7Ob43/19b – OGH Entscheidung
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch die Senatspräsidentin Dr. Kalivoda als Vorsitzende und die Hofrätinnen und Hofräte Hon. Prof. Dr. Höllwerth, Dr. E. Solé, Mag. Malesich und MMag. Matzka als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Ing. N***** M*****, vertreten durch Mag. Wolfgang Gartner, Rechtsanwalt in Wien, gegen die beklagte Partei S***** W*****, vertreten durch Schönherr Rechtsanwälte GmbH in Wien, und die Nebenintervenientinnen der beklagten Partei 1. S***** GmbH, *****, vertreten durch Beer Steinmair Rechtsanwälte OG in Wien, und 2. B***** AG, *****, vertreten durch Milchram Ehm Mödlagl Rechtsanwälte in Wien, wegen 54.379,80 EUR sA, über die außerordentliche Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht vom 20. Dezember 2018, GZ 1 R 126/18h 36, den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen (§ 510 Abs 3 ZPO).
Begründung:
Rechtliche Beurteilung
1. Durch die Einbringung der Klage ist die Verjährung nur für die in der Klage geltend gemachten Ansprüche gehemmt (RIS Justiz RS0034556 [T10]), weshalb im Fall der gesonderten Geltendmachung verschiedener (Schadenersatz-)Ansprüche die Voraussetzungen der Verjährung jeweils gesondert und unabhängig zu prüfen sind (RIS Justiz RS0034556 [T7]). Dies gilt auch dann, wenn ein (Schadenersatz )Anspruch auf einen unterschiedlichen und deshalb neuen Sachverhalt gegründet wird (vgl 3 Ob 259/05t). Auf dieser gesicherten Rechtsprechung baut die Rechtsansicht des Berufungsgerichts auf.
2. Strittig ist im Revisionsverfahren insoweit nur mehr, ob die Geltendmachung der „Mindestgarantie“ (Mindestverzinsung von 3 %) in der Streitverhandlung am 19. 7. 2017 als eine – wie vom Berufungsgericht angenommen – Klageänderung durch Geltendmachung eines neuen anspruchsbegründenden Sachverhalts oder als eine – wie vom Kläger vertreten – bloße Ergänzung und Richtigstellung des Klagebegehrens zu werten ist.
3. Die Frage, ob eine Klageänderung vorliegt oder aber eine bloße Richtigstellung des Klagebegehrens ohne Änderung des Klagegrundes, hängt von den Umständen des Einzelfalls (RIS Justiz RS0039388 [T3]), namentlich vom Parteivorbringen ab. Dessen Auslegung ist keine Frage, der zur Wahrung der Rechtseinheit, Rechtssicherheit oder Rechtsentwicklung erhebliche Bedeutung zukäme (RIS Justiz RS0042828). Gegenteiliges gilt im Interesse der Wahrung der Rechtssicherheit nur dann, wenn die Auslegung des Parteivorbringens mit seinem Wortlaut unvereinbar ist oder gegen die Denkgesetze verstieße (RIS Justiz RS0042828 [T11, T31]). Dies ist hier nicht der Fall:
4. Der Kläger hat in der Klage sein Begehren auf eine – im Lebensversicherungsvertrag unstrittig nicht enthalten gewesene – „Erfüllungszusage“ (Erfolgszusage) des Anlagenvermittlers gestützt, wonach das Auszahlungskapital am Ende der Laufzeit zwischen 125.000 und 135.000 EUR betragen werde. Weiters hat der Kläger in seiner Klage darauf hingewiesen, dass der Auszahlungsbetrag aus der fondsgebundenen Lebensversicherung nicht ausgereicht habe, um den Fremdwährungskredit abdecken zu können, weshalb er sämtliche vorhandenen Liquiditätsreserven habe auflösen müssen, um den Kredit bedienen zu können. Durch die fehlerhafte Beratung zu diesem Finanzierungsmodell sei ihm ein – nicht näher konkretisierter – Schaden entstanden, der sich auf rund 35.000 EUR belaufe. Zur Mindestrendite führte der Kläger in der Klage nur aus, dass „lediglich die Mindestgarantie zum Schlagen kam und zu einem Aufstockungsbetrag von (unstrittig bezahlten) 10.508,91 EUR führte“, woraus dann der ausbezahlte Betrag von 80.620,20 EUR resultiert habe.
5. In der Streitverhandlung am 19. 7. 2017 machte der Kläger erstmals geltend, dass „der von beklagten Partei zugesagte Garantiebetrag (Mindestverzinsung 3 % p.a.) nicht zur Gänze bezahlt worden sei“ und er stellte eine Berechnung an, wonach die gemäß den Bedingungen des Versicherungsvertrags garantierte Verzinsung 31.724,38 EUR betrage und davon noch 23.676 EUR nicht ausgezahlt seien. In der Revision wird der nicht ausbezahlte Betrag nunmehr mit 31.637,68 EUR beziffert.
6. Zusammengefasst folgt daraus, dass der Kläger in der Klage sein Begehren auf eine pauschale (im Lebensversicherungsvertrag nicht enthalten gewesene) Erfolgszusage des Anlagevermittlers und einen nicht näher bezifferten Schaden aus der Abdeckung des Fremdwährungskredits stützte, während aus dem Klagsvorbringen der Eindruck zu gewinnen war, die „Mindestgarantie“ sei als „Aufstockungsbetrag“ bezahlt worden. Erstmals in der Streitverhandlung machte der Kläger den im Lebensversicherungsvertrag vorgesehenen und angeblich nicht zur Gänze ausbezahlten garantierten Wertzuwachs geltend. Wenn das Berufungsgericht dieses Vorbringen des Klägers in der Streitverhandlung als neuen anspruchsbegründenden Sachverhalt wertete, dann widerspricht dies jedenfalls nicht den für das Parteivorbringen maßgeblichen Auslegungsgrundsätzen.
7. Schließlich behauptet der Kläger, der Verjährungseinwand widerspreche Treu und Glauben, weil die Beklagte zum Aufstockungsbetrag keine Berechnungen vorgelegt habe. Dabei geht der Kläger aber nicht vom unstrittigen Sachverhalt aus, wonach in der Verbraucherinformation der Pool mit garantiertem Wachstum beschrieben ist und der Kläger auch eine Abschlussabrechnung erhalten hat.
8. Der Kläger macht demnach insgesamt keine erhebliche Rechtsfrage geltend. Mangels Vorliegens der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO ist die Revision daher nicht zulässig und zurückzuweisen. Einer weitergehenden Begründung bedarf dieser Beschluss nicht (§ 510 Abs 3 ZPO).