8ObA14/19w – OGH Entscheidung
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten Hon. Prof. Dr. Kuras als Vorsitzenden, die Hofrätinnen Dr. Tarmann Prentner und Mag. Korn als weitere Richter sowie die fachkundigen Laienrichter Mag. Dr. Werner Hallas (aus dem Kreis der Arbeitgeber) und Ing. Karl Melichar (aus dem Kreis der Arbeitnehmer) in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei H***** M*****, vertreten durch Dr. Helmut Grubmüller, Rechtsanwalt in Wien, gegen die beklagte Partei S*****, vertreten durch Dr. Gustav Teicht, Dr. Gerhard Jöchtl, Rechtsanwälte in Wien, wegen Feststellung (Interesse 21.800 EUR), über die außerordentliche Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht in Arbeits und Sozialrechtssachen vom 30. Jänner 2019, GZ 8 Ra 47/18t 42, in nichtöffentlicher Sitzung den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Die außerordentliche Revision wird gemäß §§ 2 ASGG, 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.
Begründung:
Rechtliche Beurteilung
Die Beurteilung, ob im Einzelfall ein Kündigungs oder Entlassungsgrund verwirklicht wurde, stellt regelmäßig keine erhebliche Rechtsfrage iSd § 502 Abs 1 ZPO dar (RIS Justiz RS0106298 [insb T13; T14; T15]; RS0044088 [T31]).
Die Beklagte hat sich primär auf den Entlassungsgrund nach § 45 Abs 2 Z 2 VBO 1995 gestützt, der vorliegt, wenn der Vertragsbedienstete sich einer besonders schweren Verletzung der Dienstpflichten oder einer Handlung oder einer Unterlassung schuldig macht, die ihn des Vertrauens der Gemeinde unwürdig erscheinen lässt. Eventualiter hat sich die Beklagte (soweit im Rechtsmittelverfahren noch wesentlich) auf die Kündigungsgründe nach § 42 Abs 2 Z 1 (gröbliche Verletzung von Dienstpflichten), Z 5 (Verhalten, das mit dem Ansehen oder den Interessen des Dienstes unvereinbar ist, insbesondere Tätlichkeiten oder erhebliche Ehrverletzungen) berufen.
Ob der konkret festgestellte Sachverhalt einen dieser gesetzlichen Tatbestände erfüllt, muss in jedem Einzelfall geprüft werden, wobei die wesentlichen Kriterien der besonderen „Schwere“, „Gröblichkeit“ und „Unvereinbarkeit“ den Gerichten einen Beurteilungsspielraum offenlassen, innerhalb dessen sie eine Ermessensentscheidung zu treffen haben.
Soweit die Revision meint, der vorliegende Sachverhalt sei mit der Entscheidung des Obersten Gerichtshofs zu 9 ObA 111/08a (Ohrfeige gegen ein Kindergartenkind) vergleichbar, geht sie nicht von den Feststellungen der Tatsacheninstanzen aus, sodass der Rechtsmittelgrund nicht gesetzmäßig ausgeführt wird (RIS Justiz RS0043312 [T4]). Der Kläger hat den Feststellungen zufolge niemanden geohrfeigt.
Die rechtliche Beurteilung der Vorinstanzen trägt der konkreten Situation (Lenken eines mit Lehrlingen besetzten Dienstfahrzeugs, fortgesetzte Provokation, Problem mit dem Hörgerät, nicht schmerzhafter als „Spaßaktion“ empfundener Klaps) nachvollziehbar Rechnung und verlässt den Rahmen des eingeräumten Beurteilungsspielraums nicht.