10Nc6/19t – OGH Entscheidung
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat durch den Vizepräsidenten Univ. Prof. Dr. Neumayr als Vorsitzenden sowie die Hofrätinnen Dr. Fichtenau und Dr. Grohmann in der Rechtssache der klagenden Partei G*****, vertreten durch Dr. Karl-Heinz Plankel, Rechtsanwalt in Wien, gegen die beklagte Partei I*****, vertreten durch Brandl Talos Rechtsanwälte GmbH in Wien, und der Nebenintervenienten auf Seiten der beklagten Partei 1. S*****, Deutschland, vertreten durch Meinhard Novak Rechtsanwalts GmbH in Wien, 2. A*****, vertreten durch Dr. Günther Klepp und andere Rechtsanwälte in Linz, 3. I*****, vertreten durch Lederer Rechtsanwalt GmbH in Wien, wegen Feststellung, über den Antrag der klagenden Partei auf Delegierung gemäß § 31 JN, den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Der Antrag der klagenden Partei, gemäß § 31 JN das Landesgericht Wiener Neustadt, in eventu das Handelsgericht Wien, in eventu das Landesgericht Korneuburg anstelle des Landesgerichts Linz zur Verhandlung und Entscheidung zu bestimmen, wird abgewiesen.
Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei und deren Erst sowie Zweitnebenintervenienten die jeweils mit 709,66 EUR (darin enthalten 118,28 EUR USt) und der Drittnebenintervenientin die mit 149,58 EUR (darin enthalten 24,93 EUR USt) bestimmten Kosten für ihre Äußerungen jeweils binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Text
Begründung:
Mit seiner beim Landesgericht Linz im März 2012 eingebrachten Klage macht der Kläger Beratungsfehler geltend und begehrt die Feststellung der Haftung der Beklagten für alle Nachteile aus der Zeichnung eines Pensionsvorsorgemodells.
Er beantragte im Jänner 2019 die Delegierung der Rechtssache aus Gründen der Zweckmäßigkeit an das Landesgericht Wiener Neustadt, in eventu an das Handelsgericht Wien, in eventu an das Landesgericht Korneuburg. Eine Beweisaufnahme durch Vernehmung von Personen sei noch nicht erfolgt, das Verfahren auf die Frage der Verjährung eingeschränkt worden. Der Kläger wohne so wie fast alle der namhaft gemachten Zeugen in Niederösterreich. Auch die Parteienvertreter hätten mehrheitlich ihren Kanzleisitz in Wien.
Die Beklagte, die Nebenintervenienten und der Erstrichter sprechen sich gegen die Delegierung aus.
Rechtliche Beurteilung
Der Delegierungsantrag ist nicht berechtigt:
1. Die Delegierung ist zweckmäßig, wenn die Zuständigkeitsübertragung an das andere Gericht zu einer wesentlichen Verkürzung des Verfahrens, zur Erleichterung des Gerichtszugangs und der Amtstätigkeit oder zu einer wesentlichen Kostenersparnis beitragen kann (RIS Justiz RS0053169; RS0046333). Dabei ist zu beachten, dass die Delegierung der Ausnahmefall ist und nicht durch eine allzu großzügige Handhabung zu einer faktischen Durchbrechung der gesetzlichen Zuständigkeitsordnung führen darf. Gegen den Willen der anderen Partei ist eine Delegierung daher nur auszusprechen, wenn die Frage der Zweckmäßigkeit eindeutig zu Gunsten aller Parteien des Verfahrens gelöst werden kann (RIS Justiz RS0046589; RS0046324; RS0046455). Das ist nicht der Fall.
2.
Der Kläger übergeht in seinem Antrag, dass neben den von ihm (zum Großteil erst im Delegierungsantrag) genannten Zeugen, auch von der Gegenseite mehrere Zeugen mit Wohnsitz oder ladungsfähiger Anschrift im Sprengel des angerufenen Gerichts namhaft gemacht worden sind. Bei diesem Gericht sind auch schon mehrere Anlegerverfahren im Zusammenhang mit dem Pensionsmodell, das der Kläger zeichnete, anhängig. Unter diesen Gesichtspunkten ist ein eindeutiger Vorteil für alle Verfahrensbeteiligten durch die Übertragung der Zuständigkeit an ein anderes Gericht nicht zu erkennen. Eine Delegierung gegen den Willen der beklagten Partei kommt somit nicht in Betracht. Der Kanzleisitz der Parteienvertreter ist für die Zweckmäßigkeit einer Delegierung jedenfalls ohne Bedeutung (RIS Justiz RS0046333 [T2, T13]).
3. Umstände, die ein Abgehen von der gesetzlichen Zuständigkeitsordnung rechtfertigen würden, liegen somit nicht vor. Der Delegierungsantrag ist daher abzuweisen.
4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 41 ZPO. Der erfolglose Delegierungswerber hat dem Prozessgegner dessen notwendige Kosten seiner ablehnenden Äußerung zum Delegierungsantrag unabhängig vom Ausgang des Rechtsstreits zu ersetzen, allerdings nur nach TP 2 RATG (2 Nc 1/17w; RIS Justiz RS0036025 [T1]). Als Erhöhungsbetrag nach § 23a RATG gebühren 2,10 EUR. Der Drittnebenintervenientin ist der von ihr verzeichnete Betrag zuzusprechen.