12Os157/18g – OGH Entscheidung
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat am 24. Jänner 2019 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Hon. Prof. Dr. Schroll als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte und die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Dr. T. Solé, Dr. Oshidari, Dr. Michel Kwapinski und Dr. Brenner in Gegenwart der Rechtspraktikantin Mag. Holzer als Schriftführerin in der Strafsache gegen Sherief Y***** wegen des Verbrechens des sexuellen Missbrauchs einer wehrlosen oder psychisch beeinträchtigten Person nach § 205 Abs 1 StGB und einer weiteren strafbaren Handlung über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten sowie über die Berufung der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Wien als Schöffengericht vom 18. Oktober 2018, GZ 34 Hv 15/18z 27, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.
Zur Entscheidung über die Berufungen werden die Akten dem Oberlandesgericht Wien zugeleitet.
Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Text
Gründe:
Mit dem angefochtenen Urteil wurde Sherief Y***** des Verbrechens des sexuellen Missbrauchs einer wehrlosen oder psychisch beeinträchtigten Person nach § 205 Abs 1 StGB (I./) und des Vergehens der Freiheitsentziehung nach § 99 Abs 1 StGB (II./) schuldig erkannt.
Danach hat er am 10. Mai 2018 in W*****
I./ eine wehrlose Person, und zwar die stark alkoholisierte Natalia R*****, unter Ausnützung dieses Zustands dadurch missbraucht, dass er einen Oralverkehr an ihr und einen vaginalen Geschlechtsverkehr mit ihr durchführte;
II./ von 5:45 Uhr bis 6:02 Uhr Natalia R***** widerrechtlich in seiner Wohnung gefangen gehalten, indem er die Wohnung verließ und diese versperrte, wobei Natalia R***** mit ihrem Mobiltelefon die Polizei verständigen und anschließend befreit werden konnte.
Rechtliche Beurteilung
Dagegen richtet sich die auf § 281 Abs 1 Z 4 und Z 5a StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten, der keine Berechtigung zukommt.
Trotz des das gesamte Urteil umfassenden Aufhebungsantrags wird in der Rechtsmittelschrift lediglich zu Schuldspruch I./ ein Vorbringen erstattet, sodass die Nichtigkeitsbeschwerde im darüber hinausgehenden Umfang mangels deutlicher und bestimmter Bezeichnung eines Nichtigkeitsgrundes zurückzuweisen war (§§ 285d, 285a Z 2 StPO).
Der Verfahrensrüge (Z 4) zuwider durften die Tatrichter den Antrag auf Vernehmung der Lucie P***** zum Beweis dafür, dass „der Sex einvernehmlich war“, zumal diese die Vernehmung des Opfers durchgeführt und in einem Aktenvermerk festgehalten hat, dass Natalia R***** „einen sehr gefassten und gut gelaunten Eindruck gemacht hat und nicht den Eindruck machte, Opfer einer Straftat zu sein“, ohne Verletzung von Verteidigungsrechten abweisen (ON 26 S 36), weil sie ohnedies von den von der Beamtin geschilderten Wahrnehmungen ausgingen (vgl US 11) und das Begehren nicht erkennen lässt, weshalb deren unmittelbare Befragung die weitere Aufklärung erheblicher Tatsachen erwarten lassen sollte (vgl RIS-Justiz RS0099221, RS0099759; Ratz , WK StPO § 281 Rz 341).
Im Übrigen können subjektive Meinungen, Ansichten, Wertungen, Schlussfolgerungen, rechtliche Beurteilungen und ähnliche intellektuelle Vorgänge grundsätzlich nicht Gegenstand einer Zeugenaussage sein, sondern nur die ihnen zugrunde liegenden tatsächlichen Prämissen
(RIS-Justiz RS0097540).
Z 5a des § 281 Abs 1 StPO will
als Tatsachenrüge nur geradezu unerträgliche Feststellungen zu entscheidenden Tatsachen (das sind schuld- oder subsumtionserhebliche Tatumstände, nicht aber im Urteil geschilderte Begleitumstände oder im Rahmen der Beweiswürdigung angestellte Erwägungen) und völlig lebensfremde Ergebnisse der Beweiswürdigung durch konkreten Verweis auf aktenkundige Beweismittel (bei gleichzeitiger Bedachtnahme auf die Gesamtheit der tatrichterlichen Beweiswerterwägungen) verhindern. Tatsachenrügen, die außerhalb solcher Sonderfälle auf eine Überprüfung der Beweiswürdigung abzielen, beantwortet der Oberste Gerichtshof ohne eingehende eigene Erwägungen, um über den Umfang seiner Eingriffsbefugnisse keine Missverständnisse aufkommen zu lassen (RIS-Justiz RS0118780).
Mit dem Hinweis auf die Angaben des Zeugen Josef H***** (ON 26 S 26) und den von Lucie P***** erstellten Aktenvermerk (ON 4 S 53) zum (unüblichen) Verhalten der Natalia R***** während der Fahrt ins Spital, die „belustigende Gespräche über das Fortgehen und das rauschig sein“ geführt und nicht den Eindruck erweckt habe, Opfer einer sexuellen Straftat geworden zu sein, werden Bedenken im oben aufgezeigten Sinn nicht geweckt. Vielmehr unternimmt die Rüge den Versuch, die zu diesen Beweisergebnissen angestellten Erwägungen des Erstgerichts (US 11 f) nach Art einer im kollegialgerichtlichen Verfahren unzulässigen Schuldberufung in Zweifel zu ziehen.
Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher bereits bei nichtöffentlicher Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO), woraus die Zuständigkeit des Oberlandesgerichts zur Entscheidung über die Berufungen folgt (§ 285i StPO).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 390a Abs 1 StPO.