11Os138/18f – OGH Entscheidung
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat am 29. Jänner 2019 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Schwab als Vorsitzenden sowie die Vizepräsidentin des Obersten Gerichtshofs Mag. Marek, die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Dr. Bachner Foregger und Mag. Fürnkranz und den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. Oberressl als weitere Richter in Gegenwart der Rechtspraktikantin Mag. Holzer als Schriftführerin in der Strafsache gegen Serdar Y***** und andere Angeklagte wegen des Verbrechens des Suchtgifthandels nach § 28a Abs 1 fünfter Fall, Abs 4 Z 3 SMG und weiterer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten Serdar Y***** gegen das Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Wien als Schöffengericht vom 31. Juli 2018, GZ 72 Hv 86/18w 135, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.
Zur Entscheidung über die Berufung werden die Akten dem Oberlandesgericht Wien zugeleitet.
Dem Angeklagten Y***** fallen die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Text
Gründe:
Mit dem angefochtenen Urteil, das überdies rechtskräftige Schuldsprüche weiterer Angeklagter enthält, wurde Serdar Y***** des Verbrechens des Suchtgifthandels nach § 28a Abs 1 fünfter Fall und Abs 4 Z 3 SMG (A./I./1./), des Vergehens der Vorbereitung von Suchtgifthandel nach § 28 Abs 1 zweiter Fall SMG (A./I./2./b./) und des Vergehens des unerlaubten Umgangs mit Suchtgiften nach § 27 Abs 1 zweiter Fall, Abs 2 SMG (A./II./2./) schuldig erkannt.
Danach hat er in W*****
A./ vorschriftswidrig Suchtgift
I./ in einer die Grenzmenge übersteigenden Menge
1./ in einer das Fündundzwanzigfache der Grenzmenge (§ 28b SMG) übersteigenden Menge anderen überlassen, nämlich Heroin mit einem soweit nicht anders angeführt durchschnittlichen Reinheitsgehalt von zumindest 25,97 % Heroin, 1,51 % Acetylcodein und 0,7 % Monoacetylmorphin, und zwar
a./ mit Enes S***** im bewussten und gewollten Zusammenwirken als Mittäter (§ 12 StGB), indem sie von Anfang Oktober 2017 bis 1. Februar 2018 das Suchtgift an nachgenannte Abnehmer gewinnbringend verkauften, und zwar
aa./ an Sebahattin B***** zumindest 50 g mit einem durchschnittlichen Reinheitsgehalt von zumindest 16 % Heroin um 20 Euro pro Gramm und zumindest 25 g mit einem durchschnittlichen Reinheitsgehalt von zumindest 25,97 % Heroin, 1,51 % Acetylcodein und 0,7 % Monoacetylmorphin um 40 Euro pro Gramm;
bb./ an Zübeyir K***** 50 g um 50 Euro pro Gramm;
cc./ an den unbekannten Abnehmer „Ahmet“ eine nicht mehr feststellbare Menge;
b./ mit einem unbekannten Täter im bewussten und gewollten Zusammenwirken als Mittäter (§ 12 StGB), indem sie im Dezember 2017 und Jänner 2018 insgesamt 300 g Heroin an Angela H***** und Cemal Ba***** gewinnbringend um 25 Euro pro Gramm verkauften;
2./ am 1. Februar 2018 mit dem Vorsatz besessen, dass es in Verkehr gesetzt werde, und zwar
...
b./ mit Ümit Ka*****, Enes S***** und Hamdullah E***** im bewussten und gewollten Zusammenwirken als Mittäter (§ 12 StGB) insgesamt 122 g Heroin, enthaltend eine Reinsubstanz von zumindest 35,65 g Heroin, 2,05 g Acetylcodein und 1,06 g Monoacetylmorphin, wobei sie das Suchtgift an ihrer Adresse in ***** (gelbes Gebäude im Innenhof des Mehrparteienhauses) aufbewahrten;
II./ zum ausschließlich persönlichen Gebrauch
...
2./ besessen, und zwar am 1. Februar 2018 geringe Mengen Cannabisblüten.
Rechtliche Beurteilung
Dagegen richtet sich die auf § 281 Abs 1 Z 5 und 10 StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten Serdar Y*****.
Da eine im Eigentum einer Person stehende Sache ohne Weiteres von mehreren Personen besessen werden kann, ist die Feststellung eines – von den Tatrichtern als erheblich erachteten – (Mit )Besitzes des Beschwerdeführers an dem im Eigentum des Mitangeklagten S***** stehenden, offen in den gemeinsam genutzten Wohnräumlichkeiten an einer Türschnalle hängenden Streckmittel (US 16 f) nicht widersprüchlich (Z 5 dritter Fall; RIS-Justiz RS0099548).
Die Ableitung des Mitgewahrsams (vgl RIS Justiz RS0088344) ua des Beschwerdeführers am in dieser Wohnung sichergestellten Suchtgift (A./I./2./b./; US 3; 10 f) aus den Angaben des Mitangeklagten S***** zum gemeinsamen Besitz des Streckmittels und zur Entnahmebefugnis sämtlicher Mitbewohner, aber auch aus der Lage des sichergestellten Streckmittels und Suchtgifts in der Wohnung mit jederzeitiger Zugriffsmöglichkeit sämtlicher Mitbewohner (US 17), ist unter dem Aspekt der Begründungstauglichkeit (Z 5 vierter Fall) nicht zu beanstanden.
Dies gilt ebenso für den Schluss auf die Überlassung von konkret angeführten Suchtgiftmengen durch den Angeklagten an konkrete Abnehmer – zum Teil (arbeitsteilig) über den für ihn (erkennbar als Boten) agierenden „Läufer“ S***** bzw einen Unbekannten – aus den Angaben des Mitangeklagten S***** sowie der Zeugen B*****, K***** und H***** (US 14 f).
Weshalb das zu A./I./1./a./ konstatierte Überlassen der angeführten Suchtgiftmengen an konkret genannte Abnehmer durch den Beschwerdeführer als „Chef“ zunächst alleine und später im bewussten und gewollten (im Gesamtkontext erkennbar: arbeitsteiligen; Ratz , WK-StPO § 281 Rz 19) Zusammenwirken mit S***** bzw einem Unbekannten als „Läufer“ (US 8 f, 14 f) keine Tathandlung iSd § 28a Abs 1 fünfter Fall SMG darstellen sollte, macht die Beschwerde (Z 10) nicht klar. Für die Subsumtion ist die Art der Beteiligung nach § 12 StGB im Übrigen nicht von Bedeutung (RIS-Justiz RS0013731).
Die Subsumtionsrüge (Z 10) erklärt weiters nicht, weshalb die zu A./I./1./ festgestellte (mit Additionsvorsatz erfolgte) Überlassung von – zusammengerechnet – zumindest 105,39 Gramm an reinem Heroin (US 8 f) die Annahme der Qualifikation nach § 28a Abs 4 Z 3 SMG nicht tragen sollte.
Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher bereits in nichtöffentlicher Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO), woraus die Zuständigkeit des Oberlandesgerichts zur Entscheidung über die Berufung folgt (§ 285i StPO).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 390a Abs 1 StPO.