dies auch in Anbetracht der Tatsache, dass die Anrufung des Obersten Gerichtshofs gemäß § 528 Abs 2 Z 5 ZPO ausgeschlossen sei. Ein Abweichen vom „Formular“ könnte soziale Nachteile unter Kollegen nach sich ziehen. Es gehe also nicht mehr um die Bereitschaft, die eigene Meinung zu ändern, sondern darum, sich nicht dem fremden Präjudiz unterzuordnen. Die Begründung der Rekursentscheidungen beruhe auf so offensichtlichen und groben Verstößen, dass die Besorgnis begründet sei, auch der in diesem Verfahren zuständige Richter könnte sich im konkreten Fall nicht ausschließlich von objektiven Gesichtspunkten leiten lassen.
Der zur Entscheidung über den Rekurs zuständige Einzelrichter (§ 8a Abs 1 JN) des Oberlandesgerichts Wien erklärte sich für nicht befangen.
Rechtliche Beurteilung
Die Ablehnung sämtlicher Richter des Oberlandesgerichts Wien ist zurückzuweisen.
1. Wird ein Gerichtshof durch eine Ablehnung beschlussunfähig, so entscheidet über diese Ablehnung nach § 23 JN der zunächst übergeordnete Gerichtshof, sodass der Oberste Gerichtshof zur Entscheidung über die Ablehnung zuständig ist (RIS Justiz RS0109137).
2. Nach § 19 Z 2 JN kann ein Richter in bürgerlichen Rechtssachen abgelehnt werden, wenn nach objektiver Prüfung und Beurteilung ein zureichender Grund vorliegt, seine Unbefangenheit in Zweifel zu ziehen. Die Ablehnung eines ganzen Gerichts ist nur bei Ablehnung jedes einzelnen seiner Richter unter Angabe konkreter Ablehnungsgründe möglich (10 Nc 7/19i mwN). Dazu reicht die Behauptung eines Gruppendrucks sowie einer verfehlten rechtlichen Beurteilung in den bisher ergangenen Rekursentscheidungen nicht aus.