JudikaturOGH

14Os6/19t – OGH Entscheidung

Entscheidung
05. März 2019

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 5. März 2019 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Prof. Dr. Danek als Vorsitzenden, die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Mag. Hetlinger, die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Nordmeyer und Dr. Oshidari sowie die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Dr. Mann in Gegenwart des Schriftführers Bodinger in der Strafsache gegen Patrick H***** wegen des Verbrechens des schweren Raubes nach §§ 142 Abs 1, 143 Abs 1 zweiter Fall und § 15 StGB und weiterer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Wien als Schöffengericht vom 2. Oktober 2018, GZ 11 Hv 58/18d 50, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufung werden die Akten dem Oberlandesgericht Wien zugeleitet.

Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde Patrick H***** – soweit für das Verfahren über die Nichtigkeitsbeschwerde relevant – dreier Verbrechen des schweren Raubes nach §§ 142 Abs 1, 143 Abs 1 zweiter Fall StGB (A./I./2./a./, c./ und d./) schuldig erkannt.

Danach hat er in W*****

A./I./2./ durch Drohung mit gegenwärtiger Gefahr für Leib oder Leben (§ 89 StGB) anderen fremde bewegliche Sachen mit dem Vorsatz, sich durch deren Zueignung unrechtmäßig zu bereichern, unter Verwendung einer Waffe, nämlich einer Gaspistole, abgenötigt, und zwar

a./ am 1. Februar 2018 Gerald R***** Bargeld in Höhe von etwa 700 Euro, indem er eine Trafikangestellte unter Vorhalt einer Gaspistole zur Herausgabe des Geldes aufforderte;

c./ und d./ am 4. und 8. März 2018 Verfügungsberechtigten der Tankstelle ***** in ***** Bargeld in Höhe von 4.149 Euro (c./) und 4.591 Euro (d./), indem er jeweils Angestellte derselben unter Vorhalt einer Gaspistole zur Herausgabe des Geldes aufforderte.

Rechtliche Beurteilung

Die aus § 281 Abs 1 Z 5 StPO ergriffene Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten ist nicht im Recht.

Mit der Beschreibung der Tatwaffe durch die Zeuginnen F***** und R***** hat sich das Schöffengericht – dem zu A./I./2./a./ erhobenen Einwand von Unvollständigkeit (Z 5 zweiter Fall) zuwider – auseinandergesetzt (US 8 f).

Der Einsatz einer Gaspistole bei dieser Tat wurde dabei entgegen der Mängelrüge (Z 5 vierter Fall) nicht den Kriterien folgerichtigen Denkens oder grundlegenden Erfahrungssätzen widersprechend begründet (RIS Justiz RS0116732), sondern auf die Wahrnehmungen der Zeuginnen F***** und R***** und die daraus in freier Beweiswürdigung (§ 258 Abs 2 StPO) gezogenen Schlüsse unter Auseinandersetzung mit der Verantwortung des Angeklagten und Wertung derselben als bloße Schutzbehauptung gestützt (US 8 f).

Eine bloße Scheinbegründung liegt nur vor, wenn mit der Verwendung von Wörtern wie „zweifellos“, „offenbar“ oder „liegt auf der Hand“ die Angabe von Gründen ersetzt wird und damit der zu beweisende Tatumstand stillschweigend im Rahmen der Beweisführung als bewiesen vorausgesetzt wird, an die Stelle einer Begründung also eine bloße Behauptung gesetzt wird (RIS Justiz RS0099494; Ratz , WK StPO § 281 Rz 446). Davon kann bei begründeter Wertung der Verantwortung des Angeklagten als „unlogisch“ oder „nicht schlüssig“ (US 9) keine Rede sein.

Zu A./I./2./c./ und d./ behauptet die Mängelrüge (Z 5 fünfter Fall) Aktenwidrigkeit, die jedoch nur bei erheblich unrichtiger Wiedergabe des Inhalts eines Beweismittels in den Entscheidungsgründen vorliegt (RIS Justiz RS0099431). Ein solches Fehlzitat spricht die Beschwerde nicht an, indem sie die Beweiswürdigung des Schöffengerichts, der Angeklagte habe nach den Bildern der Überwachungskamera bei den Überfällen jene olivgrüne Jacke getragen, die zusammen mit der Gaspistole und einem Rucksack des Angeklagten im Keller eines Hauses aufgefunden wurde (US 11), unter Hinweis auf die im Akt erliegenden Lichtbilder anzweifelt.

Soweit die Nichtigkeitsbeschwerde das Urteil zwar uneingeschränkt bekämpft, inhaltlich aber zu den Schuldsprüchen A./I./1./a./ und b./, A./I./2./b./ und B./ bis E./ nicht argumentiert, war auf sie keine Rücksicht zu nehmen, weil auch bei ihrer Anmeldung Nichtigkeitsgründe nicht deutlich und bestimmt bezeichnet wurden (§ 285 Abs 1 zweiter Satz, § 285a Z 2 StPO).

Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher bei der nichtöffentlichen Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO), woraus die Zuständigkeit des Oberlandesgerichts zur Entscheidung über die Berufung folgt (§ 285i StPO).

Zum Schuldspruch E./ bleibt anzumerken, dass das Schöffengericht die Taten – ausgehend von den Feststellungen, wonach der Angeklagte trotz Bestehens eines rechtskräftigen Waffenverbots in zwei getrennten Tatzeiträumen jeweils eine Gaspistole samt Munition besessen hat und dies von seinem Wissen umfasst war (US 7 f) – jeweils § 50 Abs 1 Z 3 (anstelle von § 50 Abs 1 Z 2) WaffG zu subsumieren gehabt hätte. Mit diesem Subsumtionsfehler ist kein Nachteil iSd § 290 Abs 1 zweiter Satz erster Fall StPO für den Angeklagten verbunden, weil er den zur Anwendung gelangenden Strafrahmen unberührt lässt und sich bei der Strafzumessung nicht nachteilig ausgewirkt hat (US 12). Das Oberlandesgericht ist an die fehlerhafte Subsumtion nicht gebunden (RIS-Justiz RS0118870).

Der Kostenausspruch beruht auf § 390a Abs 1 StPO.

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