JudikaturOGH

11Os147/18d – OGH Entscheidung

Entscheidung
29. Januar 2019

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 29. Jänner 2019 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Schwab als Vorsitzenden sowie die Vizepräsidentin des Obersten Gerichtshofs Mag. Marek, die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Dr. Bachner Foregger und Mag. Fürnkranz und den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. Oberressl als weitere Richter in Gegenwart der Rechtspraktikantin Mag. Holzer als Schriftführerin in der Strafsache gegen Mustafa B***** wegen des Verbrechens der absichtlichen schweren Körperverletzung nach § 87 Abs 1 StGB und einer weiteren strafbaren Handlung, über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten sowie die Berufung der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Landesgerichts Wels als Schöffengericht vom 18. Juli 2018, GZ 11 Hv 61/18m 56, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufungen werden die Akten dem Oberlandesgericht Linz zugeleitet.

Dem Angeklagten fallen die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil, das auch einen in Rechtskraft erwachsenen Freispruch enthält, wurde Mustafa B***** des Verbrechens der schweren Körperverletzung nach § 84 Abs 4 StGB schuldig erkannt.

Danach hat er am 1. Juli 2017 in L***** Ervin R***** eine an sich schwere Körperverletzung verbunden mit einer mehr als 24 Tage andauernden Gesundheitsstörung zugefügt, indem er mit einem 76 cm langen Metallrohr und den Fäusten wiederholt auf dessen Kopf und Körper einschlug, wodurch Ervin R***** eine Rissquetschwunde über dem körpernahen Gelenk des rechten Kleinfingers streckseitig, eine komplette Ruptur der Strecksehne des rechten Kleinfingers, eine Prellung des rechten Unterarms mit Hämatom, eine Prellung des Kopfes und eine Prellmarke über dem linken Jochbogen erlitt.

Rechtliche Beurteilung

Dagegen richtet sich die auf § 281 Abs 1 Z 5 und 9 lit b StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten.

Mit der Verantwortung des Angeklagten, er selbst sei von R***** angegriffen worden und nicht umgekehrt, hat sich das Schöffengericht auseinandergesetzt (US 5), diese Version mit Blick auf die Aussagen des Opfers und weiterer Zeugen aber als unglaubwürdig verworfen (US 5–9). Dabei war es – dem Einwand der Unvollständigkeit (Z 5 zweiter Fall) zuwider – nicht verhalten, den vollständigen Inhalt sämtlicher Aussagen in extenso zu erörtern und daraufhin zu untersuchen, inwieweit sie für oder gegen diese oder jene Darstellung sprechen. Es musste sich auch nicht mit jedem gegen seine Beweiswürdigung möglichen, im Rahmen der Nichtigkeitsbeschwerde erhobenen Einwand im Voraus auseinandersetzen.

Dass aufgrund der Angaben des Angeklagten – etwa zu einem möglichen Motiv des R*****, ihn anzugreifen – auch andere Schlüsse möglich gewesen wären, begründet keinen Urteilsmangel. Ein allfälliges Tatmotiv war hier zudem weder schuld- noch subsumtionsrelevant, sodass sich die Tatrichter damit nicht auseinandersetzen mussten (RIS-Justiz RS0088761).

Durch die Berufung auf den Zweifelsgrundsatz wird keine Nichtigkeit aufgezeigt (RIS-Justiz RS0117561, RS0102162, RS0099756).

Insgesamt übt die Mängelrüge (Z 5) – nach Art einer im schöffengerichtlichen Verfahren unzulässigen Schuldberufung – bloß Kritik an der Beweiswürdigung des Erstgerichts.

Die Feststellung eines Motivs im Urteil ist nur dann geboten, wenn es für die Erfüllung der subjektiven Tatseite erforderlich ist (RIS-Justiz RS0088761 [T1]). Weshalb dies bei einer schweren Körperverletzung nach § 84 Abs 4 StGB der Fall sein sollte, erklärt die einen darauf bezogenen Feststellungsmangel behauptende Rechtsrüge nicht.

Da die Tatrichter – unter Berücksichtigung der von der Beschwerde ins Treffen geführten Angaben der Zeugen P*****, J*****, Mujo R*****, K*****, Po***** sowie Adel und Jasminka C***** – der Version des Angeklagten keinen Glauben schenkten (US 5 ff) und von einem überraschenden Angriff des Angeklagten auf Ervin R***** (und nicht umgekehrt) ausgingen (US 3), wird auch mit der Berufung auf diese Aussagen ein Feststellungsmangel in Richtung Notwehr (Z 9 lit b) nicht prozessordnungskonform zur Darstellung gebracht (RIS-Justiz RS0118580). Vielmehr strebt die Rechtsrüge an, die Urteilskonstatierungen auf Basis eigenständiger Beweiswerterwägungen durch gegenteilige zu ersetzen. Dies ist meritorischer Erwiderung nicht zugänglich.

Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher bereits in nichtöffentlicher Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO), woraus die Zuständigkeit des Oberlandesgerichts zur Entscheidung über die Berufungen folgt (§ 285i StPO).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 390a Abs 1 StPO.

Rückverweise